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Rentenpolitik
Wie retten wir die Rente?

Christian Lindner, Dr. Dietmar Bartsch und Alexander Hagelüken diskutierten über die Zukunft des Rentensystems
Christian Lindner, Dr. Dietmar Bartsch und Alexander Hagelüken diskutieren über die Zukunft des Rentensystems

Christian Lindner, Dr. Dietmar Bartsch und Alexander Hagelüken diskutieren über die Zukunft des Rentensystems

© BDX Media/Simon Steinbrecher

„Die Rente ist sicher“ – ein Satz, der sich in das kollektive Gedächtnis der Deutschen einbrannte. Doch was Norbert Blüm 1997 als politisches Dogma festschrieb, ist für junge Generationen heute realitätsfremd. Die vermeintliche Rentensicherheit ist einer bangen Frage gewichen: Wie retten wir die Rente? Um Antworten auf diese drängende Frage zu diskutieren, lud die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit zur Podiumsdiskussion #ZukunftderRente ein.

Demografischer Wandel, Generationsgerechtigkeit, Altersarmut: Das Thema Rente wird in der deutschen Politik und Gesellschaft kontrovers diskutiert – so auch unter den Gästen der Veranstaltung #ZukunftderRente: Die Vorsitzenden der Fraktionen von FDP und Linke im Deutschen Bundestag, Christian Lindner und Dr. Dietmar Bartsch diskutierten mit Alexander Hagelükens über dessen Vorschläge für eine faire Rente. Als leitender Redakteur für Wirtschaftspolitik bei der Süddeutschen Zeitung ist Hagelüken einer der profiliertesten Wirtschaftsjournalisten Deutschlands. In seiner Einführung betonte er: Ein gesichertes Rentenniveau nach derzeitigem Stand sei nicht finanzierbar und ungerecht. Die Politik wälze die Kosten des Alterns einseitig auf diejenigen ab, die heute jünger als 50 sind. Seine Forderung: Arbeiten wir länger! Mit dem Ausbau des Dienstleistungssektors und der zunehmenden Digitalisierung nehme die körperliche Belastung für die Erwerbstätigen ab. Die Deutschen könnten länger arbeiten. Das Problem: Politik, Firmen und Gewerkschaften halten an einem starren Renteneintrittsalter fest. So wird verhindert, dass Menschen länger arbeiten – auch, wenn sie es explizit wünschen – obwohl sie immer älter werden. Die Menschen leben länger, mobiler und gesünder. Hagelükens Forderung: Begreifen wir das als Chance, länger zu arbeiten und das Rentensystem zu retten.

Forderung nach Flexibilität

Der Forderung nach mehr Flexibilität beim Renteneintrittsalter schließt sich Christian Lindner an. Arbeit dürfe nicht nur als Last, sondern auch als Möglichkeit der aktiven sozialen Teilhabe betrachtet werden. Die damit verbundene Forderung: „Nicht die Menschen sollten sich dem Sozialstaat anpassen. Der Sozialstaat muss sich den veränderten Lebensgewohnheiten und individuellen Wünschen unterordnen.“

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Dass die künftige Lebensgestaltung der heutigen in keiner Weise gleichen werde, darüber herrsche in den politischen Parteien Konsens, so Dietmar Bartsch. Eine Reform des Rentensystems sei daher unumgänglich. Es zeigen sich jedoch eindeutige Differenzen zu den Forderungen Hagelükens. Bartsch analysiert, dass im Jahr 2016 ein Fünftel der Deutschen unter 65 Jahren gestorben ist. Die Menschen zum längeren Arbeiten zu animieren sei daher nicht immer gewinnbringend. Sinnstiftender Grund des Rentensystems ist es zu verhindern, dass Menschen in Altersarmut leben. Die Rente sei eine Versicherung für das Alter. Seine klare Forderung: Es muss eine solidarische und einkommensgeprüfte Mindestrente geben.

Die Angst vor Altersarmut bot auch die Grundlage für eine Umfrage unter den Veranstaltungsgästen: „Was wünschen Sie sich für den Übergang vom Berufsleben in den Ruhestand?“ Die drei populärsten Antworten: Gesundheit, Sicherheit und Flexibilität. Das seien laut Christian Lindner zwar begrüßenswerte Vorschläge, doch sollten die Deutschen sich von der Vorstellung eines Sozialstaates mit Vollkasko-Mentalität verabschieden: „Die Verantwortung für eigene Lebensentscheidungen und Lebenswege muss stärker betont werden.“

Eine Frage der Gerechtigkeit

Die deutsche Rente beruht auf einem Generationenvertrag. Die Erwerbstätigen zahlen Beiträge in die Rentenversicherung ein, wovon die Renten der älteren Generation bezahlt werden. Ein Konzept, das angesichts des demografischen Wandels in seiner derzeitigen Form nicht zukunftsfähig ist. Die Rentenbeiträge in den 70er-Jahren waren niedriger als heute – gleichzeitig ist das Rentenniveau heute höher als in den 70er-Jahren. Das führt, laut Christian Linder, zu einer „krassen Überprivilegierung“ der heutigen Rentnergeneration gegenüber den Jüngeren. Auch müsse die individuelle Lebensleistung stärker betont werden: Die Dauer und Höhe der Einzahlung in die Rentenkasse sollten sich in den späteren Altersbezügen widerspiegeln. Eine Grundsicherung sei notwendig, aber nicht per Gießkannenprinzip. Das Individuum trage selbst Mitverantwortung für das Alter. Deshalb müsse auch der private Vermögensaufbau stärker gefördert werden. Es sei nicht hinnehmbar, dass Deutschland – das Land der Sparer – beim Privatvermögen nur im europäischen Mittelfeld rangiere.

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Ein Diskussionspunkt im politischen Spannungsfeld: Laut Dietmar Bartsch tragen Politiker nicht die Verantwortung für diejenigen, die privat vorsorgen können. Sie tragen Verantwortung für diejenigen, die es nicht können. Die staatliche Rentenvorsorge müsse so gestaltet werden, dass sie Altersarmut verhindert. Eine Grundrente sei unumgänglich, Gerechtigkeit beginne aber deutlich früher. Sollte zum Renteneintritt nur die Grundrente bezogen werden, weise das auf große Ungerechtigkeiten im Lebenslauf bis zur Rente hin. Das Problem der Altersarmut dürfe also nicht erst mit dem Rentenbeginn bekämpft werden – darin waren sich alle drei Podiumsgäste einig.

Zum Buch: Lasst und länger arbeiten! Arbeitswelt umgestalten, Rente retten – im Alter aktiv und zufrieden sein von Alexander Hagelüken.