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Landtagswahl Saarland
Wechsel im Saarland

Landtagswahlen im Saarland
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picture alliance/dpa/dpa-Pool | Harald Tittel

Die Saarländerinnen und Saarländer haben gewählt. Nicht alle 755.000, die gedurft hätten, aber immerhin doch 61,4 Prozent davon – was dann leider aber auch einen Rückgang der Wahlbeteiligung gegenüber 2017 um -8,3 Prozentpunkte bedeutet.

Die CDU hat massiv verloren und kam mit einem Rückgang um -12,2 Prozentpunkte und nur noch 28,5 Prozent der Stimmen auf das schlechteste Ergebnis bei einer Landtagswahl im Saarland seit 1955. Die SPD hat die Wahl eindeutig gewonnen und mit 43,5 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit der Mandate erreicht, kam allerdings auch nicht an ihre Ergebnisse aus der Mitte der 80er bis Ende der 90er-Jahre heran. Sie wird aller Voraussicht nach das Ministerpräsidentinnenamt übernehmen und damit wohl in Person von Anke Rehlinger die Quote der Regierungschefinnen in den Bundesländern auf 4 von 16, und in SPD-geführten Ländern auf 4 von 8 steigern.

Über die Gründe für diesen Wahlausgang lässt sich trefflich spekulieren. Wichtigster Faktor dürfte sein, dass sich die öffentliche Wahrnehmung zuvorderst auf den Zweikampf ums Ministerpräsidentenamt richtete, was es für die kleineren Parteien enorm schwierig machte, zu den Wählerinnen und Wählern durchzudringen. Die Wechselstimmung im Land - allerdings nicht im Sinne von Koalitions-, sondern eher von Führungswechsel - war in den Vorwahlumfragen zu spüren. Mit der Performance der Landesregierung aus CDU und SPD waren bei Infratest dimap nur 51 Prozent zufrieden, deutlich weniger als vor der Wahl 2017 – und dabei traf der Unmut vor allem die CDU und weniger die SPD. Eine deutliche Mehrheit wünschte sich eine SPD-geführte Landesregierung und präferierte die SPD-Kandidatin gegenüber dem CDU-Amtsinhaber – schlechtere Zufriedenheitswerte als Tobias Hans erreichte in den letzten Jahren mit dem Bremer Carsten Sieling 2019 nur ein Amtsinhaber. Die SPD-Kandidatin wurde im „Profilvergleich“ in allen Belangen – sympathischer, kompetenter, führungsstärker, glaubwürdiger – mit weitem Vorsprung vor dem Amtsinhaber bewertet. Die SPD erreichte in den Umfragen vor der Wahl durchweg mit Ausnahme der Inneren Sicherheit höhere Kompetenzwerte als die CDU. Die CDU hingegen verlor im Vergleich zur Wahl 2017 in wichtigen Politikfeldern massiv – vor allem in den Feldern Innere Sicherheit (-20) und Wirtschaft (-25). Nur im Politikfeld Innere Sicherheit konnte die CDU einen Vorsprung (+11) vor der SPD erzielen; massive Rückstände hatte die CDU in den Feldern Wirtschaft (-15), Schul- und Bildungspolitik (-15), Arbeitsplätze (-23), Verkehrspolitik (-11), soziale Gerechtigkeit (-31). Nur noch 22 Prozent trauten der CDU zu, die „wichtigsten Aufgaben im Saarland lösen“ zu können – hier tat sich zur SPD eine Differenz von 16 Prozentpunkten auf.

Grüne und FDP verpassten trotz Zugewinnen den Wiedereinzug in den Landtag jeweils knapp – was in beiden Fällen zeigt, dass diese Wahl eher wenig mit bundespolitischen Erwägungen zu tun gehabt haben dürfte. In der Tat sagte eine deutliche Mehrheit der Saarländerinnen und Saarländer vor der Wahl, ihre Entscheidung richte sich maßgeblich nach der Landespolitik. In den Kompetenzwerten, gemessen von Infratest dimap, hatte sich die FDP in einigen Feldern gesteigert, so besonders in der Wirtschaftspolitik, aber auch – auf geringerem Niveau – bei den Themen Verkehrspolitik oder Arbeitsplätze. Die Grünen hatten ihre Stärken vor allem in den Feldern Klima- und Umweltpolitik und Energiepolitik (hier allerdings mit deutlichem Rückgang). Kritik gab es in den Vorwahlumfragen an beiden Parteien: Dass sie „im Saarland nicht das geeignete Personal [habe], um mitzuregieren“, sagten bei Infratest dimap von der FDP 58 Prozent, von den Grünen sogar 75 Prozent der Befragten.

Die nunmehr auch ehemalige Partei des SPD- und Linke-Rekordergebnishalters Oskar Lafontaine, Die Linke, verpasst den Wiedereinzug ins Saarbrücker Parlament. Festmachen lässt sich das Wahldebakel für Die Linke vor allem an einer Frage: Der Aussage, Die Linke sei „im Saarland zu zerstritten, um ernsthaft Politik mitgestalten zu können“, stimmten bei Infratest dimap 80 Prozent der Befragten zu. Die AfD zieht nach reichlich parteiinternen Querelen vor der Wahl mit knapper Not in den Landtag ein. Von ihr sagten 76 Prozent, sie sei „im Saarland zu zerstritten, um ernsthaft Politik mitgestalten zu können“ – dennoch schaffte die Partei den Einzug ins Parlament.

Ob die Saarland-Wahl bundespolitische Gründe oder gar Auswirkungen hatte oder haben wird, wird in diesen Tagen viel diskutiert und kommentiert werden. Als wichtigste Themen für das Saarland wurden bei Infratest dimap „Arbeitsplätze im Saarland“ (23 Prozent), „Energieversorgung und Klima“ (19), „Bildung und Schule“ (16), „Umgang mit Corona“ (14) und „steigende Preise“ (13 genannt. Der Krieg in der Ukraine (3) und die Themen Verkehr (3) und Zuwanderung (3) waren wesentlich weniger wichtig. Dass die Reaktion der deutschen Politik auf den Ukraine-Konflikt ihre Wahlabsicht zur Landtagswahl „entscheidend verändert“ habe, sagten nur 8 Prozent aller Befragten, 91 Prozent sahen das nicht. Auffällig dabei: Bei den AfD-Wählern bejahten 19 Prozent die Frage, bei den Wählerschaften der übrigen Parteien nur 7 bzw. 6 Prozent.

Für die CDU scheint der Start ins Wahljahr verpatzt- vor allem angesichts der Tatsache, dass im Mai in zwei weiteren unionsgeführten Bundesländern gewählt werden wird, wird man das nacharbeiten müssen.