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Internationaler Tag der Pressefreiheit
Unterdrückte Stimme: Die Lage des afghanischen Journalismus

Afghanstan Pressefreiheit
© picture alliance / photothek | Thomas Imo

Der Weltpressetag, der alljährlich am 3. Mai begangen wird, ist ein besonderer Tag, an dem an die Bedeutung der Pressefreiheit und die Herausforderungen, denen Journalisten weltweit gegenüberstehen, erinnert wird. Die Lage der Medienfreiheit war in Afghanistan schon immer eine Herausforderung, seit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 ist diese aber noch schwieriger geworden.

Alle Medienschaffenden, jedoch insbesondere die Frauen unter ihnen, sehen sich in Afghanistan mit erheblichen Hindernissen konfrontiert, wenn es darum geht, wahrheitsgetreu und objektiv über die Ereignisse im Land zu berichten. Die Presse wurde stark eingeschränkt, und viele Journalistinnen und Journalisten sind aus dem Land geflohen oder untergetaucht. Die Taliban haben während der zwei Demokratie-Jahrzehnte (2001-2021) immer wieder Journalisten und Medien in Afghanistan angegriffen. Deren Rückkehr an die Macht hat bei allen, die die Pressefreiheit schätzen, berechtigte Angst ausgelöst.

Eine der größten Herausforderungen für Medienschaffende in Afghanistan ist die Sicherheit. Solange die Taliban an der Macht sind, laufen Journalistinnen und Journalisten Gefahr, wegen ihrer Berichterstattung verfolgt zu werden. Die Taliban sind dafür bekannt, dass sie alle angreifen, die über ihre Aktivitäten berichten wollen, und haben seit ihrer Machtübernahme bereits mehrere Journalisten verhaftet und verprügelt. Darüber hinaus gibt es Berichte über Journalisten, die von den Taliban wegen ihrer früheren Arbeit für ausländische Medien ins Visier genommen wurden.

Zensur als Herausforderung für Medienschaffende

Eine weitere Herausforderung für afghanische Medienschaffende ist die Zensur. Die Taliban haben den Medien strenge Kontrollen auferlegt, einschließlich des Verbots, über bestimmte Themen überhaupt zu berichten, und des Erfordernisses einer Genehmigung, bevor etwas veröffentlicht werden kann. Journalisten, die sich nicht an diese Beschränkungen halten, riskieren, bestraft oder sogar verhaftet zu werden.

Die Rückkehr der Taliban an die Macht hat vor allem Herausforderungen für Journalistinnen mit sich gebracht. Unter der vorherigen Regierung konnten Frauen im Journalismus und in den afghanischen Medien arbeiten. Die Taliban haben jedoch auch in der Vergangenheit Frauen unterdrückt und jeden Zugang zu Bildung und Beschäftigung für sie eingeschränkt. Journalistinnen sehen sich jetzt mit noch größeren Hindernissen konfrontiert, wenn sie ihre Karriere fortsetzen wollen, und viele wurden gezwungen, aus dem Land zu fliehen.

Afghanische Journalisten sind allerdings daheim und in den Nachbarländern, in denen sie Zuflucht gesucht haben, zur Zielscheibe geworden. Beispielsweise in Pakistan fürchten viele afghanische Journalisten, verhaftet und abgeschoben zu werden. Einige Journalisten sehen sich gezwungen, verborgen und anonym zu arbeiten, weil sie sonst stets Gefahr laufen, von den Taliban oder anderen extremistischen Gruppen verfolgt zu werden. Die meisten Geflüchteten haben Schwierigkeiten, ihre Aufenthaltstitel zu verlängern, während in europäischen und amerikanischen Staaten die Überprüfung ihrer Fälle stattfindet.

Finanzielle und logistische Unterstützung

Was kann getan werden, um afghanische Medienschaffende in dieser schwierigen Zeit besser zu unterstützen? Ein wichtiger Schritt ist die finanzielle und logistische Unterstützung derjenigen, die bereits aus dem Land geflohen sind. Viele Journalisten benötigen lebensnotwendige Dinge wie Unterkunft und Nahrung, und internationale Organisationen können helfen, diese Dinge zu beschaffen. Darüber hinaus kann die Bereitstellung von Schulungen und Ressourcen für Journalisten, die sich noch in Afghanistan aufhalten, dazu beitragen, dass sie trotz der Einschränkungen, denen sie täglich ausgesetzt sind, weiterhin über die Situation berichten können. Die Sicherheit der afghanischen Journalisten innerhalb des Landes ist zu diesem Zeitpunkt sehr wichtig, und die Organisationen, die diese Art von Unterstützung leisten möchten, sollten indirekte Methoden in Betracht ziehen. Wenn man zum Beispiel aus dem Westen Mittel schickt, sollten diese unbedingt über ein Drittland bereitgestellt werden, das die Hilfe auch sicher ohne Gefährdung für die Empfänger nach Afghanistan liefern kann.

Außerdem muss die internationale Gemeinschaft Druck auf die Taliban ausüben, damit sie die Pressefreiheit respektieren. Regierungen und Organisationen können sich gegen die Einschränkungen der Medien durch die Taliban aussprechen und fordern, dass Journalisten ohne Angst vor Repressalien arbeiten dürfen. Dieser Druck kann dazu beitragen, ein sichereres Umfeld für Journalisten in Afghanistan zu schaffen und die Taliban zur Achtung der Menschenrechte und der Meinungs- und Pressefreiheit zu bewegen.

Bewusstsein weltweit schärfen

Darüber hinaus kann die Bereitstellung einer Plattform für afghanische Journalisten, auf der sie ihre Geschichten und Perspektiven mitteilen können, dazu beitragen, das Bewusstsein für ihre Herausforderungen weltweit zu schärfen. Diese Unterstützung kann darin bestehen, Artikel und Videos afghanischer Journalisten zu veröffentlichen und sie einzuladen, auf Veranstaltungen und Konferenzen zu sprechen. Indem wir der Stimme afghanischer Journalisten Gehör verschaffen, können wir dafür sorgen, dass ihre Geschichten gehört und ihre Arbeit anerkannt werden.

Schlussendlich ist es wichtig, die Entwicklung unabhängiger Medien in Afghanistan zu fördern. Unabhängige Medien können dazu beitragen, die Regierung und andere mächtigen Akteure zur Verantwortung zu ziehen und marginalisierten Gemeinschaften eine Stimme zu geben. Diese Unterstützung umfasst die Bereitstellung von Ressourcen für neue Medien und die Förderung des Wachstums der bereits bzw. noch bestehenden.

Am Weltpressetag an die weltweit entscheidende Rolle der Medienschaffenden bei der Förderung von Transparenz und Rechenschaftspflicht zu erinnern und sich mit denjenigen zu solidarisieren, die bei der Ausübung ihrer Arbeit vor größten Gefahren stehen, ist elementar wichtig. Die afghanischen Journalistinnen und Journalisten stehen exemplarisch für diesen besorgniserregenden Zustand.

Freshta Hemmati, eine afghanische Journalistin und Geschäftsführerin der Afghanistan Journalists' Support Organization (AJSO).

Masooma Sultani, afghanische Journalistin

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Fawad Akbarzai, afghanischer Journalist

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