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Grundgesetz
70 Jahre in bester Verfassung

Zum 70. Geburtstag des Grundgesetzes
70 Jahre Grundgesetz

Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz verkündet – und entfaltet seine Kraft als unsere rechtsstaatliche Verfassung bis heute. Das Grundgesetz ist ein Vorbild für viele Staaten weltweit und hat in den letzten siebzig Jahren wesentlich dazu beigetragen, dass aus der Bundesrepublik Deutschland eine „geglückte Demokratie“ geworden ist. Zum 70. Geburtstag des Grundgesetzes luden die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag und die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit zur Feierstunde in den Deutschen Bundestag ein.

Über die Rolle des Grundgesetzes in der heutigen Gesellschaft sprachen, Ludwig Theodor Heuss, Marco Buschmann, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Florian Meinel, Christoph Möllers, Andreas Paulus und Stefan Ruppert.

Populistische Parteien, Einschränkung der Meinungsfreiheit, Digitalisierung: Dem Grundgesetz stellen sich diverse Herausforderungen. Es wird viel debattiert: Wie stärken wir die parlamentarische Demokratie und gewährleisten, dass die politischen Auseinandersetzungen für die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar bleiben, wenn wesentliche Entscheidungen außerhalb des Parlaments getroffen werden? Könnten Entwicklungen, wie sie derzeit in Polen und Ungarn stattfinden, auch hier in der Bundesrepublik Deutschland geschehen. Was müssen wir tun, um die Widerstandsfähigkeit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu erhöhen? Wie kann das Grundgesetz die Herausforderungen einer globalisierten Welt meistern?

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Dass im wiedervereinigten Deutschland eine lebendige Verfassungskultur herrscht, davon ist Ludwig Theodor Heuss, Enkel des ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland und Mitglied des Parlamentarischen Rats, überzeugt. Das sei zwar wunderbar, aber keinesfalls selbstverständlich. Anlässlich des 70. Geburtstages beschwor er in seiner Eröffnungsrede, das Grundgesetz nicht nur zu feiern, sondern auch kritisch zu reflektieren. Es brauche selbstbestimmte Bürger, die unsere freiheitlich-demokratischen Werte, die im Grundgesetz festgelegt sind, verteidigen.

Aussitzen hilft nicht gegen Populisten

In der Festrede schlug der erste Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag, Marco Buschmann, einen Bogen von den verfassungsstaatlichen Problemen in Ländern wie Ungarn, Polen aber auch den USA nach Deutschland, wo Rechtspopulisten versuchen, die Würde politischer und rechtsstaatlicher Institutionen zu untergraben und die Grenzen des Grundgesetzes dabei zweifelsfrei überschreiten.

In der anschließenden Podiumsdiskussion entspann sich eine lebhafte Debatte über den Aufstieg rechtspopulistischer Parteien und anderer rechter Organisationen in Deutschland, die – da waren sich die Gäste einig – die derzeit größte Gefahr für den liberalen Rechtsstaat seien. So kritisierte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, dass die Politik sich dem Populismus zu lange nicht offensiv genug entgegengestellt habe. Reines „Aussitzen“ werde gegen die Populisten nicht helfen. Ihre eindeutige Forderung: „Wir müssen auf die Straße – so wie es uns junge Menschen derzeit vormachen.“

Wir sind dem Populismus nicht offensiv genug entgegengetreten. Wir müssen auf die Straße – so wie es uns junge Menschen derzeit vormachen

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Marco Buschmann betonte, dass die illiberale Demokratie, wie sie einige politische Akteure in Deutschland anstreben, nicht unterschätzt werden dürfte: Sie lehne jegliche Debatte und den Pluralismus ab. Spätestens an dieser Grenze stehe ein politischer Gegner, der sich außerhalb der freiheitlichen Ordnung befinde. Dr. Stefan Ruppert ergänzte: „Wenn wir verlernen uns in der politischen Mitte zu streiten, dann wenden sich die Bürger den Rändern zu.“

Grundgesetz ist Bürgerverfassung

Dass das Grundgesetz trotz Angriffen von vielen Seiten von den Bürgerinnen und Bürgern getragen wird, davon ist der Rechtswissenschaftler im Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Paulus, überzeugt.  Die vielen Feierlichkeiten zu 70 Jahren Grundgesetz, die vom Bürgertum organisiert werden, zeigen, dass das Grundgesetz eine Bürgerverfassung ist. Sie schaffe die Struktur, in der sich die Bürgergesellschaft entfalten könne. Die demokratischen Strukturen funktionieren, gerade weil sie von den Bürgerinnen und Bürgern getragen werden. Andreas Paulus ist überzeugt: „Wir sind keine Demokratie ohne Demokraten“ – und das ist auch nach 70 Jahren eine gute Nachricht.

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion wurden – durchaus kritische – Fragen aus dem Plenum beantwortet. Unter den Rechtsexperten und dem Publikum, darunter prominente Gäste wie Gerhart Baum und Burkhard Hirsch, entspann sich so eine Diskussion um die Rolle der Gleichstellung im Grundgesetz und das Thema Inklusion. Es zeigte sich eindeutig, dass auch nach 70 Jahren immer noch vortrefflich über unsere Verfassung gestritten werden kann. Und das ist ja, wie Marco Buschmann betonte, das Wesen des demokratischen Diskurses.