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Freihandel
Schwere Zeiten für die WTO

 WTO Hauptgebäude in Genf
© picture alliance / Photoshot

Zumeist sind Jubiläen fröhliche Anlässe. Aber von gelöster Stimmung kann nicht die Rede sein mit Blick auf das 25-jährige Bestehen der Welthandelsorganisation (WTO), Dachorganisation dreier wichtiger multilateraler Handelsabkommen (Gatt, Gats, Trips). Seit Aufnahme ihres Betriebs 1995 hat sich der Welthandel vervierfacht und der Anteil extrem armer Menschen an der Weltbevölkerung ist von einem Drittel auf weniger als ein Zehntel geschrumpft. Doch es sind äußerst schwere Zeiten für die WTO.

Zum einen hat es die von 164 Mitgliedstaaten getragene Genfer Institution mit einer üblen politischen Großwetterlage zu tun. Die in kurzsichtigen nationalen Egoismus verfallenden Vereinigten Staaten, eines der wichtigsten Mitgliedsländer und immerhin der größte Nutznießer der WTO, verabschieden sich vom Multilateralismus. Die Handelskriege nehmen zu, besonders mit der Volksrepublik China, die zudem das von den Amerikanern zurückgelassene geopolitische Vakuum für sich zu nutzen sucht. Der protektionistische Ungeist treibt immer neue Blüten, zuletzt noch befördert durch die Corona-Krise.

Zum anderen ist die WTO selber in schlechter Verfassung. Zu einem großen Teil sind auch hieran die Amerikaner schuld. Sie blockieren die Ernennung von Richtern am Schiedsgericht, mit dem die WTO zwischen streitenden Mitgliedsstaaten schlichtet. Schon seit Dezember ist das Berufungsgericht nun handlungsunfähig, die WTO geschwächt. Das verweist zugleich auf ein anderes Problem: Die Verfahren der WTO, die auch jeder Anpassung des Regelwerks im Wege stehen. Heute hat jedes Mitglied ein Vetorecht. Mit zwei Alphastaaten wie Amerika und China an Bord ist so der Stillstand garantiert.

Nun steht auch noch die Neubesetzung des Postens des Generaldirektors an, nachdem sich Roberto Azevêdo vorzeitig von seinem Amt zurückgezogen hat – aus Frustration. Es ist zu befürchten, dass die Amerikaner auch in dieser Personalie eine Einigung blockieren oder hinauszögern. Der Zeitpunkt ist indes denkbar ungünstig. Um die Folgen der Corona-Krise zu bewältigen, bedarf es einer intensiven internationalen Arbeitsteilung mehr denn je. Und damit diese wieder in Schwung kommt, braucht es eine funktionsfähige WTO als Ordnungshüter – mit neuen, flexibleren Formaten der Zusammenarbeit.