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Türkisch-Deutscher Dialog
TÜRKLAND

Türkisch-deutsche Identitäten auf der Bühne (27.6.2021)
Türkland
© Türkland

Am 27. Juli organisierten Dilşad Budak-Sarıoğlu und ihr Türkland-Team in Kooperation mit der Friedrich-Naumann-Stiftung Türkei eine Filmvorführung ihrer Leseperformance TÜRKLAND auf dem YouTube-Kanal der Stiftung mit anschließender Diskussion.

Seit dem Ausbruch der Pandemie kämpfen Künstlerinnen und Künstler um ihren Lebensunterhalt und müssen neue kreative Wege finden, um ihre Arbeit von der physischen in die digitale Welt zu verlagern. Aus diesem Grund wurde die Leseperformance TÜRKLAND als Film inszeniert. In Anlehnung an den autobiografischen Roman der Juristin, Schauspielerin und Schriftstellerin Dilşad Budak-Sarıoğlu setzt sich der Film auf nachdenkliche und humorvolle Weise mit Einwanderung, Identität, deutsch-türkischer Geschichte und Beziehungen auseinander.

Mit dem Ziel, den deutsch-türkischen Dialog zu fördern, wurde die 60-minütige Multimedia-Performance in deutscher und türkischer Sprache mit Untertiteln präsentiert. Die Autorin hinterfragt darin, wie die gesellschaftlichen Verhältnisse in beiden Ländern ihre heutige Persönlichkeit geformt haben. Das Publikum kann sich mit den wahren Begebenheiten, die Budak-Sarıoğlu widerfahren sind, identifizieren und wird zum Nachdenken angeregt: Wie kann ich mich verändern, um die komplexen Fragen von Themen wie Identität, Zugehörigkeit und gegenseitigem Verständnis zu bewältigen? Was kann ich in meiner Beziehung zu mir selbst und zur Außenwelt ändern? Das Stück ebnet auch den Weg für gesellschaftspolitische Debatten, indem es das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet und das Publikum einlädt, sich für die Erfahrungen und Gefühle „anderer“ zu sensibilisieren. Deshalb sind Gespräche mit dem Publikum direkt nach der Vorstellung fester Bestandteil des TÜRKLAND-Programms. Anstatt Antworten und Lösungen vorzugeben, versucht TÜRKLAND anhand kultureller und künstlerischer Inhalte Beispiele aufzuzeigen, mithilfe derer das Publikum seine eigenen Schlüsse ziehen kann. Nicht zuletzt versucht TÜRKLAND, trotz aller Differenzen und politischen Konflikte den Dialog mit Multiplikatorinnen und Multiplikatoren zu stärken und zeigt, wie neue Möglichkeiten für eine engere Zusammenarbeit an gemeinsamen Zielen geschaffen werden können.

In der anschließenden Diskussion unter der Moderation der türkisch-deutschen Journalistin Nalan Sipar, die vielen unserer Leserinnen und Leser als Co-Moderatorin des beliebten Dialogformats #SizdeDurulmarNasıl auf YouTube bekannt ist, diskutieren Dilşad Budak-Sarıoğlu, Ilgıt Uçum und die Regisseurin des Stücks, İrem Aydın, über Einwanderung aus einer persönlichen Perspektive und beantworten die Kommentare und Fragen des Publikums. Bereits zu Beginn wird deutlich, dass die türkische Wahrnehmung von Türkeistämmigen in Deutschland ganz anders ist als das, was diese tatsächlich durchmachen. Regisseurin Aydın, die sich zum Zeitpunkt der Entstehung der Aufführung selbst auf den Umzug nach Berlin vorbereitete, sah in Budak-Sarıoğlu‘s Geschichte eine Vorbereitung auf das, was sie in Deutschland zu bewältigen haben wird und erklärte, wie wenig über die Anstrengungen der sogenannten „Gastarbeiter“ und die nachfolgenden Generationen, die in einer anderen Kultur aufgewachsen sind, bekannt ist. Auf Sipars Frage, wie es sei, in zwei Kulturen aufzuwachsen und zwei Identitäten zu haben, weist Budak-Sarıoğlu darauf hin, dass es eigentlich drei Identitäten gibt: die deutsche, die türkische und die „Almancı“-Identität, ein (abfälliger) Begriff für Türkeistämmige in Deutschland und fügt damit dem ohnehin komplexen Thema eine weitere Ebene hinzu. Für die in der Türkei geborene und aufgewachsene Nebendarstellerin Ilgıt Uçum war es nicht schwer, sich mit der Geschichte ihrer Kollegin vertraut zu machen, denn für sie sind Budak-Sarıoğlu's Erfahrungen letztendlich die Geschichte der gesamten Menschheit, die versucht, ihren Platz in dieser Welt zu finden. Diese Aussage deckt sich auch mit dem Feedback des Publikums. Um auch eine gesellschaftspolitische Ebene einzubringen, diskutierten Nalan Sipar und Dilşad Budak-Sarıoğlu über das deutsche Bildungssystem und die Verantwortung des deutschen Staates, auch Menschen mit Migrationshintergrund und Kindern erwerbstätiger Eltern gleiche Chancen zu bieten, denn diese haben es im deutschen Schulsystem nachweislich schwerer als ihre (bio)deutschen Altersgenossen und solche aus akademischen Familien.

Aufgrund der Zweisprachigkeit der Performance zeigt die gemeinsam organisierte Veranstaltung eine länderübergreifende Wirkung, da sie sowohl Menschen aus Deutschland als auch der Türkei anspricht und darüber hinaus inhaltlich zum deutsch-türkischen Dialog beiträgt. Schließlich bildet TÜRKLAND aufgrund der weit gefassten Zielgruppe die Grundlage für den Aufbau eines politischen Netzwerks, da es die gemeinsamen Interessen der beteiligten Multiplikatorinnen und Multiplikatoren und der Friedrich-Naumann-Stiftung hervorhebt.

Sehen Sie sich die Diskussion jetzt an! (In türkischer Sprache verfügbar)