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Myanmar
Proteste nach Militärputsch: Myanmar nicht fallen lassen!

Buddhistische Mönche protestieren auf den Straßen von Mandalay gegen den Militärputsch
Buddhistische Mönche protestieren auf den Straßen von Mandalay gegen den Militärputsch © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | STR

Der Widerstand gegen die Junta in Myanmar ist enorm. Viele Menschen wollen die demokratischen Fortschritte nicht verlieren, die sie in den vergangenen Jahren der Öffnung des Landes gewonnen haben. Die internationale Staatengemeinschaft sollte gezielte Sanktionen verhängen.

Die Junta holt sich ihre Gegner in der Nacht. Die jüngste Verhaftungswelle nach dem Militärputsch in Myanmar traf die Mitglieder von Wahlkommissionen. Sicherheitskräfte durchsuchten außerdem das Hauptquartier der National League for Democracy (NLD), der Partei der abgesetzten Regierungschefin Aung San Suu Kyi. Die Junta sucht offenbar Beweise für den Vorwand ihrer Machtübernahme: die Wahl im vergangenen Herbst sei massiv manipuliert worden. In den kommenden Wochen erwarten Beobachter Schauprozesse in der Hauptstadt Naypyidaw.

Dieser Putsch sei anders, sagte der neue Machthaber des Landes, Min Aung Hlaing, in einer TV-Ansprache. Die Bevölkerung soll glauben: Das Ziel der Generäle sei kein brutaler Spitzelstaat wie in den Dekaden vor der schrittweisen demokratischen Öffnung des Landes. Vielmehr geriert sich die neue Führung als Retter der Demokratie. Die ohnehin zeitlich befristete Machtergreifung sei sogar verfassungskonform, erklärt Min Aung Hlaing – eine Behauptung, die einfach zu widerlegen ist. Um sich ein vermeintlich harmloses Antlitz zu geben, hat die Führung außerdem einige Zivilisten und hohe Beamte ins Kabinett geholt.

Bereits Hunderte Festnahmen

Tatsächlich ist die Machtergreifung ein gewöhnlicher Putsch: Die neuen Machthaber gehen rigoros gegen die politischen Gegner vor. Sicherheitskräfte setzen gegen die Demonstranten sogar Schusswaffen ein. In Naypyidaw wurde einer Frau in den Kopf geschossen. Die 20-Jährige ist laut Medienberichten hirntot. Die NGO „Hilfsverein für politische Gefangene“ berichtet zudem von bereits mehr als 200 Festnahmen. Hinzu kommt, dass die Militärregierung Schritt für Schritt führende Beamte, Richter und die Spitzenposition in Staatsbetrieben austauscht.

Der abgesetzten Regierungschefin Aung San Suu Kyi wird unterdessen ein skurriler Prozess gemacht, weil Sicherheitskräfte bei einer Hausdurchsuchung sieben angebliche illegale importierte Walkie-Talkies entdeckten. Auch das erinnert an frühere Zeiten: 2010 konnte sie nicht an der Wahl teilnehmen, weil das Militär kurz zuvor ihren Hausarrest verlängert hatte. Der Grund: Einem verwirrten US-Amerikaner war es gelungen auf ihr Anwesen vorzudringen. Die Generäle werteten das als Regelverstoß.

Widerstand aus der breiten Bevölkerung

Entsprechend groß ist das Misstrauen in der Bevölkerung. In den vergangenen Jahren ist eine lebhafte Zivilgesellschaft entstanden, auch dank des regen internationalen Austausches seit dieser Zeit. Trotz strenger Mediengesetze und kontinuierlicher Zensur haben mutige Journalisten unabhängige Medien gegründet. Einige sind derzeit abgetaucht. Doch viele ganz besonders Mutige berichten weiter über den zivilen Ungehorsam und die Proteste.

Entsprechend massiv ist nun der Widerstand gegen die Putschisten. Hunderttausende waren auf den Straßen. Im Unterschied zu den jüngsten Protestbewegungen in Thailand und Hongkong beteiligt sich nicht nur die junge Generation. Zwar gehen viele Teenager und Studenten auf die Straße. Doch letztendlich kommt der Widerstand aus der breiten Bevölkerung. Ärzte streiken genauso wie Arbeiter. Beamte in Behörden und Ministerien haben den Dienst verweigert. Sogar einige Polizisten wechselten das Lager.

Die internationale Gemeinschaft sollte diese mutigen Bürgerinnen und Bürger unterstützen. Breite Sanktionen gegen das ganze Land, würden vor allem die Bevölkerung treffen - jene Menschen, die sich jetzt gegen die Junta auflehnen. Stattdessen sollten sich Sanktionen auf die militärische Elite des Landes und deren Firmen beziehen. Die Balance zu finden wird nicht einfach. Doch es ist die Anstrengung wert.

Die Vereinigten Staaten agieren bereits in diese Richtung: US-Präsident Joe Biden verkündete vor wenigen Tagen, die US-Regierung habe rund eine Milliarde US-Dollar an Vermögen aus Myanmar eingefroren.