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Summit for Democracy
Ein Gipfel für die Demokratie – ein Gipfel der Demokraten

Biden
© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Susan Walsh  

Für den 9. und 10. Dezember hat US-Präsident Joe Biden den bereits vor Beginn seiner Amtszeit angekündigten "Gipfel für Demokratie" mit über hundert Teilnehmerstaaten einberufen. Ziel der Konferenz, die virtuell abgehalten werden soll, ist die Stärkung der demokratischen Nationen in der globalen Konfrontation mit autoritären Mächten und die Koordination ihrer Kräfte im Kampf gegen äußere wie innere demokratiefeindliche Tendenzen.

US-Präsident Biden hatte zu Beginn seiner Amtszeit angekündigt, dass die USA unter seiner Führung verstärkt Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte auf der ganzen Welt unterstützen und ihre Außenpolitik an diesen Werten ausrichten werden. Ein wichtiger und symbolträchtiger Schritt in diese Richtung ist der „Gipfel für Demokratie“ (Summit for Democracy), der am 9. und 10. Dezember virtuell stattfinden wird und an dem Joe Biden teilnimmt. Sein Ziel ist es, den stärker werdenden autoritären und antidemokratischen Herausforderungen in vielen Regionen der Welt zu begegnen und den Wert und die Überlegenheit von lebendigen Demokratien bei der Lösung vieler Herausforderungen zu demonstrieren.

Wer nimmt teil?

Es handelt sich um ein neues Format. Obwohl die Bezeichnung „Gipfel“ auf ein Treffen von Staatsoberhäuptern hindeutet, wird dieser Begriff hier anders verwendet. Es geht nicht vorrangig darum, die Führer von großen und mächtigen Demokratien zusammenzubringen.

Eingeladen sind neben Regierungsvertretern aus demokratischen Staaten auch Repräsentanten von Organisationen, die für die Stärkung der Demokratie eintreten und von Unternehmen, die sich auf diesem Feld engagieren. Es handelt sich also vor allem um einen Gipfel der Demokraten. Offizielle Vertreter aus Staaten, die sich nicht an demokratische Standards halten bzw. ausdrücklich die Demokratie ablehnen, sind nicht eingeladen. Zu diesen Staaten zählen z.B. an vorderster Stelle die Volksrepublik China und Russland. Weitere Beispiele für nicht eingeladene Regierungen sind Saudi-Arabien, der Iran und weitere Staaten der Golfregion, Venezuela und Nicaragua, Belarus und Aserbaidschan sowie Äthiopien und der Sudan. Auch das EU-Mitglied Ungarn sucht man vergebens auf der Einladungsliste.

Aus vielen der nicht eingeladenen Länder nehmen jedoch Vertreter von Organisationen teil, die sich unter oft sehr schwierigsten Bedingungen für Demokratie und die Wahrung der Menschenrechte einsetzen. Auch hier ist der symbolische Wert wichtig: Die Menschen sollen in Zukunft auf der globalen Ebene nicht allein von Regierungen vertreten werden, sondern von einer Vielfalt an Organisationen und Stimmen. Dafür haben diese Organisationen den Rückhalt der USA.

Werteorientierung und Geostrategie

Man kann über einige Nicht-Eingeladene und einige Eingeladene diskutieren – wichtig ist jedoch ein Signal: Die USA wollen demonstrieren, dass es ihnen nicht egal ist, wie sich bestimmte Staaten in ihrem Inneren verhalten und dass sie ihre Außenpolitik nicht allein geostrategischen und ökonomischen Interessen unterordnen.

Zudem wollen die USA und ihr Präsident zeigen, dass ihnen die vielfältigen Stimmen aus Demokratien und von Kämpfern für Demokratie und Menschenrechte wichtig sind und sie diese in die Gestaltung ihrer Politik einbeziehen wollen. Ihre Außenpolitik soll nicht allein auf der Basis ihrer immer noch übermächtigen ökonomischen und militärischen Stärke heraus gestalten wollen.

Gleichzeitig ist es falsch, sich Illusionen zu machen: Dieser Gipfel ist auch Teil der amerikanischen Strategie in der Auseinandersetzung mit China, dem globalen Konkurrenten und Gegner der USA. Er ist Teil einer Politik, die ein Gegengewicht zu den immer intensiver werdenden Versuchen Chinas schaffen soll, Einfluss auf andere Staaten zu gewinnen. In geringerem Maße gilt das auch für die Auseinandersetzung mit den expansiven Ansprüchen Russlands.

Die USA beanspruchen weiterhin, und intensiver als in den letzten Jahren, eine Führungsrolle unter den Demokratien der Welt. Dieser wesentliche Bestandteil des Selbstverständnisses der USA hat sich unter Präsident Biden nicht geändert – ganz im Gegenteil: Er versucht diese Rolle stärker mit Leben und Inhalt zu füllen.

Worum geht es?

Die drei Hauptthemen sind:

- Die Verteidigung demokratischer Systeme gegen den Autoritarismus

- Der Kampf gegen Korruption

- Die Förderung des Respekts vor den Menschenrechten

Derzeit gibt es bereits ein breites Vorprogramm – es finden Treffen mit verschiedenen Teilnehmergruppen und zu vielfältigen Themen statt. Diese geben wichtige Hinweise auf das inhaltliche Spektrum des Gipfels. So geht es um den Kampf für Demokratie in „Geschlossenen Räumen“, also in autoritären und totalitären Systemen. Hier sind Vertreterinnen und Vertreter von Organisationen beteiligt, die unter oft hohen persönlichen Risiken die Werte hochhalten, für die Demokratien stehen – so Aktivistinnen aus Hongkong und Russland.

Im Fokus stehen bei einem Forum mit Bürgermeistern aus aller Welt die Rolle der Demokratie auf lokaler Ebene oder bei einem anderen Meeting die Wege, wie Demokratien gute Voraussetzungen für wirtschaftliche und soziale Entwicklung schaffen können. Im Rahmen des Gipfels bietet das amerikanische Repräsentantenhaus mehrere Foren, auf denen Abgeordnete aus vielen Ländern miteinander ins Gespräch kommen können.

Welche Ergebnisse sind zu erwarten und wie geht es weiter?

Der „Summit for Democracy“ ist offensichtlich nicht darauf gerichtet, schnelle Ergebnisse oder konkrete politische Maßnahmen zu beschließen. Das bleibt anderen Formaten und Organisationen vorbehalten. Er wird auch nicht dazu führen, die Verhältnisse in nicht-demokratischen Systemen schnell zu ändern.  Er kann jedoch mindestens zwei positive Wirkungen haben.

Erstens hat er eine hohe symbolische Bedeutung. Die USA zeigen damit, dass sie auch eine wertebezogene Außenpolitik verfolgen. Sie stärken damit sowohl demokratische Staaten in der intensiver werdenden Systemauseinandersetzung mit autoritären Systemen als auch diejenigen, die sich in undemokratischen und autoritären Staaten und in totalitären Diktaturen für die Werte von Demokratie und Rechtsstaat einsetzen.

Zweitens kann der Gipfel aufgrund seines sehr breiten Teilnehmerkreises einen Rahmen bieten, in dem sich viele Initiativen herausbilden, die demokratische Systeme weiterentwickeln und widerstandsfähiger machen können. Das geht weder ohne die Regierungen und Parlamente noch ohne die vielfältigen nichtstaatlichen Akteure, die auf dem Gipfel repräsentiert sein werden.

Ende des kommenden Jahres soll ein zweiter Gipfel stattfinden, bei dem dann die Teilnehmerinnen und Teilnehmer physisch anwesend sein werden und ein noch intensiverer Austausch möglich wird.