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Reshape Europe
Ein Jahr Ukraine-Krieg: Was bedeutet das für die globale Sicherheit und Südostasien? – FNF Indonesien Alumnitreffen 2023

FNF Indonesia Alumni Gathering 2023
© FNF Indonesia 2023.

Am 10. Februar 2023 fand in unserem Büro das jährliche Alumnitreffen des Stiftungsbüros in Indonesien statt. In Anlehnung an das diesjährige Hauptthema der FNF Global #ReshapeEurope, baten wir Prof. Olexiy Haran von der University of Kyiv Mohyla Academy (UKMA) in Kiew, Ukraine, aus der Perspektive eines Ukrainers und eines  ukrainischen Wissenschaftlers über den Ukraine-Krieg zu sprechen. Die Veranstaltung mit dem Titel „Ein Jahr Ukraine-Krieg: Was bedeutet das für die globale Sicherheit und für Südostasien?“ sollte helfen zu verstehen, wie sich der Krieg auf die globale Sicherheit, insbesondere in Südostasien, auswirkt.

Obwohl Südostasien vom jetzigen Kriegsschauplatz weit entfernt ist, hat der Krieg einen erheblichen Einfluss auf Gebiete in der ganzen Welt, auch auf das unsere. Die Ukraine ist bekanntlich der größte Weizenlieferant der Welt. Sollte der Krieg weiter andauern, wird das große Auswirkungen auf alle Länder haben, die ihren Weizenbedarf aus der Ukraine beziehen. Der Krieg hat nicht nur enorme Auswirkungen auf die Weizenversorgung, sondern aufgrund des Dominoeffekts des Krieges auch auf die weltweite Sicherheit. Einige Wissenschaftler wiesen auf die Möglichkeit hin, dass der Krieg zu einer zunehmenden Aggressivität Chinas im Streit um das Südchinesischen Meer führen könnte, was einen erheblichen Einfluss auf die Stabilität in Südostasien haben würde.

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Prof. Olexiy Haran von der Universität der Kiewer Mohyla-Akademie hält seinen Vortrag beim FNF Indonesia Alumni Gathering 2023.

Der Konflikt in der Ukraine hat auch in Indonesien eine breite Palette von Ansichten darüber hervorgebracht, welches Land man unterstützen sollte. Viele Indonesier haben Verständnis für  Russlands Angriff auf die Ukraine aus verschiedenen Gründen: Antiamerikanismus und antiwestliche Einstellungen in der indonesischen Gesellschaft sowie religiöse Faktoren sind darunter. Die Spannungen zwischen den westlichen Ländern (z.B. den USA) und Russland sind bekannt, und seit der Westen seinen anfänglich so genannten „Krieg gegen den Terrorismus“, insbesondere gegen den Irak und Afghanistan, begonnen hat, hat dies eine Welle der Enttäuschung und Uneinigkeit unter den Indonesiern ausgelöst. Da Indonesien das Land mit der größten muslimischen Bevölkerung ist, wird dieses Verhalten stark abgelehnt. Viele Indonesier haben deswegen antiamerikanische und antiwestliche Überzeugungen angenommen, weshalb viele heute für Russland sind. Hinzu kommt, dass russische Medien in Indonesien über zahlreiche Quellen, einschließlich Fernsehsender, leichter zugänglich sind als ukrainische Medien und die Medienlage nicht ausgewogen ist.

Prof. Haran, Professor für Vergleichende Politikwissenschaft an der UKMA, korrigierte diese Wahrnehmung später während seines Vortrags auf unserer Veranstaltung. Seit 2002 ist er Gründungsdirektor der UKMA School for Policy Analysis und seit 2015 Forschungsdirektor der Democratic Initiatives Foundation, eines renommierten ukrainischen analytischen und soziologischen Think Tanks. Er ist zudem Mitherausgeber verschiedener Werke, unter anderem von "Constructing a Political Nation: Developments in Ukrainian Views During the Donbas War" (2017), "Ukraine in Europe: Questions and Answers" (2009), "Russia and Ukraine: Ten Years of Transformation" (Moskau 2003) und anderer. Er ist außerdem regelmäßige als Experte in ukrainischen und ausländischen Medien zu Gast. Er ist ein bekannter ukrainischer Politikwissenschaftler und war Mitglied des Öffentlichen Rates des ukrainischen Außenministeriums.

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Prof. Haran zeigt eine App auf seinem Handy, die aktuelle Nachrichten und Warnungen über die Lage in der Ukraine liefert.

Er stellte klar, dass viele Menschen glaubten, es handele sich um einen Konflikt zwischen dem Westen und Russland, aber das sei nicht der Fall. Es handele sich um Russland, das auf Putins Befehl hin vor habe, die Größe des Russischen Reiches wiederzuerlangen, indem es versuche, sein Territorium „zurückzuerobern“, bei dem es sich aber um das Territorium der Ukraine handelt. Er bemerkte anschließend, dass es bei diesem Krieg nicht um ethnische Zugehörigkeit oder um unterschiedliche Ideale gehe, sondern um Territorium. Früher hatten die Ukrainer ein gutes Verhältnis zu Russland, aber das habe sich dramatisch geändert, als Moskau immer aggressiver wurde, insbesondere mit der Annexion der Krim im Jahr 2014. Die Annexion habe gegen das Budapester Memorandum von 1994 verstoßen, in dem die Ukraine als drittgrößte Atommacht ihr Atomwaffenarsenal im Gegenzug für „Sicherheitsgarantien“ der Vereinigten Staaten, des Vereinigten Königreichs und Russlands aufgab.

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Ein Diagramm zeigt das schwindende Vertrauen der Ukrainer in Russland (aus Prof. Harans Vortrag).

„Wir glauben, dass wir auf der richtigen Seite der Geschichte stehen“

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– Prof. Olexiy Haran, Professor für vergleichende Politik an der Universität der Kyiv-Mohyla-Akademie (UKMA) in Kiew, Ukraine.

In der zweiten Hälfte des Programms gab es eine Fragerunde, in der unsere Almuni die Möglichkeit hatten, Prof. Haran Fragen zu stellen und Antworten sowie weitere Informationen zu diesem Thema zu erhalten. Wir haben von ihm viel über den Krieg in der Ukraine erfahren und es war uns eine Ehre, einen ukrainischen Gast zu haben, der uns Informationen aus erster Hand liefern konnte. Wir hoffen, dass der Krieg bald zu Ende ist!

Übersetzung: Jana Dietrich

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*Rania Rizkiadinda ist Kommunikationsbeauftragte von FNF Indonesien und Jana Dietrich ist von April bis August 2023 Praktikantin bei FNF Jakarta.