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Wahlen in Indonesien
Prabowo Subianto wird neuer Präsident Indonesiens

Indonesien hat gewählt. Prabowo Subianto erreicht im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit und wird im Oktober als neuer Staatspräsident des G-20 Landes vereidigt. Der Sohn des scheidenden Präsidenten Joko Widodo wird Vizepräsident.
Prabowo Subianto erklärt seinen Sieg bei den indonesischen Präsidentschaftswahlen zusammen mit seinem ältesten Sohn, der Vizepräsident sein wird, in Jakarta, Indonesien

Prabowo Subianto erklärt seinen Sieg bei den indonesischen Präsidentschaftswahlen zusammen mit Gibran Rakabuming, dem ältesten Sohn des scheidenden Präsidenten Joko Widodo, in Jakarta, Indonesien.

© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Yuki Sato

Die vorläufigen Ergebnisse der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Indonesien zeigen, dass der aktuelle Verteidigungsminister Prabowo Subianto nächster Präsident wird. Er setzte sich klar gegen seine Mitbewerber Ganjar Pranowo und Anies Baswedan durch. Dass Prabowo vom amtierenden, populären Präsidenten Joko Widodo unterstützt wurde, gab den Ausschlag.

Mit einem uneinholbaren Wählerstimmenanteil von etwa 58% haben Prabowo Subianto und sein Vizepräsidentschaftskandidat Gibran Rakabuming im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit bei der indonesischen Präsidentschaftswahl errungen. Das Ergebnis basiert auf sicheren Hochrechnungen. Das offizielle Ergebnis wird Ende März verkündet. Der zweitplatzierte Kandidat Anies Baswedan kommt auf circa 25% der Stimmen. Ganjar Pranowo, der für die Partei PDI-P antrat, schnitt mit knapp 17% schlecht ab. Bei den parallel stattfindenden Parlamentswahlen liegt die PDI-P laut Hochrechnungen mit rund 17% an erster Stelle, gefolgt von Prabowos Gerindra Partei sowie der Golkar Partei, die ebenfalls Prabowo unterstützt.

Der Wahlkampf der drei Spitzenkandidaten gipfelte am 10. Februar in zwei Massenkundgebungen in Jakarta sowie einer in Semarang in Zentraljava mit hunderttausenden Wählerinnen und Wähler. Sowohl der Wahlkampf als auch die Stimmabgabe liefen friedlich ab. Angesichts von knapp 205 Millionen Wahlberechtigten war es die größte jemals an einem Tag durchgeführte demokratische Wahl. Dieser logistische Kraftakt, für den im Inselstaat mehr als 800.000 Wahllokale eingerichtet wurden, gelang. Nach der Wahl gibt es aber auch einige Anschuldigungen bezüglich Stimmenkauf und Unregelmäßigkeiten, denen die Wahlaufsichtsagentur BAWASLU derzeit nachgeht. In manchen Regionen hatten zudem schwere Regenfälle die Wahl erschwert.

Wähler geben in einem Wahllokal im Stadtteil Harapan Mulia im Zentrum von Jakarta ihre Stimme ab.

Wähler geben in einem Wahllokal im Zentrum von Jakarta ihre Stimme ab.

© picture alliance/dpa | Ahmad Pathoni

Keine Wechselstimmung

Prabowo Subianto galt zuletzt als Favorit, wobei eine Stichwahl lange Zeit möglich schien. Seinen Sieg verdankt er letztlich der Tatsache, dass der äußerst populäre Präsident Joko Widodo seinen 36-jährigen Sohn Gibran Rakabuming als Kandidaten für das Vizepräsidentenamt einsetzte. Die Botschaft war damit klar: Wer das Tandem Prabowo Subianto sowie den Sohn Joko Widodos wählt, der wählt auch die Fortsetzung der Politik Joko Widodos. Dass der Sohn, Gibran, überhaupt antreten durfte, war einem rechtsstaatlich höchstumstrittenen Vorgang im Oktober geschuldet. Eigentlich müssen Präsidentschafts- und Vizepräsidentschaftskandidaten 40 Jahre alt sein. Aber für Gibran, der derzeit Bürgermeister der Stadt Surakarta ist, wurde eine Ausnahme gemacht: Für diejenigen, die bereits Politikerfahrung in Ämtern hätten, gelte die Altersregelung nicht, entschied Indonesiens Verfassungsgericht. Die entscheidende Stimme bei der 5 zu 4 Entscheidung des Gerichts hatte der Vorsitzenden des Verfassungsgerichts, der Schwager von Staatspräsident Widodo ist. Er entschied im Sinne der Familie. Nach Gibrans erlaubter Nominierung als Vizepräsidentschaftskandidat kippten die Umfragewerte: Das Tandem Prabowo/Gibran zog an den Konkurrenten vorbei. Zwar gab es Kritik an der Parteinahme Widodos und an dem Urteil des Verfassungsgerichts durch demokratisch gesinnte Aktivisten, Akademiker und Journalisten. Aber am Trend, der bis zum Wahltag anhielt, änderte das nichts.

Der Wahlausgang drückt den Wunsch der indonesischen Wählerinnen und Wähler aus, die auf wirtschaftliche Entwicklung ausgerichtete Widodo-Politik der vergangenen zehn Jahre fortzusetzen. Eine fehlende Wechselstimmung kombiniert mit einem an die junge Bevölkerung adressierten Social-Media-Wahlkampf trugen zu dem Erfolg des Ex-Generals Prabowo Subianto und des Präsidentensohns bei. Dass mit diesem Tandem der Etablierung einer neuen Familiendynastie der Weg bereitet wurde, ist bei den Wählern keineswegs negativ aufgenommen worden – im Gegenteil.

Ein Repräsentant der indonesischen Elite

Der Wahlsieger Prabowo Subianto hat es geschafft, mehrere Strömungen des Landes zu vereinigen: Zunächst steht er für das Militär und die Sicherheitskräfte, wo er vor 1998 unter der Suharto-Diktatur Karriere machte. Aus dieser Zeit rühren Vorwürfe der Menschenrechtsverletzungen bei Militäroperationen in Papua und Osttimor sowie bei der Entführung von Demokratieaktivisten im Jahr 1998, die bis heute verschwunden sind und wahrscheinlich getötet wurden. Prabowo hat die Vorwürfe nicht glaubwürdig entkräftet. Nach seiner unehrenhaften Entlassung aus dem Militär unternahm er als Politiker mehrere vergebliche Versuche, Präsident zu werden. Joko Widodo ernannte ihn 2019 zum Verteidigungsminister. Prabowo Subianto ist ein Repräsentant der Elite, der in vielen gesellschaftlichen Subsystemen bestens vernetzt ist. Sein Bruder ist ein einflussreicher und äußerst wohlhabender Geschäftsmann. Zudem achtete Prabowo im Wahlkampf darauf, konservativ-islamische Kräfte nicht vor den Kopf zu stoßen und für sie wählbar zu bleiben. Und schlussendlich hat er mit der Wahl des jungen Vizepräsidentschaftskandidaten noch Teile der internetaffinen jungen Bevölkerung für sich gewonnen, die sich eher für Memes und Tiktok-Videos als für Parteiprogramme interessiert. Somit hat Prabowo Subianto letztlich ein Gesamtpaket angeboten, das in Indonesien mehrheitsfähig ist.

Nach der Vereidigung des Wahlsiegers im Oktober wird sich zeigen, ob er der Praxis Joko Widodos folgen wird, eine sehr breite Koalition aus Parteien hinter sich zu versammeln. In der Vergangenheit war dies ein beliebtes Werkzeug, um ehemalige Konkurrenten unter einem gemeinsamen Dach zu vereinen und sie im Gegenzug mit Kabinettsposten zu belohnen. Der Vorteil dieser Methode ist ein hohes Maß an politischer Stabilität. Für die Qualität der Demokratie in Indonesien ist es wichtig, dass eine konstruktive Opposition, Medien, Justiz und Zivilgesellschaft zukünftig ihre Kontrollfunktion ausüben.