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Geburtstag
Dr. Hinrich Enderlein wird 80 Jahre alt

Die Friedrich-Naumann-Stiftung gratuliert ihrem Kuratoriumsmitglied
Hinrich Enderlein
Hinrich Enderlein nach der Wahl zum Landesvorsitzenden der FDP Brandenburg © picture-alliance / ZB | Peer Grimm

Seit 1999 ist Dr. Hinrich Enderlein Mitglied des Kuratoriums der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Seit langem auch wirkt er für die Begabtenförderung im Auswahlausschuss mit, dessen Vorsitzender er von 2015 bis 2019 war. In diesen Funktionen ist seine profunde Kenntnis der Bildungs- und Wissenschaftslandschaft ein großer Gewinn für die Ausgestaltung der Förderung.

Dr. Hinrich Enderlein wurde 2007 in den Auswahlausschuss berufen und gehört ihm bis heute an. Er hat während dieser Zeit keine einzige Auswahltagung versäumt. Mit dieser Verlässlichkeit und mit dem wohlwollenden Blick des Fördern-Wollens war und ist er eine unverzichtbare Säule für die Auswahl und Förderung neuer Stipendiatinnen und Stipendiaten. Mit seiner herzlichen Art, der Neugier für sein Gegenüber und seinem Taktgefühl nimmt er bis heute nervösen Bewerberinnen und Bewerbern die Angst vorm Auswahlgespräch und hat Vielen das Tor zur Förderung eröffnet. Insbesondere als Vorsitzender des Auswahlausschusses hat er die Belange der Begabtenförderung mit viel Engagement, sehr großem Interesse und Herzenswärme unterstützt. Der erfolgreiche Abschluss des interdisziplinären Walther-Rathenau-Doktorandenkollegs in Kooperation mit dem Moses Mendelssohn Zentrum in Potsdam wäre ohne sein Engagement nicht möglich gewesen.

Dass Dr. Hinrich Enderlein einmal zum „geborenen“ liberalen Landespolitiker in zwei – noch dazu weit entfernten – Bundesländern, Baden-Württemberg und Brandenburg, werden würde, war nicht vorhersehbar, sondern hing von großen historischen Zäsuren ab. Denn nach diversen, teils noch den Nöten der Kriegs- und Nachkriegszeit geschuldeten Orts- und Schulwechseln und dem Abitur in Gummersbach schien der Weg zunächst in die Wissenschaft zu weisen: Er studierte in Marburg und Tübingen Geschichte, Politik und Slawistik, verbrachte ein Studienjahr in der Sowjetunion und begann 1969 als Hochschulassistent am Osteuropa-Institut der Universität Tübingen zu arbeiten. Ein Studium also in den sehr unruhigen Zeiten studentischen Protestes und des „Abschneidens von alten Zöpfen“, wie es die FDP im Wahljahr 1969 plakatierte und damit den politischen Aufbruch signalisierte, ebenso wie die Freiburger Thesen die Hoffnung auf eine Gesellschaftsreform.

Zu diesen reformorientierten Liberalen gehörte auch Dr. Hinrich Enderlein, der 1969 nach seinem Eintritt in die baden-württembergische FDP/DVP und die Jungdemokraten schnell führende Positionen innehatte. Keine drei Jahre später wurde er in seinem Wahlkreis Tübingen in den Landtag gewählt. Die folgenden Jahre – es wurden daraus dann insgesamt vier Wahlperioden von 1972 bis 1988 – bestellte der junge Abgeordnete in seiner Fraktion, deren Vorsitz er 1985 als Nachfolger von Jürgen Morlok übernahm, viele Felder der Politik. Schon früh befasste er sich mit Rechts- und Medienpolitik sowie Datenschutz, doch der Fokus lag auf der Bildungs- und Hochschulpolitik. Dies mag im Werdegang begründet sein, auch wenn er mit seinem Einstieg in die Berufspolitik seine Stelle an der Universität Tübingen – und damit auch die Wissenschaft – aufgab. In den politischen Auseinandersetzungen der 1970er Jahre verteidigte er die Bürgerrechte ebenso standhaft seine sozialliberalen Hoffnungen, auch wenn der Gegenwind manchmal sehr kräftig blies, wie etwa bei der mitunter zweifelhaften Praxis des „Radikalenerlasses“. Auch bei der „Wende“ 1982 befand er sich auf der Seite der Gegner eines Koalitionswechsels.

Als er bei den Landtagswahlen 1988 trotz eines überdurchschnittlichen Wahlergebnisses überraschend nicht wieder in den Baden-Württembergischen Landtag einzog, schien „Politik als Beruf“ für ihn beendet. Doch es kam anders – und erwies sich als Glücksfall für Brandenburg: Denn nach einer kurzen Zwischenstation im Bonner Bildungsministerium konnte der gebürtige Luckenwalder Dr. Enderlein in Brandenburg wieder Politik machen. Die Friedliche Revolution 1989 und die nach den ersten freien Landtagswahlen in Brandenburg gebildete Ampelkoalition mit SPD und Bündnis 90 hatten es möglich gemacht: Er übernahm als einer der beiden FDP-Minister in der Regierung von Manfred Stolpe das Ressort für Wissenschaft, Forschung und Kultur, neben Wirtschaftsminister Walter Hirche, der ebenfalls aus dem Westen kam.

Nach Jahren der Oppositionsarbeit in den eigentlich liberalen Stammlanden im Süden, konnte Dr. Hinrich Enderlein nun erstmals Regierungspolitik mitgestalten – in Brandenburg, einem Land, das über vierzig Jahre SED-Herrschaft hinter sich hatte. Die Hauptaufgabe lag im Aufbau einer neuen Wissenschaftsstruktur nach dem Zusammenbruch der DDR. Beispielsweise gab es zwar Institute und fachwissenschaftliche Einrichtungen, die zu evaluieren waren, aber keine Universitäten. Binnen kurzem gelang es ihm, mit den Universitätsgründungen in Potsdam, Frankfurt/Oder und Cottbus die Fundamente einer neuen Wissenschaftskultur zu legen. Dabei war die organisatorische Seite vielleicht noch die leichtere Übung – schwieriger war die von Dr. Hinrich Enderlein konsequent, aber mit großer Sensibilität behandelte Aufgabe, die Betroffenen, das wissenschaftliche Personal, die alten und neuen Beschäftigten zusammenzuführen. „Brücken bauen“ war sein Leitsatz, und der große Erfolg gibt ihm recht: Die Brandenburger Wissenschaft ist gut etabliert, ergänzt um exzellente Einrichtungen wie den Max-Planck-Instituten oder dem Zentrum für Zeithistorische Forschung, attraktiv auch für private Gründungen wie dem Hasso-Plattner-Institut.

Eine bleibende Integrationsleistung gelang Minister Dr. Enderlein auch in einem anderen Bereich seines Amtes, der Kultur In der finanziell bedrängten Umbruchsituation der frühen 1990er Jahre, in der häufig eher Abwicklung als Aufbau zu befürchten war, wurde die dichte Brandenburger Kultur – vom Theater bis zu Musik- und Kunstschulen – nicht nur in ihrer Vielfalt erhalten, sondern weiterentwickelt. Die Begeisterung Dr. Hinrich Enderleins für diesen Bereich scheint auch nach dem Ausscheiden aus der Politik ungebrochen, blickt man auf den Umfang seines bis heute anhaltenden Engagements in der Kultur- und Bildungsförderung.

Die Koalition – und damit die Regierungsbeteiligung – endete nach vier Jahren; Dr. Hinrich Enderlein wechselte beruflich in die Geschäftsführung u.a. in der Unternehmensgruppe Roland Ernst. Seine politischen Aktivitäten für die Liberalen hielt er aber unvermindert aufrecht, als stellvertretender, dann von 1995 bis 1999 als Landesvorsitzender.

Dass man im Fall des gebürtigen Luckenwalders und Wahl-Tübingers Dr. Enderlein heute von einem überzeugten Brandenburger sprechen kann, darauf deutet seine Begeisterung für den Erhalt der niederdeutschen Sprache. Aber auch der Historiker hat ihn wohl nie ganz losgelassen, befasst er sich doch beispielsweise mit einem herausragenden Liberalen und Demokraten der 1848er Zeit – Robert Blum. Kein Zufall wohl: Denn was für Dr. Hinrich Enderlein diesen Vorkämpfer der Freiheit und Rechtsstaatlichkeit politisch auszeichnet, könnte wohl auch für unseren Jubilar gelten – parlamentarische Pragmatik, Ideale und Überzeugungskraft.

Wir wünschen Dr. Hinrich Enderlein zu seinem 80. Geburtstag alles erdenklich Gute, Gesundheit und Kraft für die kommenden Jahre!