50. Todestag
Herta Ilk: Streiten für die Gleichberechtigung
Die frühe FDP sei eine männerdominierte Partei gewesen, in der Frauen politisch keine Rolle gespielt hätten – so häufig das Urteil über die Gründungsjahre der Liberalen in der Bundesrepublik. In der Tat waren es nur wenige Frauen, die in den Führungsgremien der Partei den Männern Paroli boten – dies waren jedoch starke Persönlichkeiten, die das Bild der Partei mit zu prägen wussten. Und die sich keineswegs nur mit den vorgeblich „klassisch weiblichen“ Ressorts wie Familie, Frauen und Jugend abspeisen ließen.
Im Gegenteil, einen Namen haben sich diese Frauen in den ersten Jahrzehnten der FDP gerade mit Themen wie Recht, Wirtschaft und Finanzen auf der kommunalen und Bundesebene gemacht. Neben den bekannten und berühmten liberalen Streiterinnen wie Marie-Elisabeth Lüders und Ella Barowsky oder Hildegard Hamm-Brücher und Liselotte Funcke gehört als einflussreiche Persönlichkeit auch Herta Ilk dazu. Geboren 1902 im niederschlesischen Brieg absolvierte die aus bürgerlichen Verhältnissen stammende Beamtentochter in der Weimarer Republik erfolgreich ein Jurastudium an der Breslauer Universität. Den Lebensunterhalt verdiente sie sich währenddessen mit einer Tätigkeit bei der Deutschen Bank. Das Studium schloss Herta Ilk – Ende der zwanziger Jahre für Frauen immer noch äußerst selten – mit einer Promotion zu einem damals sehr aktuellen Thema aus dem Bereich des Heimarbeitergesetzes ab (über die „zivilrechtliche Stellung des Zwischenmeisters“). Zuvor schon hatte sie sich in den Anfangsjahren der ersten Demokratie den Weimarer Linksliberalen angeschlossen.
Politisches Engagement
Nach ihrer Heirat mit dem Staatsanwalt Wilhelm Ilk arbeitete sie in der Jugendfürsorge beim Roten Kreuz. Als ihr Ehemann – ebenfalls DDP-Mitglied – nach 1933 aus politischen Gründen suspendiert wurde, siedelte das Paar von Schlesien nach Augsburg über, wo beide in der Wirtschaft neue Beschäftigung fanden. Nach Kriegsende nahm Herta Ilk ihr politisches Engagement aus der Weimarer Republik wieder auf. Sie gehörte zu den Gründungsmitgliedern der bayerischen Liberalen, wirkte von 1948 bis 1953 im Landesvorstand und zog über die Landesliste 1949 in den ersten Bundestag ein. Zwei Legislaturperioden im Bundestag und von 1950 bis 1964 auch im Bundesvorstand der FDP agierte sie auf vielen politischen Feldern, befasste sich mit Fragen des Haushalts und der Steuer, aber auch der Wiedergutmachung. Aufsehen erregte ihre Grundsatzrede im Bundestag zur Unterstützung der Oppositionellen in Ungarn 1956: „Sie brachten die Opfer für uns alle, für den Gedanken der Freiheit schlechthin, und daraus erwächst uns die Verpflichtung, diesen Menschen zu helfen.“
Am intensivsten aber kämpfte sie für die tatsächliche Rechtsgleichheit von Frauen und Männern und insbesondere für die damit zusammenhängenden wirtschaftlichen und steuerlichen Fragen. Ähnlich wie Marie-Elisabeth Lüders wurde sie nicht nur für ihre Detailkenntnis von ihren männlichen Kollegen respektiert, sondern auch für ihre Hartnäckigkeit gefürchtet. Dies bekam auch der spätere Bundesjustizminister und Parteivorsitzende Thomas Dehler zu spüren: Als die FDP-Vertreter 1949 bei der Beratung von Art. 3 des Grundgesetzes die von den Frauen vorgeschlagene Formulierung zur Gleichberechtigung ablehnten, gehörte sie zu den Initiatoren des öffentlichen Protests der Frauen und forderte von Dehler, die „volle Gleichberechtigung der Frau auf allen Rechtsgebieten“ im Verfassungsartikel zu verankern. Nicht anders war es wenige Jahre später bei der Auseinandersetzung um das Gleichberechtigungsgesetz 1957. Als der Bundestag mehrheitlich das Letztentscheidungsrecht des Ehemannes in familiären Angelegenheiten, insbesondere bei Fragen des Kindeswohls, beibehalten wollte, stützte sie die – letztlich erfolgreiche – Klage vor dem Bundesverfassungsgericht.
Nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag 1957 verstärkte sie ihr kommunalpolitisches Engagement. Sie prägte nicht nur den Kreisverband, sondern wurde auch zum maßgeblichen „Gesicht“ der Augsburger FDP, die in der Stadt bis Anfang der Siebzigerjahre mit hohen Wahlergebnissen drei Stadträte stellte – unter ihnen Herta Ilk. Heute vor 50 Jahren starb sie in ihrer Wahlheimat, wenige Tage vor Vollendung ihres siebzigsten Lebensjahres.