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Midterm Elections
Führt Trumps Handelspolitik zum Stimmeneinbruch für die Republikaner?

Farmer könnten das Zünglein an der Waage sein
Entscheiden die Stimmen der Landwirte die Midterms?

Entscheiden die Stimmen der Landwirte die Midterms?

© Haskew / iStock / Getty Images

Bei den Präsidentschaftswahlen 2016 haben viele Landwirte für Donald Trump gestimmt. Sein Wahlversprechen, Amerikas Landwirtschaft wieder profitable zu machen, hat sich bislang jedoch nicht bewahrheitet. Im Gegenteil: Unter dem Handelsstreit mit China und anderen Ländern leiden vor allem Amerikas Bauern. Die Quittung könnte Trump bereits bei den anstehenden Halbzeitwahlen erhalten.

Amerikanische Landwirte repräsentieren für viele die stereotypische konservative Basis: Sie sind weiß, männlich und im ländlichen Amerika zu Hause. Darüber hinaus verbindet man mit Amerikas Farmern die Mentalität und Arbeitsmoral, für die die Republikaner seit Jahrzehnten einstehen: hart arbeitend, fleißig und selbstständig. Vor dem Hintergrund ist es keine große Überraschung, dass Trump bei den Präsidentschaftswahlen 2016 die Mehrheit der Wählerstimmen im sogenannten Agrargürtel des Mittleren Westens auf sich vereinen konnte. Trump erreichte die Wählergruppe der amerikanischen Bauern, indem er ihnen das Gefühl vermittelte, gehört zu werden und ihre Bedenken hinsichtlich einer Überregulierung des Agrarsektors und der unsicheren Zukunft der Landwirtschaft ernst zu nehmen. Seine Versprechen für die amerikanische Agrarindustrie – etwa die Erhöhung des Anteils am inländischen Markt bei gleichzeitigem Ausbau des internationalen Handels – überzeugte 2016 noch über 70 Prozent der Wählerschaft des Agrargürtels. Doch zu dem erhofften Aufschwung kam es bisher nicht. Stattdessen leiden Amerikas Landwirte unter den von Trump angezettelten Handelskonflikten und auferlegten Strafzöllen.

Bei den anstehenden Halbzeitwahlen am 6. November hat die ländliche Bevölkerung Amerikas nun die Chance, ihrer Stimmung in Bezug auf den Präsidenten und seine Politik Ausdruck zu verleihen. Werden sie sich für die von Trump unterstützten Kandidaten entscheiden oder werden sie dem Präsidenten einen Denkzettel verpassen? Bei der Beantwortung der Frage ist zu beachten, dass die Landwirte von Trumps Initiativen ganz unterschiedlich betroffen sind. Wie sich die Wählergruppe der Landwirte also letztendlich entscheiden, kann sich von Region zu Region oder sogar von Anbauart zu Anbauart unterscheiden. Würde es der Opposition gelingen, Teile der konservativen Wählerschaft des Agrargürtels umzustimmen, dann wäre es nicht undenkbar, dass auch andere Wählergruppen umgestimmt werden können. Den abschätzig genannten „Fly over“-Bundesstaaten, die Hillary Clinton in ihrem Wahlkampf weitgehend ignorierte, könnte somit erhebliches politisches Gewicht zukommen.

Auswirkungen von Trumps Politik auf die Landwirtschaft

Die Politik der Trump-Administration hat den Agrarsektor in drei verschiedenen Bereichen getroffen: Energie, Arbeit und Handel. Produzenten von Mais und Sojabohnen wurden durch Trumps Ausnahmeregelungen für Ölraffinerien im Bezug auf den Einsatz von Biodiesel beeinträchtigt. Gemäß dem „Renewable Fuel Standard“ aus dem Jahr 2005 muss Kraftstoff eine Mindestmenge von erneuerbaren Treibstoffen aufweisen. Trumps Ausnahmeregelung führte dazu, dass mit der Ölindustrie ein verlässlicher Abnehmer für Mais und Soja wegfiel, da bei der Herstellung von Biodiesel Rohbenzin mit Agrarprodukten vermischt wird.

Auch die Einwanderungspolitik bereitet den U.S. Farmern Sorgen: Seine harsche Rhetorik im Bezug auf Einwanderer führt zu einem ernstzunehmenden Arbeitskräftemangel. Zwar stieß Trump mit seinen „Amerika First“-Parolen bei der ländlichen Bevölkerung auf Gehör, doch vergaßen viele dabei, dass der amerikanische Agrarsektor auf Einwanderer mit oder ohne Aufenthaltsgenehmigung angewiesen ist. In der Einwanderungsdebatte prallen für republikanische Farmer Realität und Rhetorik aufeinander. Zwar wollen sie als treue Trump-Unterstützer sichergehen, dass die Jobs in ihren Betrieben an Amerikaner gehen. Gleichzeitig sind sie aber auf die billigen Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen, um ihre Existenz zu sichern. Eine Mauer zwischen den USA und Mexiko, wie Trump sie plant, würde auch Tausende von Arbeitsmigranten, die das Rückgrat der amerikanischen Landwirtschaft bilden, davon abhalten, ihren Weg in die USA zu finden. Für Betriebe, die ohnehin um hauchdünne Margen kämpfen müssen, hätte die Mauer erhebliche negative Auswirkungen.

Neben den Ausnahmeregelungen für Ölkonzerne und den fernbleibenden Arbeitskräften führen Vergeltungszölle auf US-amerikanische Agrarprodukte zu immensen Verlusten für die Landwirte. Die von China auferlegten Zölle auf Sojabohnen und Sorghum in Höhe von 25 Prozent trafen die US-Landwirtschaft dabei am stärksten. Die Volksrepublik kauft jährlich etwa zwei Drittel der gesamten US-Sojabohnenproduktion mit einem Gesamtwert von 5,3 Mrd. Dollar. Der Markt für Sorghum ist hingegen relativ neu, erweist sich aber bereits jetzt als sehr lukrativ. Um seine Nachfrage decken zu können, wendet sich China anderen Agrarstaaten wie beispielsweise Brasilien zu. Damit haben die US-Landwirte ihren besten Kunden verloren.

Auch der neu ausgehandelte Handelsvertrag zwischen Kanada, den USA und Mexiko (USMCA), der von Trump und landwirtschaftlichen Interessengruppen als Sieg für U.S. Bauern angepriesen wurde, ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein im Vergleich zu den Verlusten, die durch die Zölle entstehen. Der durch den Handelsvertrag ermöglichte Zugang zu 3,6 Prozent des kanadischen Milchmarktes mag ein Schritt in die richtige Richtung sein, bleibt jedoch nur ein erster, kleiner Schritt. Der neu gewonnene Zugang zum kanadischen Milchmarkt wird zusätzliche 70 Mio. Dollar erwirtschaften. Für alle Milchprodukte, die über diese Quote hinaus nach Kanada exportiert werden, fallen Zölle von bis zu 300 Prozent an. Der zusätzliche Ertrag ist also weit von der Summe entfernt, die benötigt wird, um den Verlust in Milliardenhöhe auszugleichen. Auch die 25-prozentigen Zölle, die für US-Milchbauern anfallen, wenn sie Käse nach Mexiko exportieren, lassen diesen vermeintlichen Gewinn erblassen.

Die amerikanischen Farmer stehen also vor einer Entscheidung: Entweder sie senken ihre Preise, um ihre Produkte weiter verkaufen zu können, oder sie frieren einen Teil ihrer Ernte ein und hoffen darauf, dass sich die Situation im nächsten Jahr verbessert. Während sich einige Landwirte dafür entschieden haben, den Handelsstreit auszusitzen, können sich andere diesen Luxus schlichtweg nicht leisten. Die von Dürre heimgesuchten Bauern im Osten Texas, die sowieso schon über eine zu geringe Ernte klagen, können sich schlicht keine weiteren Verluste erlauben. Deshalb führte die US-Administration im September 2018 ein Subventionsprogramm über 12 Mrd. Dollar ein, in dessen Rahmen sich Landwirte für finanzielle Unterstützung bewerben können, um Exportverluste auszugleichen. Für viele Landwirte ist das Programm jedoch eine reine Erste-Hilfe-Maßnahme, die langfristige Folgen, wie etwa den Abbruch der über Jahre hinweg aufgebauten Beziehungen zu internationalen Abnehmern, außer Acht lässt.

Politischer Umschwung bei den Halbzeitwahlen?

Vor diesem Hintergrund sollte man meinen, dass Amerikas Landwirte am 6. November einen politischen Wandel bewirken könnten. Allerdings bestimmen nicht die massiven Handelsverluste die politische Debatte im Mittleren Westen, sondern Themen wie die Reform des Gesundheitsystems, Bildung und Infrastruktur. Und genau diese Themen werden aller Voraussicht nach auch die Halbzeitwahlen entscheiden. In dieser Hinsicht bleibt die Grand Old Party (GOP) auf Kurs mit ihrer Basis. So stehen der Kampf gegen die Opioid-Krise, von der der Mittlere Westen ganz besonders stark betroffen ist, sowie der Ausbau von alternativen, nicht-akademischen Ausbildungswegen ganz oben auf der Agenda vieler republikanischer Kandidaten. Die knappen Rennen um die Gouverneursposten in Iowa, Wisconsin und Ohio sowie die Anzahl der republikanischen Abgeordneten, die nicht wieder für den US-Kongress kandidieren, legen die Vermutung nahe, dass die Region im Zuge der Halbzeitwahlen politisch durchgerüttelt wird. Doch das Thema Handel, so sehr es Landwirte auch direkt betrifft, wird bei den Halbzeitwahlen wahrscheinlich nicht der entscheidende Faktor für die Wahlentscheidung sein.

Dennoch bleiben die Farmer mit Trumps Agrarpolitik unzufrieden. Sollte sich ihre Situation nicht bald verbessern, könnte sich dies auf die nächsten Präsidentschaftswahlen im Jahr 2020 auswirken. Bisher zeigen sich Amerikas Landwirte aber geduldig. Sie glauben weiterhin an Trumps Versprechen, dass die internationalen Handelspartner letztlich dem Einfluss der USA unterliegen und ihre Märkte für die USA öffnen werden. Bleibt ein Politikwechsel aber aus, müssen sie wohl weiter auf die Erfüllung von Trumps Beteuerungen warten, so wie auf Regen in einer Dürrezeit.

Courtney Flynn ist Program Associate des Forum Weltwirtschaftsordnung der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit mit Sitz in Washington.