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50 Jahre BF
„Das ist die wichtigste Aufgabe der FNF – liberal, loud and proud“

Tanit Koch

Tanit Koch

Welchen Einfluss hatte die FNF auf Ihre berufliche Laufbahn und Ihr Privatleben?

Privat hat mich die Stiftung um Freundschaften bereichert, darunter auch sehr enge Freunde, die ich nicht missen möchte. Beruflich war die FNF auch ein Booster: Ich wollte immer Journalistin werden und das ideelle Angebot, die Gespräche mit anderen Stipendiaten über deren unterschiedliche Interessen, all das war für mich ein Blick weit über den Tellerrand meines Jura- und Politik-Studiums hinaus. Journalisten sind Generalisten, die sich schnell in eine Vielzahl von Sachverhalten einarbeiten müssen. Eine Fähigkeit, die die Stiftung fördert. Deshalb freut es mich so, dass nun – endlich! – die Liberale Medienakademie die Begabtenförderung ergänzt.

Welche Veranstaltungen sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Ich habe es mir nicht anmerken lassen, aber das Walter Eucken Symposium war, sagen wir mal, fordernder als erwartet. So ohne Vorbereitung… Aber ich erinnere mich an kein Seminar, das mir nicht gefallen hat. Allein des persönlichen Austauschs wegen, Stichwort: Wacholderstube. Das Schöne ist doch, nicht nur auf Fachidioten der eigenen Fakultät zu treffen, sondern Einblicke in die anderen akademischen Perspektiven zu erhalten.

Besonders wichtig fand ich die Grundlagenseminare. Ich bin liberal, stehe für Eigenverantwortung, das sagt sich schnell. Das liberale Fundament aber mit Substanz zu unterfüttern, hilft ungemein, vor allem in Runde zehn, elf, zwölf der vielen Diskussionen, in denen Liberalismus wieder mal als Projekt empathieloser Spitzenverdiener abgestempelt wird.

Fühlen Sie sich der Stiftung auch nach der Förderungszeit noch verbunden?

Definitiv, vor allem mit schlechtem Gewissen, da mein Engagement im VSA mit „Karteileiche“ ziemlich präzise beschrieben ist. Ich bin kein Gremienmensch. Glücklicherweise hat Herr Paqué mich Anfang 2021 aber erfolgreich wiederbelebt, als er mich in den Auswahlausschuss einlud. Das ist punktuell sehr zeit- und arbeitsintensiv und ein absoluter Gewinn. Ob nach der schriftlichen Vorauswahl, der Auswahltagung oder digitalen Auswahlgesprächen: Im Anschluss habe ich stets das Gefühl, die Zukunft unseres Landes ist gesichert. Diese pro-aktiven, wirklich schwerstbegabten und freiheitsliebenden jungen Menschen zu erleben, das macht fast schon euphorisch.

Welchen Tipp würden Sie Bewerberinnen und Bewerbern mit auf den Weg geben?

Die, die ich bislang erlebt habe, brauchen keine Tipps. Aus reinem Eigennutz aber ein Hinweis. Ich hoffe, Immanuel Kant nimmt es nicht persönlich: Seine Zitate – nein, Singular, es ist immer dasselbe Zitat – sind bei den schriftlichen Bewerbungen überbewertet. Spätestens nach dem dritten kategorischen Imperativ seufze ich und wünsche mir, ebenfalls kategorisch, mehr Originalität. Mit persönlichen Schilderungen zu punkten ist in der Regel so viel glaubwürdiger und interessanter.

Sind Sie als Liberale zur FNF gekommen oder durch die FNF Liberale geworden?

Diese Situation – Kinder begehren zuhause gegen die Haltung der Eltern auf – kenne ich nicht. Meine Mutter ist durch und durch liberal, warum also hätte ich die Revolution ausrufen sollen? Die FNF hat mich also nicht liberal, aber sicherlich liberaler gemacht. Ich wusste, dass ich da hingehöre, deshalb habe ich mich auch nur dort beworben. Das Einzige, was ich schade fand, war das Fehlen eines Journalistenprogramms, wie es die Konrad-Adenauer-Stiftung damals schon hatte. Aber diese Lücke ist ja nun gefüllt!

Was war Ihr persönliches Highlight während Ihrer Stipendiatenzeit?

Die Ferienakademie im Jahr 2001, in Dubrovnik – eine beeindruckend schöne Stadt, schon bevor sie durch Game of Thrones berühmt wurde. Wir sind von dort aus ins bosnische Mostar gereist, wo die berühmte, im Jugoslawienkrieg zerstörte Brücke noch nicht wieder aufgebaut war. Das Kriegsende lag gar nicht so lange zurück und an diesem Ort zu erfahren, was Nationalismus gepaart mit religiösem Fanatismus angerichtet haben, wie blutig der Mangel an freiheitlichem Denken enden kann und wie tief die Gräben teils Jahrzehnte später noch sind – das hat mich verstört und geprägt.

Persönlich verbinde ich mit der Stiftung aber vor allem etwas Schönes: Die Trauung zweier enger Freunde auf dem Berliner Fernsehturm, bei der ich Trauzeugin sein durfte. Den Bräutigam kannte ich schon vorher, die Braut erst seit der FNF, und dass ich sie und vor allem, dass die beiden sich durch die FNF kennengelernt haben, das ist rückblickend mein allergrößtes Highlight.

Worin sehen Sie die wichtigste Aufgabe der Stiftung in der Zukunft?

Sie kennen doch das Lied „Die Gedanken sind frei“ – wunderschöne Melodie, emotionaler Text, Gänsehaut, aber wenn man den Inhalt mal aus dem historischen Kontext heraushebt: Warum sollen denn bitte nur die Gedanken frei sein? Dennoch erleben wir heute, dass schon die bloße Existenz einer abweichenden Meinung als Affront angesehen wird. Mich nervt diese vermeintlich weltverbessernde Intoleranz kolossal, und sie beunruhigt mich. Umfragen zeigen, dass zu viele Menschen das Gefühl haben, ihre Meinung – und ich rede nicht von extremen Positionen – nicht mehr äußern zu können. Dieses Gefühl schlachten die Ränder aus. Und während die einen sich als moralischer Sieger wähnen, weil sie einen Vertreter der Gegenmeinung auf social media plattgemacht haben, basteln die anderen fröhlich am Opfermythos. Ziemlich unerträglich. Ich hoffe, dass wir langsam den Kipp-Punkt erreichen und der gesunde Menschenverstand im freien Diskurs wieder Raum gewinnt, damit bei Meinungsunterschieden nicht ständig die schlimmstmögliche Motivation unterstellt wird. Deshalb nun endlich die Antwort auf Ihre Frage: Für diese freiheitliche Gesellschaft braucht es Stabilität in der Haltung, eine Leitschnur durch die bahnbrechenden Veränderungen, die wir erleben und noch erleben werden. Orientierung eben. Das ist die wichtigste Aufgabe der FNF – liberal, loud and proud.  

Wie kann die FNF es schaffen, ihre Botschaften in der Öffentlichkeit noch präsenter zu machen?

Follower kaufen? Nein, im Ernst: Die Sozialen Medien – und das beweist ja die FDP mit ihren Wahlkampagnen bei jungen Wählern – bieten riesige Chancen für die FNF. Es wissen noch immer nicht genug Menschen von der Stiftung und ihrem Angebot. Denen entgeht etwas – wie jeder weiß, der einmal Teil der Stiftung war und ist. Wir alle verbinden eine persönliche Geschichte mit der FNF und wenn es gelingt, diese prägenden Ereignisse nach außen zu tragen, dann können sehr viel mehr Menschen als bislang auf die FNF aufmerksam werden. Bestenfalls auch diejenigen, die nicht zwischen Flügel und Bücherregal aufgewachsen sind. Da draußen schlummert noch wahnsinnig viel Potential für die Stiftung!

Vielen Dank für Ihre Einblicke und Erfahrungen!


Konstantin Peveling ist Promotionsstudent an der King´s College London und beschäftigt sich mit Political Economy Research. Er ist seit Oktober 2016 in der Förderung (seit Bachelorstudium). Er war Teilnehmer der Rookie und Profi Class der Liberale Medienakademie (LMA).

Matilda März studiert Rechtswissenschaften an der Humboldt Universität zu Berlin und ist seit April 2018 FNF-Stipendiatin. Sie war Teilnehmerin der Profi Class der Liberale Medienakademie (LMA).