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Meinungsfreiheit
Die neuen Meinungsbesitzer

Wolfgang gerhardt
© Friedrich-Naumann-Stiftung / photothek

In der deutschen Hochschullandschaft ist neuerdings die Gestalt eines Meinungsbesitzers wahrzunehmen, der keine andere Meinung als seine eigene duldet. Ob er Angst davor hat, dass andere Meinungen sein Weltbild stören könnten, ist noch das Geringste. Dass er aber andere daran hindert, andere Meinungen als die seine zu hören, das kann sich weder eine Universität noch wir alle bieten lassen.

Es scheint aber so zu sein, dass wir um des lieben Friedens Willen bei Aktionen wie der Unterbrechung einer Veranstaltung mit dem ehemaligen Bundesminister Thomas de Maiziere, auch die Verhinderung einer Vorlesung von Professor Lucke, ehemaliger Vorsitzender der AFD, der an die Hochschule zurückgekehrt ist, das Zieren der Hamburger Universität gegenüber einem Auftritt des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner, die gleichzeitige Erlaubnis einer Veranstaltung mit Sarah Wagenknecht nicht jene Souveränität ausstrahlen, die Hochschulen haben sollten.

Im Gegenteil, sie zeigen die Angst von Hochschulleitungen mit Persönlichkeiten kernfrustriert zu werden, die ein Teil des universitären Publikums ganz einfach nicht mag, vermutlich und deshalb an den Pranger stellen will. Warum diskutieren, wenn diskreditieren einfacher ist, warum sollten überhaupt Argumente eine Rolle spielen? Wie mit solchen Einstellungen intellektueller Biss, gründliches Studium, Vertiefung in Sachverhalte, Erwerb von Fähigkeiten, die nun einmal zu einer substantiellen eigenen Biografiekompetenz wichtig sind, sich einstellen sollten, bleibt das Geheimnis dieser neuen Klasse von Meinungsbesitzern.

Freiheit bringt Probleme mit sich. Sie können aber nur in Freiheit gelöst werden. Nicht mit Blockaden, sondern mit Argumenten und mit Beachtung von Regeln. Wer das nicht kann und nicht will, der wird Schwierigkeiten mit dem Erwachsenwerden haben.