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Veranstaltung
Zusammenwachsen von Vergangenheit und Zukunft

Anlässlich des Ende des zweiten Weltkrieges in Europa fand eine Diskussionsveranstaltung zu den deutschen Verbrechen in der Ukraine und der heutigen Gedenkkultur statt.
S.E. Oleksii Makeiev  Boschafter der Ukraine in Deutschland

S.E. Oleksii Makeiev, Boschafter der Ukraine in Deutschland.

© Frank Nürnberger

Wer sind wir? Wo gehören wir hin? Wo trauert man? Wo erinnert man? Das Ende des zweiten Weltkrieges führt auch dieses Jahr zu einer intensiven Debatte über die deutsche Gedenkkultur und ihre „blinden Flecken“. Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit hat die Veranstaltung „Deutsche Gedenkkultur und ihr blinder Fleck Ukraine“ organisiert, um diesen Fragen auf den Grund zu gehen. Die deutsche Gesellschaft wird mit ihrer historischen Aufarbeitung des Nationalsozialismus oft als positives Beispiel gesehen, obwohl sie sich in ihrem Gedenken an die Opfer des 2. Weltkriegs in Osteuropa fast ausschließlich auf die Sowjetunion konzentrierte. Nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine rücken die Gräueltaten des NS-Deutschland in den einzelnen Nachfolgestaaten der Sowjetunion stärker in den Mittelpunkt der Diskussion.

Karl-Heinz Paqué, Vorstandsvorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, betonte in seiner Eröffnung, wie wichtig die Rolle der Ukraine insbesondere für Deutschland als Nachbar ist: „In Deutschland wird oft vergessen, dass die Ukraine sowohl historisch als auch politisch im Herzen Europas liegt. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg litt die Ukraine beispiellos unter dem roten Terror. Der Holodomor, der im vergangenen Jahr vom Bundestag endlich als Genozid anerkannt wurde, ist ein grausames Kapitel der ukrainischen Geschichte, das besonders in der Erinnerung der ganzen Nation geblieben ist, durch Erzählungen der Überlebenden in nahezu jeder ukrainischen Familie.“ Leider sei der Holodomor in Deutschland kaum bekannt. Umso mehr müsse sich die deutsche Gedenkkultur der Ukraine als Subjekt widmen.

Die Deutsch-Gedenkkultur hat durch ihren undifferenzierten Blick das sowjetisch-russische Narrativ lange unkritisch übernommen und ausschließlich von russischen Opfern gesprochen. Das bedeutete, dass weder jüdische Opfer auf sowjetischem Boden noch die zahlreichen Opfer aus den anderen Teilrepubliken der Sowjetunion einen angemessenen Platz in der deutschen Gedenkkultur bekommen haben. Und das gilt eben besonders für die Ukraine.

Der Botschafter der Ukraine in der Bundesrepublik Deutschland, S.E. Oleksii Makeiev, ging in seiner Begrüßung auf die historische und gegenwärtige Dimensionen von Erinnerungen ein. Die Ukraine und Deutschland erleben heute eine „wichtige Betrachtungswende“. Beide Länder spüren in diesen Tagen, dass die Ukraine „zusammen mit ganz Europa, zusammen mit der freien Welt am 8. Mai die Opfer des Nationalsozialismus in Erinnerung bringt“, analysiert Makeiev. Der 9. Mai sei zum ersten Mal in der Geschichte der Ukraine der Tag, an dem gemeinsam mit der EU der Europatag gefeiert wird. „Unsere Herzen schlagen zusammen“.