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Restart 21
Wie die Pandemie das Bildungssystem verändert

Restart Education
Restart Education Poster
Restart Education Event Poster © FNF South Asia

Die Coronakrise hat Schüler ebenso wie Lehrer vor gewaltige Herausforderungen gestellt. Die Schüler hätten nicht nur ihren Lernstoff bewältigen, sondern auch den Umgang mit zahlreichen Online-Tools erlernen und sich selbst zuhause organisieren müssen, sagt Krishank Malik, Director der Aryal Global Group of Institutions in Indien. Und wie sie lernen zu lernen, das gehöre jetzt auch zu wichtigen Aufgaben der Lehrer. Gleichzeitig mussten auch sie sich umstellen, lange Zeitstrecken im virtuellen statt im realen Klassenzimmer unterrichten. Raheela Mahjabeen Kausar, Lehrerin an der The Learning School in der pakistanischen Provinz Punjab, berichtet, wie schwierig es anfangs für sie und ihre Kollegen gewesen sei, den technologischen Wechsel zu bewältigen, weil es zum Teil keinen Zugang zum Internet gegeben habe, die Tools für viele neu gewesen seien und man erste einmal geeignetes Lehrmaterial vorbereiten und versenden musste.

Beim vierten Online-Event der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Kooperation mit ihrem Partner, dem Centre for Civil Society, zum Thema „Restart Education: Experiencing the Education Transformation“ diskutierten Mitte November 2021 Schulleiter, Studenten und Schüler aus Indien, Bangladesch, Pakistan und Bhutan, wie das durch COVID-19 aufgebaute Lerndefizit bewältigt werden kann und suchten nach Lösungen, wie das Bildungssystem künftig nach ähnlichen Krisen stabilisiert werden kann.

Die Perspektive eines Schülers einer weiterführenden Schule brachte Zubayer Hossain aus Bangladesch in die Diskussion ein. Für ihn sei es sehr viel leichter, in der Schule zu lernen, weil er dort persönlich mit den Lehrern kommunizieren könne und auch von seinen Klassenkameraden und älteren Schülern lerne, teils auch in einer spielerischen Art. Hinzu kämen oftmals technische Probleme mit dem Internet und viele besäßen nicht die geeignete Hardware. Aus seiner Sicht trifft diese Einschätzung auf das Gros seiner Mitschüler zu, wenngleich Hossain einräumt, dass junge Menschen mit einem Handicap Homeschooling den Alltag erleichtern könne. Tashi Chopel, Bachelor-Student am Royal Timphu College in Bhutan, teilte Hossains Beurteilung der Lage und fügte hinzu, wie sehr ihm und seinen Kommilitonen die sozialen Kontakte fehlten. Lehrerin Kausar beobachtete zudem, dass Eltern eher bereit waren, ihre Söhne mit dem notwendigen Equipment auszustatten als ihre Töchter und anfangs nur 20 Prozent der Schüler online gingen. Nach Gesprächen mit den Eltern sei die Quote gestiegen. Vor erhebliche Herausforderungen wurden beide Gruppen auch nach der Rückkehr in die Schule gestellt. Kausar stellte erhebliche Lerndefizite fest und verbrachte viel Zeit damit, die Schüler wieder zu regelmäßigem Lernen zu motivieren.

Wie die Pandemie technologisch auf Dauer das Bildungssystem verändern werde, darum ging es im zweiten Teil der Diskussion. Schulleiter Malik ist davon überzeugt, dass auch künftig hybride Methoden dominieren werden und es keine Rückkehr zum Status Quo von vor der Krise geben werde. Er verglich die digitale Transformation des Schulsystems mit der Bankenbranche. „Anfangs mussten wir uns an Onlinebanking gewöhnen, heute ist es selbstverständlich virtuell mit dem Smartphone zu bezahlen.“ Man müsse das Beste aus beiden Welten miteinander vereinen, indem man zum Beispiel die Basics online vermittelt und sich in der Schule oder an der Universität treffe, etwa für projektbasiertes Arbeiten in der Gemeinschaft. Diese Lösung gebe den Familien zudem die Flexibilität, mehr Zeit zusammen zu verbringen. Gleichzeitig steigt jedoch auch die Gefahr, dass private Unternehmen, die sich im Bildungssystem als Anbieter bereits etabliert haben oder etablieren wollen, verstärkt den öffentlichen Schulen mit ihren technologischen Produkten Konkurrenz machen.

In den Reaktionen von Schüler Hossain und Student Chopel kristallisierten sich allerdings schnell große Vorbehalte gegenüber dem hybriden Weg heraus. Sie favorisieren ganz klar das soziale Miteinander beim Lernen in der Schule oder an der Universität. Zudem erlebten sie, wie Mitschüler und Kommilitonen, die einst sehr gute Leistungen erbracht hätten, plötzlich zurückfielen, weil sie sich beim Lernen einsam fühlten, ihnen die Gemeinschaft fehlte und sie psychische Probleme bekamen. Google, YouTube und Wikipedia könnten keinen erfahrenen Lehrer ersetzen, ist Hossain überzeugt.

Hat die Corona-Pandemie die Solidarität innerhalb des Bildungssystems gestärkt oder eher geschwächt, wollte Moderator Roshan Gandhi zum Abschluss des Panels von den Teilnehmern wissen. Trotz vieler Schwierigkeiten und technischer Hürden habe es einen starken Zusammenhalt von Lehrern, Schülern und deren Eltern gegeben, sagte Raheela Mahjabeen Kausar. Alle habe das gemeinsame Interesse an einer hochwertigen und vor allem kontinuierlichen Bildung geeint. Auf die Unterstützung der Eltern seien die Lehrer in dieser schwierigen Situation angewiesen gewesen und seien es noch. Aber viele hätten auch nicht die Möglichkeiten gehabt, weil ihnen zum Beispiel der Zugang zum Internet gefehlt habe.