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Sicherheit
Die NATO, ein Garant für Sicherheit

In ganz Europa finden Demonstrationen gegen den Krieg in der Ukraine statt

In ganz Europa finden Demonstrationen gegen den Krieg in der Ukraine statt

© Pixabay

Die Organisation, die aus dem Nordatlantik-Vertrag hervorgeht, ist der Garant für die Sicherheit und damit für den Wohlstand der Länder, die die transatlantische Gemeinschaft bilden. Die derzeitige Lage in der Ukraine, die aus dem durch den Einmarsch Russlands in das ukrainische Hoheitsgebiet ausgelösten Krieg resultiert, sollte jede Infragestellung des derzeitigen Nutzens des Bündnisses und jede Diskussion darüber, auf welche Bedrohung sich die NATO bei der Ausarbeitung ihrer neuen strategischen Ausrichtung konzentrieren sollte, unangemessen erscheinen lassen.

Es stimmt zwar, dass Russland derzeit die einzige existenzielle Bedrohung für einige Mitgliedstaaten darstellt und dass dies eine Haltung der Stärke erfordert, die sich in einer ausdrücklichen Abschreckungsbotschaft niederschlägt, doch es stimmt auch, dass vom Mittelmeerraum und insbesondere von Nordafrika und dem Nahen Osten eine Situation der Instabilität ausgeht, die aufgrund des dschihadistischen Terrorismus enorme Herausforderungen mit sich bringt.

All dies macht die Abschreckungsfähigkeit der NATO und ihrer Mitgliedstaaten umso wichtiger.

Eine Tatsache, die oft übersehen wird, ist, dass eine Organisation, egal welcher Art, nur so schwach ist wie das Schwächste ihrer Mitglieder. Mit anderen Worten: Je stärker die einzelnen Mitglieder sind, desto stärker wird die Organisation sein.

Wenn von kollektiver Verteidigung die Rede ist, wird in der Regel auf Artikel 5 verwiesen, der uns aus den jüngsten Ereignissen nur allzu gut bekannt ist. Artikel 3 ist jedoch von gleicher oder vielleicht sogar größerer Bedeutung, da er besagt, dass jedes Mitgliedsland ein seinen Möglichkeiten entsprechendes Mindestmaß an Fähigkeiten aufrechterhalten und entwickeln muss, dass es in die Lage versetzt, bewaffneten Angriffen zu begegnen. Allein dieser Absatz könnte Gegenstand einer ausführlichen Studie sein.

Children in a refugee camp.

Children in a refugee camp.

© Pixabay

Von der Arktis bis zum westlichen Mittelmeerraum stellt Russland heute eine echte und glaubwürdige Bedrohung für die Interessen der NATO-Staaten dar, im Osten eindeutig eine potenzielle existenzielle Bedrohung, die das Bündnis dazu zwingt, seine Abschreckungsmaßnahmen an dieser Flanke zu verstärken.

Im Mittelmeerraum ist die Bedrohung jedoch viel subtiler, es geht hier vielmehr die Gefahr einer Destabilisierung der Südflanke des Bündnisses. Die Präsenz Russlands im Mittelmeerraum, die in letzter Zeit deutlich zugenommen hat, hat aber auch viel mit den Geschehnissen in Osteuropa zu tun.

Die Anwesenheit zahlreicher russischer Marineeinheiten im Mare Nostrum sowie der ständige Stützpunkt im syrischen Hafen Tartus und die Vereinbarung mit Zypern, dessen Häfen als Stütz- und Wartungspunkte zu nutzen, zeigen nicht nur die Entschlossenheit Russlands seinen Einfluss in der Region geltend zu machen, sondern sind im aktuellen Kontext auch eine deutliche Warnung, Ziele tief im NATO-Gebiet anzugreifen und irgendwann durch die Kontrolle der SLOCs (Sea Lines of Communications) zur Isolation der Ukraine beizutragen.

Die Rolle der NATO im Nahen Osten und in Nordafrika, einem politisch und operativ komplexen Gebiet, ist unverzichtbar. Die Präsenz und der Einfluss der NATO in dieser Region wurden jedoch häufig durch Faktoren wie Prioritätensetzung und Durchführbarkeit eingeschränkt. Dies hat dazu geführt, dass sich die Mitgliedstaaten nicht einig sind, ob sich das Bündnis an seiner Südflanke engagieren soll. Es liegt auf der Hand, dass die geografische Lage eines jeden Partners seine Prioritäten und seine Wahrnehmung von Bedrohungen prägt, was sich auf die Bereitschaft auswirkt, auf das breite Spektrum von Problemen in der Region zu reagieren, und diese in vielen Fällen einschränkt.

NATO

At present, a total of 30 countries belong to NATO.

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Zudem stellt das Sicherheitsumfeld an der südlichen Peripherie der NATO eine Herausforderung dar. In der Region von Libyen über den Nahen Osten bis zum Persischen Golf konzentriert sich Bedrohungen, die von regionalen Konflikten über gescheiterte Staaten bis hin zu Terrorismus und dem Phänomen der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität reichen, das häufig mit dem Terrorismus selbst einhergeht.

Die Sicherheit des Bündnisses und der Gesellschaften seiner Mitgliedsstaaten ist noch weiteren direkten und indirekten Risiken ausgesetzt: unkontrollierte Migration, Unsicherheit und Klimawandel.

Auch die verstärkte Präsenz sowohl Russlands als auch Chinas, insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent und in den Ländern der Sahelzone, macht die Rolle der NATO in dieser Region umso wichtiger und notwendiger.

Bislang kann die Rolle der NATO im Mittelmeerraum, hier sprechen wir vom Nahen Osten und Nordafrika, in deren Strategie als zweitrangig betrachtet werden. Es ist zu hoffen, dass nach der nächsten Konferenz in Madrid und mit der Überarbeitung der Strategie die Notwendigkeit einer Vertiefung des Konzepts der kooperativen Sicherheit deutlich zum Ausdruck kommt und hervorgehoben wird, damit sich die NATO mit dem Ziel engagieren kann, einen Beitrag zur Gesamtstabilität in der Region zu leisten. Es sollte nicht vergessen werden, dass andere externe Mächte offenbar klare Vorstellungen von der Bedeutung und ihren Zielen in der Region haben. Jeder Rückzug der NATO oder westlicher Mächte von den Problemen birgt enorme Risiken.

Die überwältigende aktuelle Situation führt dazu, dass man sich auf die Ostflanke konzentrieren sollte. Aber es sollte nicht vergessen werden, dass sich im Süden langsam eine Situation entwickelt, deren Entwicklung eine größere Gefahr darstellen könnte als der Einmarsch Russlands in die Ukraine. Phänomene wie der dschihadistische Terrorismus und die dadurch ausgelösten gewaltigen Migrationsströme haben gezeigt, dass sie zu einer instabilen Situation führen können, die die Einheit des Bündnisses selbst gefährden könnte. So wie es von diesem Teil des Kontinents aus manchmal schwierig ist, die Bedrohung durch einen Konflikt im Osten zu verstehen, fällt es den Nationen Mittel- und Nordeuropas schwer, sich die Bedrohungen aus dem Süden vorzustellen und zu eigen zu machen. Beide sollten jedoch nicht als direkte Bedrohung für die Integrität oder Existenz von Nationen betrachtet und gemessen werden, sondern vielmehr an ihren Folgen. So wie die Folgen des Krieges in der Ukraine in jedem Winkel Europas zu spüren sind und sein werden und alle NATO-Mitglieder gleichermaßen betreffen, würde eine Destabilisierung der Mittelmeeranrainerstaaten und sogar der Sahelzone ebenso weitreichende wirtschaftliche und humanitäre Folgen haben wie die derzeitigen.