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Die sozialen Fragen lösen

Unternehmen sind der wirtschaftliche Treibstoff des Sozialstaats. Sie schaffen Arbeitsplätze, generieren Steuererträge und steigern den gesellschaftlichen Wohlstand. Doch die Arbeitsteilung zwischen Privatwirtschaft auf der einen und dem Sozialstaat sowie den großen Wohlfahrtsverbänden auf der anderen Seite löst sich immer weiter auf. Viele Unternehmerinnen und Unternehmern wollen nicht einfach nur Treibstofflieferant für oftmals behäbige Institutionen sein, sondern mit ihren wirtschaftlichen Fähigkeiten gezielt zur Lösung sozialer Fragen beitragen. Vor allem eine junge Gründergeneration brennt für Betriebswirtschaftslehre und möchte gleichzeitig Waldbrände löschen. Heute beträgt der Anteil der Sozialunternehmen am deutschen Unternehmensbestand drei Prozent, unter den Start-Ups sind es neun. Die auf den ersten Blick soliden Zahlen täuschen jedoch darüber hinweg, dass die Förderung sozialer Innovationen von der Politik vernachlässigt wird. Ein Gutachten der Friedrich-Naumann-Stiftung verdeutlicht die Problematik: In europäischen Staaten wie Schweden, Frankreich oder Großbritannien werden soziale Innovationen seit Jahren konzeptuell gefördert.

Es braucht Räume für „Intrapreneure“

Die deutsche Innovationspolitik hat daher Aufholbedarf. Dazu braucht es eine nationale Strategie, in der die sozialen Entrepreneure als zentrale Säule im Forschungs- und Innovationssystem verankert werden. Um jungen Organisationen den Markteintritt zu erleichtern, müssen die Antragsverfahren auf finanzielle Förderungen schlanker aufgesetzt werden. Nur wenn junge Organisationen die Möglichkeit haben, sich im Wettbewerb zu etablieren, kann sich die gesamte Gesellschaft als Profiteur eines innovativen Sozialstaats weiterentwickeln.

Die Förderung von „social entrepreneurs“ reicht allerdings nicht aus, sondern es braucht auch Räume für sogenannte „Intrapreneure“, die mit neuen Ideen für frischen Wind in etablierten Strukturen sorgen. Hiervon profitieren nicht nur gemeinnützige Sozialunternehmen oder die Wohlfahrtsverbände, sondern auch Hochschulen, Industriekonzerne und Ministerien. „Verknüpft mit Offenheit, Diversität und Agilität“, so die Gutachter Christin Skiera und Felix Sieker, würden soziale Innovationen die Innovationsfähigkeit in allen Sektoren stärken. Was nun nötig ist, ist mehr sozialer Innovationstreibstoff in der Politik.

Dieser Beitrag erschien erstmals am 22.12.2020 in der Mittelbayerischen Zeitung.