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US Midterm Elections 2022
Amerikanische Zwischenwahlen: Demokraten unter Druck?

US Midterm Elections 2022
© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | J. Scott Applewhite

Kurz vor den Zwischenwahlen in den USA am kommenden Dienstag, dem 8. November, sind die Aussichten für die Demokraten nicht sehr gut. Alle 435 Mitglieder des Repräsentantenhauses stehen zur Wahl, gleichzeitig finden Wahlen für 35 Sitze im Senat statt. Außerdem geht es um in zahlreichen Bundesstaaten um das Gouverneursamt und die Zusammensetzung der Parlamente. 

Die sehr niedrigen Beliebtheitswerte des amtierenden demokratischen Präsidenten Joe Biden und die großen wirtschaftlichen Sorgen der Wähler, insbesondere die Befürchtungen hinsichtlich einer anhaltend hohen Inflation, machen die Republikaner zu klaren Favoriten bei den Wahlen zum Repräsentantenhaus. Ohnehin verliert die Partei des amtierenden Präsidenten in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle bei Zwischenwahlen Stimmen im Kongress. Bei den Wahlen zum Senat zeigen im Moment die Umfragen allerdings, dass sich die demokratischen Kandidaten etwas besser schlagen und die Partei eine Chance hat, ihre knappe Mehrheit zu verteidigen. Dies liegt in mehreren Fällen vor allem an den relativ schwachen Kandidatinnen und Kandidaten der Republikaner, die zumeist vom ehemaligen Präsidenten Donald Trump unterstützt werden und für die es schwer ist, die nicht an eine Partei gebundenen Wählerinnen und Wähler zu überzeugen. Das Momentum liegt allerdings auch bei den Senatswahlen seit einiger Zeit wieder bei den Republikanern.

Der Trend hat sich mehrfach gedreht

Das Wahljahr 2022 zeichnete sich bisher durch ein ständiges Auf und Ab der Parteien in den Umfragen aus. Im Frühjahr hatten die Republikaner einen deutlichen Vorsprung, im Sommer drehte sich dann der Trend nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshof zum Recht auf Schwangerschaftsabbruch zugunsten der Demokraten. In den letzten Wochen, als sich die Wählerinnen und Wähler mehr auf die wirtschaftlichen Aussichten konzentrierten, liegen die Republikaner wieder vorne.

Zwischenwahlen werden vor allem durch die Fähigkeit der Parteien, ihre Kernwähler an die Urne zu bringen, entschieden. Diese Parteibasis muss motiviert werden durch den amtierenden Präsidenten oder Themen, die dazu motivieren, an die Wahlurne zu gehen. Beide Aspekte favorisieren in den letzten Wochen die Republikaner. Dies liegt auch an der Wahrnehmung der Bevölkerung, dass sich das Land in die falsche Richtung bewegt – 70 % der Menschen im Land stimmen dieser Aussage zu. Dazu kommt ein Präsident, dessen Beliebtheitswerte niedriger sind als die von Donald Trump bei den Zwischenwahlen 2018, bei denen die Republikaner hohe Verluste einstecken mussten.

Während des zwischenzeitlichen Hochs in den Wahlumfragen im Sommer glaubten die Demokraten mit dem Thema Recht auf Schwangerschaftsabbruch ihre Basis dauerhaft motivieren zu können, in überdurchschnittlicher Zahl an die Wahlurnen zu gehen und stellten dieses Thema in den Mittelpunkt ihrer Kampagnen. Gleichzeitig entwickelten sie kaum Narrative, die auf die wirtschaftlichen Erwartungen und Befürchtungen der Wählerschaft zugeschnitten. Dies könnte jetzt bestraft werden, da sich die Stimmung gegen sie gedreht hat.

Unter den Experten herrscht die Meinung, dass die Republikaner im Repräsentantenhaus die Mehrheit gewinnen werden. Die angesehenen Datenanalysten von fivethirtyeight geben einer solchen Mehrheit derzeit eine Wahrscheinlichkeit von deutlich über 80 Prozent. Historisch hat die Oppositionspartei im Schnitte 25 Sitze dazu gewonnen – schon deutlich geringere Zugewinne würden reichen.

In wichtigen Senatswahlen sieht es für die Demokraten besser aus. Inzwischen hat jedoch auch hier ein Sieg der Republikaner eine Wahrscheinlichkeit von knapp über 50 Prozent. Mehrere demokratische Kandidaten stehen dabei von Trump dezidiert unterstützten Gegnern gegenüber und liegen vorne. Zu den Rennen gehören die Senatswettbewerbe in Pennsylvania, Georgia, Arizona und Ohio. Für die demokratischen Kandidaten ist bei keinem dieser Rennen der Sieg garantiert. Aber in all diesen Auseinandersetzungen wird eine überdurchschnittlich motivierte demokratische Basis gemessen – vor allem wegen der Gegnerschaft zu Trump.

Interessant ist, dass ein Thema im Wahlkampf so gut wie keine Rolle spielt: Die immensen Beträge, die die amerikanische Regierung in die Ukraine überweist. Dies ist im Moment fast das einzige Thema, bei dem sich die beiden Parteien nicht streiten und somit auch kein Wahlkampfthema.

Nach der Wahl ist vor der Wahl

Am Tag nach der Zwischenwahl rückt die Präsidentschaftswahl 2024 in den Mittelpunkt des Interesses. Die Ergebnisse sind wichtig für Donald Trump’s Aussichten, wieder nominiert zu werden. Er hat sich sehr stark bei der Auswahl der Kandidatinnen und Kandidaten in wichtigen Wahlkämpfen engagiert - wenn seine Unterstützer nicht gewinnen, wird die Diskussion über die Zukunft von Donald J Trump in der republikanischen Partei immer lauter werden.

Falls die Demokraten die Mehrheiten im Kongress verlieren, muss dies nicht unbedingt zum Nachteil für Präsident Biden sein, der dann gegen destruktive Republikaner im Kongress Wahlkampf machen kann. Bill Clinton 1996 und Barak Obama 2012 haben dies erfolgreich vorgemacht – wenn er denn noch einmal kandidiert. Eine lange und spannende Wahlnacht steht bevor – und es besteht die realistische Möglichkeit, dass über die die Mehrheit Senat erst vier Wochen später bei einer Stichwahl in Georgia entschieden wird, wie es bereits vor zwei Jahren passierte. Diese Stichwahl wird notwendig, wenn kein Kandidat im ersten Wahlgang mehr als die Hälfte der Stimmen bekommt.