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Afrika
Der Kampf ums Klima beginnt am Kochtopf

Der illegale Handel mit Holzkohle und Brennholz gefährdet die afrikanischen Wälder
Kohle
© Antony Adoyo Otieno

Vom 4. bis zum 8. September ist Kenia Gastgeber des Africa Climate Week, einer von vier Regionalen Klima Wochen im Vorfeld der COP 28 in Dubai, der nächsten großen UN Klimakonferenz. In Nairobi diskutieren Politiker, Praktiker, Wirtschaft und Zivilgesellschaft über Maßnahmen gegen den Klimawandel in Afrika. Die Herausforderungen liegen direkt vor der Tür, aber einfache Lösungen gibt es nicht. Das zeigt das Beispiel Holzkohle.

Holzkohle gehört zum Straßenbild von Nairobi. Auf den vielen Märkten der Stadt bieten Händler den Brennstoff offen an – in großen Säcken à 35 Kilogramm oder in alten Dosen mit zwei Kilo für den Tagesbedarf.

Immerhin jeder vierte Haushalt in Nairobi und den anderen Städten des Landes kocht mit Holzkohle oder Brennholz. In den ländlichen Regionen sind es über neunzig Prozent. Das macht im Landesdurchschnitt zwei Drittel der Haushalte.

Dabei dürfte es den Handel mit Holzkohle schon seit 2017 gar nicht mehr geben. In dem Jahr wurde das Gesetz gegen illegalen Holzeinschlag verabschiedet, das auch den Transport und Verkauf von Holzkohle verbietet. Waldbesitzer dürfen zwar Holzkohle produzieren, aber nur mit einer Lizenz und nur für den Eigenbedarf. Für den Schmuggel von Holzkohle drohen harte Strafen: 70 US-Dollar pro Sack oder drei Monate Gefängnis.

Wie kann es sein, dass die Märkte trotzdem voll sind? Im Vergleich zu den Gewinnen, die die Händler mit dem illegalen Geschäft machen, sind die Strafen gering. In der Realität kommt es ohnehin selten zu Verfahren. Viele Inspektoren, Polizisten, Politiker oder Mitarbeiter des Kenya Forest Service, die eigentlich den Schutz der Wälder überwachen sollen, sind beteiligt an den Kartellen, die den Schmuggel organisieren. 70 Dollar ist das übliche Schmiergeld für sie – unabhängig von der Anzahl der Säcke oder LKW.

So findet der illegale Holzkohlehandel weitgehend unbehelligt statt und mit ihm der illegale Holzeinschlag. Der zerstört insbesondere die wertvollen, natürlichen Wälder. Besonders dramatisch ist die Situation in den von Dürre bedrohten Regionen im Norden des Landes. Akazien sind hier der letzte Schutz gegen die Verwüstung, bis sie zu Holzkohle verarbeitet am Straßenrand zum Kauf angeboten werden.

Das Abholzen steht im Widerspruch zu den erklären Aufforstungszielen der kenianischen Regierung. „Lasst uns 15 Milliarden Bäume pflanzen“ verkündet das Ministerium für Umweltschutz, Klimawandel und Forstwirtschaft ganz aktuell von großen Plakaten. Bis zum Jahr 2032 sollen 30 Prozent der Fläche Kenias mit Bäumen bedeckt sein, so das Versprechen. Aktuell sind es zwölf Prozent.

Mindestens so sinnvoll wie das Aufforstungsprogramm wäre ein effektiver Schutz der bestehenden Wälder. Doch für Viele überraschend hat die kenianische Regierung im Juli 2023 das Verbot von Holzeinschlag aus dem Jahr 2017 per Präsidialerlass aufgehoben. An die Stelle getreten ist das so genanntes „Responsible Forest Management“. Danach dürfen bestimmte Waldflächen für den Anbau von Nahrungsmitteln oder die nachhaltige Produktion von Brennholz oder Holzkohle genutzt werden. Angesichts der Wirtschaftskrise will die Regierung auf diese Weise Arbeitsplätze schaffen und günstige Brennstoffe bereitstellen. Der Aufschrei von Umweltverbänden und Medien ist groß. Sie befürchten, dass die Zerstörung der Wälder nun noch schneller voranschreitet. 

Doch wie könnten sinnvolle Maßnahmen zum Schutz der afrikanischen Wälder aussehen? Eine effektive Durchsetzung von Gesetzen und die Bekämpfung von Korruption wären ein Anfang. Aber das ist in Kenia und den meisten Staaten Afrikas schwer zu erreichen. Zusätzlich braucht es in jedem Fall Angebote für die geschätzt 700.000 Menschen, die in Kenia mit Produktion und Handel von Holzkohle ihren Lebensunterhalt verdienen.  Ohne alternative Einkommensquellen werden sie immer Wege finden, Verbote zu umgehen.

Genauso brauchen Millionen kenianischen Haushalte bezahlbare Energiequellen zum Kochen.  Flüssiggas und Strom sind zwar theoretisch verfügbar, aber für die meisten Kenianer unerschwinglich. Auch für den Kauf von Solar-Öfen oder brennstoffsparenden Holzöfen fehlt meist das Geld. So gibt es zumindest für eine Übergangszeit keine Alternative zu einer kontrollierten und nachhaltigen Produktion von Brennholz und Holzkohle. Entscheidend wäre, dass diese einhergeht mit einem wirksamen Schutz der wertvollen natürlichen Wälder und der Bäume in den ariden und semiariden Gebieten. Aber da klaffen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander. Es gibt viel zu besprechen auf der African Climate Week.