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Ehrung
Zur Einführung

Prof. Dr. Jürgen Morlok beim Stabwechsel 2018

Prof. Dr. Jürgen Morlok beim Stabwechsel 2018

© Wolfgang Borrs / franknuernberger.de

Am 31. Dezember 2018 hat Dr. Wolfgang Gerhardt sein 75. Lebensjahr vollendet. Kurz zuvor, am 25. September 2018, hat er sein Amt als Vorsitzender des Vorstandes der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit an Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué übergeben. Aus diesen beiden Anlässen möchte die Stiftung ihn mit einer Festschrift ehren.

Wir möchten mit der Schrift versuchen, in einzelnen Beiträgen vieler Begleiterinnen und Begleiter den Lebenslauf Wolfgang Gerhardts in vielen Facetten nachzuzeichnen. Einige Beiträge betreffen die Marksteine, die sein Leben bestimmt haben: seine Kindheit und Jugend, die Studentenjahre, den Weg in die Politik und an die Spitze von Partei, Fraktion und Stiftung. Andere porträtieren den Menschen Wolfgang Gerhardt in seiner persönlichen Vielfalt. Wir wollen aufzeigen, dass der Weg, den Wolfgang Gerhardt in den vergangenen siebeneinhalb Jahrzehnten, von der Kindheit am Vogelsberg über Wiesbaden, Bonn, Berlin und Potsdam gegangen ist, eine klare Richtungsanzeige gehabt hat: immer geradeaus, immer für die Freiheit!

Als Wolfgang Gerhardt im Mai 2006 den Vorsitz des Vorstandes der Friedrich-Naumann-Stiftung übernahm, war er noch aktiver Abgeordneter des Deutschen Bundestages. In seiner neuen Funktion als Vorsitzender des Vorstandes der liberalen Stiftung in Deutschland, der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, bezog er immer wieder Positionen zu wichtigen politischen Fragen und wurde dabei in beispielhafter Weise dem Auftrag einer politischen Stiftung gerecht, politische Bildung im In- und Ausland zu vermitteln und dabei jenseits des oft kurzlebigen Parteienstreits über den Tag hinaus zu denken. Er verschaffte damit liberalen Positionen große öffentliche Aufmerksamkeit und gab gleichzeitig der inhaltlichen Arbeit unserer Stiftung klare Leitlinien. Doch er wirkte weit über die Stiftung und den organisierten Liberalismus hinaus, stieß Diskussionen an und beeinflusste die öffentliche Meinung zu wichtigen Zukunftsfragen nachhaltig.

Mit seinen Veranstaltungen und Artikeln griff er immer wieder Themen auf, die ihm am Herzen lagen, wies auf gesellschaftliche und politische Missstände hin, warnte vor falschen Erwartungen und warb für einen Liberalismus im Sinne von mehr „Freiheit und Fairness“.

Mit seinen Vorträgen quer durch die Republik ist er auf viel Zuspruch gestoßen. Wolfgang Gerhardt kann Menschen für den Liberalismus begeistern. Das stimmte uns zuversichtlich und machte uns und vielen anderen liberal gesinnten Menschen in Deutschland Mut, gerade in der Zeit, als der politisch organisierte Liberalismus nach dem Ausscheiden der FDP aus dem Deutschen Bundestag im Jahr 2013 sich in seiner schwersten und bedrohlichsten Krise seit 1945 befand.

Doch die Liberalen sind krisenerprobt und krisenfest: Vor über 100 Jahren hat Friedrich Naumann seine berühmte Schrift über die „Leidensgeschichte des deutschen Liberalismus“ verfasst und wollte dem Liberalismus wieder zu Erfolg und Aufstieg verhelfen. Dafür hat er uns einen – wie ich finde bis heute – ganz ordentlich klugen Rat gegeben.

Wenn sich der Liberalismus erneuern wolle, dann müsse er „bis zur untersten Tiefe seiner eigenen Prinzipien hinabsteigen und aus dieser seiner alten Brunnenstube neues Wasser herausholen.“1 Diese Weisheit hat Wolfgang Gerhardt umgesetzt und den Menschen in Deutschland vermittelt.

Die Friedrich-NaumannStiftung für die Freiheit – Historie und politischer Auftrag

Wolfgang Gerhardt hat im Laufe seines Lebens in herausragenden Ämtern, sowohl in der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit als auch in der FDP, gewirkt und sich dabei immer mit ganzer Kraft für unser Gemeinwohl eingesetzt. Er war nie nur ein „spectateur engagé“, ein engagierter Beobachter2 (Dahrendorf), der immerzu beschreibt und analysiert und urteilt, aber nie handelt. Vielmehr ist Wolfgang Gerhardt ein engagierter Intellektueller, der beschreibt, analysiert, urteilt und dann vom Tatendrang geleitet für seine Überzeugungen einsteht.

er Kuratoriumsvorsitzende Jürgen Morlok (l.) mit Wolfgang Gerhardt (4.v.l.) und dem neuen Vorstand (v.l.n.r.): Manfred Richter, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Karl-Heinz Paqué, Bettina Stark-Watzinger, Michael Link
Der damalige Kuratoriumsvorsitzende Jürgen Morlok (l.) mit Wolfgang Gerhardt (4.v.l.) und dem neuen Vorstand (v.l.n.r.): Manfred Richter, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Karl-Heinz Paqué, Bettina Stark-Watzinger, Michael Link 2018. © Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Geistiges Fundament seines Wirkens ist der Liberalismus. Der Mensch als das Maß aller Dinge und das Leben des Einzelnen in Freiheit sind dabei die Grundpfeiler. Er hat immer wieder an diese Grundnormen erinnert, die oberstes Gebot bei der Gestaltung der politischen und wirtschaftlichen Ordnung einer demokratisch verfassten Gesellschaft sein müssen. Aber mit der Freiheit geht für jeden Bürger immer auch ein Stück Verantwortung einher. Auch daran hat er immer wieder mit Leidenschaft erinnert. Erst in der Freiheit, für sich selbst und andere Verantwortung zu übernehmen, stellt sich die Gerechtigkeit, die Fairness gegenüber dem einzelnen Individuum und der Gesellschaft ein.

Eine Selbstverständlichkeit ist das heute nicht mehr. Die Freiheit ist in den vergangenen Jahren sogar stark unter gesellschaftlichen Druck geraten. Immer weniger wird Freiheit als ein „unbedingter“, als ein Wert an sich verstanden. Freiheit darf vielmehr nur solange gelten, bis sie auch Gerechtigkeit gewährleistet. Das an sich wäre im Grunde gar nicht falsch, schließlich fußt der Liberalismus auf diesen zwei sich gegenseitig bedingenden Prinzipien: Freiheit und Fairness. Doch sieht es so aus, als wäre die Gerechtigkeit einem Wertewandel unterzogen worden; sie wird nur noch als „soziale Gerechtigkeit“ geführt und meint zunehmend soziale Gleichheit. Diesem Gerechtigkeitsbegriff ordnet sich die Politik immer mehr unter und nimmt Beschneidungen der Freiheit hin. „Was haben wir aber“, fragte der Zeithistoriker Paul Nolte in einem Zeitungsartikel, „von einer sozialen Gerechtigkeit der Verteilung, wenn alle arm sind und unfrei? Eine solche Gesellschaft ist weder frei noch fair.“

Wolfgang Gerhardt wurde im April 2006 vom Kuratorium der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit zum Vorsitzenden des Vorstandes gewählt und unterstützte seitdem tatkräftig unsere Aufgabe, die liberale politische Bildung im In- und Ausland zu fördern.

Politische Stiftungen sind eine deutsche Besonderheit, um die uns Europa und viele Teile der Welt beneiden. Verortet auf der Seite des Geistes, aber doch an der politischen Praxis orientiert – wie es einmal unser ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Stiftung, Lord Dahrendorf, ausdrückte – stellen sie eine Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politikpraxis dar und erlauben sich, „Linien und Richtpunkte des Handelns“ jenseits einer Legislaturperiode zu formulieren. Politische Stiftungen sind unabhängig, gleichwohl gehören sie politischen Richtungen an, so wie die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit ein Teil der Liberalen in der Bundesrepublik ist.

Dass jede demokratische politische Kraft die Möglichkeit hat, nicht nur durch den Wettbewerb um die parlamentarische Arbeit für ihre Ideen zu werben, sondern sie auch durch politische Bildung zu vermitteln, ist ein großes Freiheitsprivileg. Die öffentliche Finanzierung der politischen Stiftungen ist angemessen und gerechtfertigt, weil sie durch ihre Arbeit gleichzeitig die Aufgabe wahrnehmen, den freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat zu stärken.

Die Geschichte hat uns gelehrt, wie lebensnotwendig der Erhalt der politischen Meinungsvielfalt ist. Die Geschichte hat uns auch gelehrt, wie wichtig es ist, Politik wachsam und kritisch zu prüfen und allzu leichte Lösungsangebote ruhig mal zu hinterfragen. Die Geschichte hat uns auch gelehrt, wie wesentlich es ist, den Menschen Instrumente an die Hand zu geben, um als Staatsbürger selbst Politik machen zu können. Politische Stiftungen sind „Staatsbürgerschulen“, um einen Begriff von Friedrich Naumann, dem Namensgeber unserer Stiftung, aufzugreifen.

Friedrich Naumann, dieser „Pfarrer a. D.“, wie er im Reichstagshandbuch von 1907 auftaucht, verstand sich als politischer Volkserzieher. Die Lehre Naumanns, dass es einen Grundanspruch auf Teilhabe und eine Grundausstattung an Bildung in einer Staatsbürgergesellschaft geben muss, sollte der Leitfaden der Stiftung werden – und diese Tradition prägt uns bis heute.

Als die Stiftung ihren 40. Gründungstag beging, gab der damalige Bundespräsident Roman Herzog in seiner Festrede zu bedenken, dass der Konsens zwischen Staat und Bürger sich nicht gleichsam naturgesetzlich herstelle, sondern eine „immer neu zu verhandelnde Beziehung“ sei, die gelernt werden müsse. Er bezog sich dabei auf das Anliegen der „Staatsbürgerschule“, einer Einrichtung für politische Erwachsenenbildung, die der Namensgeber der Stiftung, Friedrich Naumann, im Mai 1918 gegründet hatte, am Berliner Spreeufer mit großzügiger Unterstützung durch den schwäbischen Unternehmer Robert Bosch.

Nach Naumanns Tod im August 1919 ging aus der „Staatsbürgerschule“ die „Deutsche Hochschule für Politik“ hervor, die zu einer der angesehensten außeruniversitären Bildungsinstitutionen der Weimarer Republik wurde. An ihr lehrten viele große Geister der Weimarer Republik wie Gustav Radbruch, Walter Rathenau, Friedrich Meinecke, Gertrud Bäumer, Marie-Elisabeth Lüders und natürlich auch Gustav Stresemann.

Die „Deutsche Hochschule für Politik“ ging nach dem 2. Weltkrieg in das bekannte „Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin“ über.

In einer seiner letzten öffentlichen Reden hat Naumann sein Anliegen noch einmal auf den Punkt gebracht: „Wenn wir Republikaner sein wollen, müssen wir ein anderes Bildungsideal haben als bisher. Vom Untertanen verlangt man keine Staatskenntnisse, aber vom Bürger. Der Untertan zahlt Steuern, gehorcht und spielt Klavier oder Skat, der Bürger braucht noch etwas mehr.“

Oder in meinen Worten ausgedrückt: Demokraten wachsen nicht auf Bäumen, die man dann – je nach Bedarf – abpflücken kann, sondern zu Demokraten wird man herangebildet.

Und gerade eine freiheitliche Gesellschaft braucht Staatsbürger, die einerseits die politischen Tugendwächter und Ordnungsrufer nicht zur Ruhe kommen lassen und andererseits den Denkfaulen und Patentrezeptinhabern den Schlaf rauben.

Die wichtigsten Vorstandsbeschlüsse von 2006 bis 2017

Darauf wollte Wolfgang Gerhardt mit der politischen Bildungsarbeit der Friedrich-Naumann-Stiftung reagieren, den Wert der Freiheit betonen und das Bewusstsein für ihre Gefährdungen neu verankern. Dies gilt für die Inlandsund Auslandsarbeit, die auf dem Grundsatz beruht, dass Freiheit Entwicklung und Frieden fördert.

Sein Grundsatz: „Jeder Mensch braucht Freiheit, um seine Anlagen und Fähigkeiten entfalten und sich verwirklichen zu können. Ohne Freiheit ermüdet der menschliche Geist, verfallen Kulturen und Wissenschaft, stagniert die Wirtschaft. Geistiges Leben braucht Freiheit genauso, wie der Körper die Luft zum Atmen.“

Gleich nach Übernahme des Vorsitzes des Vorstandes durch Wolfgang Gerhardt hat die Friedrich-NaumannStiftung ihren traditionsreichen Namen um den zentralen Grundwert unserer Gesellschaft erweitert: den der FREIHEIT.

Der Name ist Programm: Die Stiftung möchte damit unmissverständlich und sichtbar klarstellen, dass sie sich als eine Wortführerin der Freiheit im Sinne von Selbstbestimmung und Selbstverantwortung versteht. Dies war und bleibt der Kompass der Stiftungsarbeit.

Vor diesem Hintergrund sollen hier einige wenige, aber dafür richtungsweisende Beschlüsse des Vorstandes der Stiftung unter dem Vorsitz von Wolfgang Gerhardt erwähnt werden.

In den folgenden Jahren erhielten beispielsweise der Literaturnobelpreisträger und langjährige Stiftungspartner Mario Vargos Llosa, die türkischstämmige Autorin Necla Kelek, der Philosoph Wolfgang Kersting, der frühere schweizerische Bundespräsident Kaspar Villiger und zum Ende der Amtszeit von Wolfgang Gerhardt der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck den Preis.

Die 2007 erstmals durchgeführte, jährlich stattfindende Veranstaltung „Berliner Rede zur Freiheit“ am Brandenburger Tor fand ebenfalls bundesweite Beachtung. Erster Redner in dieser Reihe war der ehemalige Richter des Bundesverfassungsgerichtes Udo di Fabio, und zum Ende der Amtszeit von Wolfgang Gerhardt hielt der britische Historiker und Schriftsteller Timothy Garton Ash, Direktor des European Studies Centre am St. Antony´s College der University of Oxford, die 12. Berliner Rede zur Freiheit.

Als erste Großveranstaltung unter dem Freiheitsthema fand im November 2006 am historischen Ort in der Frankfurter Paulskirche erstmals die Verleihung des Freiheitspreises der Stiftung vor mehr als 1.200 Gästen an Hans-Dietrich Genscher statt. Der Bundespräsident a. D. Richard von Weizsäcker hielt in Anwesenheit der früheren Außenminister Skubiszewski und Dienstbier aus Polen bzw. Tschechien die Laudatio.

In den folgenden Jahren erhielten beispielsweise der Literaturnobelpreisträger und langjährige Stiftungspartner Mario Vargos Llosa, die türkischstämmige Autorin Necla Kelek, der Philosoph Wolfgang Kersting, der frühere schweizerische Bundespräsident Kaspar Villiger und zum Ende der Amtszeit von Wolfgang Gerhardt der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck den Preis.

Die 2007 erstmals durchgeführte, jährlich stattfindende Veranstaltung „Berliner Rede zur Freiheit“ am Brandenburger Tor fand ebenfalls bundesweite Beachtung. Erster Redner in dieser Reihe war der ehemalige Richter des Bundesverfassungsgerichtes Udo di Fabio, und zum Ende der Amtszeit von Wolfgang Gerhardt hielt der britische Historiker und Schriftsteller Timothy Garton Ash, Direktor des European Studies Centre am St. Antony´s College der University of Oxford, die 12. Berliner Rede zur Freiheit.

Mit dem Ziel, „Marketing für die Freiheit“ zu betreiben, kamen auf die Stiftung neue wichtige Aufgaben zu. Für ihre Bewältigung wurde eine neue Arbeitseinheit mit dem Namen „Redaktion der Freiheit“ geschaffen. Zu ihren Aufgaben gehörten neben der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, der Durchführung der Reden zur Freiheit, dem Freiheitskongress und dem Freiheitspreis auch das Marketing für die Freiheit, Aufgaben, die inzwischen um Social Media und die Fortentwicklung der Zeitschrift „liberal“ erweitert wurden.

Ein Relaunch der Zeitschrift „liberal“ sollte ihr politisches Gewicht und ihre Attraktivität deutlich steigern und die Wirkung in anderen Medien stärken. Ein attraktiveres Design, eine dialogorientierte Internetplattform, ein intensiviertes Marketing und eine professionell arbeitende Redaktion waren dafür die Basis. Seit der Ausgabe 2/2012 erscheint „liberal“ mit wachsendem Erfolg.

Im Jahre 2008 feierte die Stiftung vor großer Kulisse im Bonner Bundeshaus ihr 50-jähriges Jubiläum, an dem auch der damalige Bundespräsident Horst Köhler sprach. Lord Dahrendorf, in den 1980er Jahren Vorsitzender der Stiftung, unterstrich in seinem Festvortrag die Notwendigkeit der Neuorientierung und Namensänderung.

Bedeutsame Veranstaltungsreihen wurden 2010 mit dem Walter-Scheel-Kolloquium und der Dahrendorf Lecture in Freiburg – gemeinsam mit der Badischen Zeitung und der ZEIT-Stiftung & Bucerius Law School – begründet.

Wolfgang Gerhardt selbst begann eine Serie von eigenen Veranstaltungen unter dem Titel „Freiheit und Fairness“ in allen Regionalbüros, und die Stiftung wurde mit dem eureleA Award (European Award for Technology Supported Learning) auf der Computermesse CeBIT für ihre beispielhaften Aktivitäten im Bereich der elektronischen Medien ausgezeichnet.

Nach dem für die FDP desaströsen Wahlergebnis der Bundestagswahl 2013 haben die Gremien der Stiftung (Vorstand und Kuratorium) ein Sofortprogramm erarbeitet und im Dezember 2013 beschlossen, um die Stiftung strategisch, thematisch und organisatorisch bis zum Jahr 2017 neu auszurichten.

Außerdem musste der Übergang in der hauptamtlichen Geschäftsführung der Stiftung vom altershalber ausscheidenden, langjährigen Geschäftsführenden Vorstandsmitglied, Dr. h. c. Rolf Berndt, zum neuen Hauptgeschäftsführer, Staatssekretär a. D. Steffen Saebisch, zum 1. Oktober 2014 bewältigt werden.

Außerdem musste der Übergang in der hauptamtlichen Geschäftsführung der Stiftung vom altershalber ausscheidenden, langjährigen Geschäftsführenden Vorstandsmitglied, Dr. h. c. Rolf Berndt, zum neuen Hauptgeschäftsführer, Staatssekretär a. D. Steffen Saebisch, zum 1. Oktober 2014 bewältigt werden.

Ebenso wurden eine inhaltliche und organisatorische Reform der Begabtenförderung erarbeitet und zusätzlich zum bisherigen Stipendienprogramm bis zu jeweils sechs neue Promotionsstipendien (Lambsdorff-, Genscher- und Westerwelle-Stipendium) im Gedenken an die Namensgeber neu geschaffen.

Noch unter dem Vorsitz von Wolfgang Gerhardt hat 2017 der Vorstand die strategischen Ziele für den Zeitraum bis 2022 erarbeitet und die notwendigen Maßnahmen zu deren Umsetzung bereits in Auftrag gegeben. Der neue Vorstand – unter Vorsitz von Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué – steht vor vielen neuen reizvollen Aufgaben, die er mit einer von Wolfgang Gerhardt gut aufgestellten Stiftung und ihren engagierten und kompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angehen kann.

Der Politiker Wolfgang Gerhardt – Eine Ausnahmeerscheinung

Der herausragende Einsatz von Wolfgang Gerhardt für die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit ist ohne sein umfassendes Engagement für die FDP nicht vorstellbar.

In Wiesbaden, in Hessen begann seine politische Karriere. Vom persönlichen Referenten des hessischen Ministers des Inneren über die Mitgliedschaft im hessischen Landtag, als Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion in Hessen und Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag bis hin zum Bundes- und anschließend Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion.

FDP-Vorsitzende haben es nie leicht gehabt. Denn es war nie einfach, liberal gesinnte Bürger von Besitz und Bildung politisch zu vereinen. Mit geduldiger Loyalität war nicht zu rechnen, manchmal eher mit Selbstgerechtigkeit statt liberaler Nachsicht. Und exzentrischer Klamauk war auch nicht sein Ding.

Wolfgang Gerhardt ist eben ein „Repräsentant des klassischen Liberalismus, der sich fest im bürgerlichen Lager ansiedelte, Wert auf Bildung, Distanz, Diskretion und Seriosität legte“5 , so in einem FAZ-Artikel der Politikwissenschaftler Prof. Franz Walter.

Ich weiß, dass Wolfgang Gerhardt – obwohl Hesse – eine nachdenkliche und bedenkenswerte Weisheit des schwäbischen liberalen Politikers Reinhold Maier, dem ersten Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, immer sehr ernst genommen hat.

Reinhold Maier war jegliche politische Abgehobenheit zutiefst zuwider. „Es mag einer noch so hoch gestiegen sein, er darf nicht vergessen, woher er selbst gekommen ist.“ So lautet ein vielzitierter Ausspruch Reinhold Maiers aus seiner berühmten Schorndorfer Rede von 1959. In diesem Sinne wäre die politische Klasse gut beraten, etwas mehr Demut walten zu lassen, zumal das Auftreten mancher Politiker eher an die Inszenierung der eigenen Bedeutungs- und Konzeptionslosigkeit erinnert als an die Umsetzung zielführender Gestaltungsmacht. Auf Dauer kann nämlich operative Hektik geistige Windstille nicht ersetzen.

Eine solch explizite Bodenhaftung war bei Reinhold Maier kein rhetorischer Kniff, um auf platte Weise Volksverbundenheit zu demonstrieren. Vielmehr sah er eine derartige Einstellung als Kernelement der volksparteilichen Tradition Südwestdeutschlands: „Es muss vom hohen Regierungs-Kothurn herabgestiegen werden und das Volk umworben, sein Vertrauen erbeten werden.“ Das ist eine der zentralen Botschaften in seiner Festrede zum 100-jährigen Jubiläum der Demokratischen Volkspartei.

Solche Volksverbundenheit war etwas völlig anderes als berechnender Populismus, den man heute in Deutschland, in Europa und auch in den USA besichtigen kann. Für Wolfgang Gerhardt war und ist eines klar: Politik überzeugt durch Inhalt und Person. Wir brauchen in den Parteien immer genügend Frauen und Männer mit dieser Qualifikation, sonst wird die Schere zwischen politischer Erwartung und Aufgabenerledigung immer größer, mit der entsprechenden fatalen Konsequenz in den Wahlergebnissen. Oder anders formuliert: Wir brauchen sowohl politische Professionalität als auch Idealismus und Bürgernähe gleichzeitig, also eine Mischung, wie sie von Klaus Scholder einmal in Anspielung auf Reinhold Maier mit dem schwäbischen Bonmot „ebbes Bäck ond ebbes Doktor“ treffend beschrieben worden ist. Gerade die Liberalen fallen und stehen mit den Menschen, die politisch professionell arbeiten, aber auch gleichzeitig den Kontakt zum Bürger haben und mit dem Bürger reden und ihn von der Sache überzeugen können.

Wolfgang Gerhardt gehörte und gehört zu dieser Art von Politiker. Zum Glück für die FDP und die FriedrichNaumann-Stiftung für die Freiheit.

Gerade die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit ist Wolfgang Gerhardt für seinen unermüdlichen Einsatz um die Profilierung und innovative Weiterentwicklung der Stiftung zu großem Dank verpflichtet, den wir – Kuratorium, Vorstand und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stiftung – mit dieser Festschrift respektvoll abstatten wollen.

Verbunden mit den besten Wünschen auf ein weiterhin erfülltes, glückliches und gesundes Leben.