EN

Europa
Europa braucht Fürsprecher!

Ein leidenschaftliches Plädoyer für Europa und seine Fürsprecher - Otto Fricke MdB auf dem Neujahrsempfang der Theodor-Heuss-Akademie
Otto Fricke MdB auf dem Neujahrsempfang der Theodor-Heuss-Akademie

Otto Fricke MdB inmitten seines Publikums

© Theodor-Heuss-Akademie

„Europa ist ein Raum der Freiheit, ein Raum der Chancen, ein Raum der Selbstverwirklichung“ – Otto Fricke MdB, diesjähriger Gastredner beim traditionellen Neujahrsempfang der Theodor-Heuss-Akademie, wusste sein Publikum mit einem starken Plädoyer für Europa einzunehmen. Dabei ließ der weithin anerkannte Haushaltspolitiker nicht etwa Zahlen für Europa sprechen, sondern entwarf ein lebendiges Bild von einem Europa, das mit seinen Unterschieden und Verständnisproblemen zu kämpfen habe und gleichzeitig nicht vergessen dürfe, wo es gerade im globalen Wettbewerb stehe.

Otto Fricke MdB auf dem Neujahrsempfang der Theodor-Heuss-Akademie

Otto Fricke MdB inmitten seines Publikums

© Theodor-Heuss-Akademie

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union seien wie eine große Familie, mit nahen, fernen und ganz fernen Verwandten. Dabei sei der nahe Verwandte nicht immer auch der nette. Fricke warb für mehr Verständnis zwischen den Familienmitgliedern – nicht nur, weil man sich seine Verwandtschaft eben nicht herauspicken könne, sondern weil man auch in einer Familie immer versuchen müsse, die Macken, die Besonderheiten, die individuellen Erfahrungen und Sichtweisen der jeweils anderen Familienmitglieder zu berücksichtigen. Mit dieser Herangehensweise werde es einfacher, einander zu verstehen und teils nur kommunikative Differenzen zu überbrücken. Und wer erwarte schon von seinen Verwandten, dass diese die eigene Sicht zu hundert Prozent teilen? Damit zeigte Fricke auch Verständnis für Unterschiede in der Mentalität und Sicht auf politische Probleme. Aber auch dies könne sich, je nach Thema, schnell wieder anders darstellen. Wichtig sei dabei, dass man seine eigene Blickweise nicht immer als alternativlos darstelle und den Blick anderer respektiere – oder ihn doch zumindest in Verhandlungen berücksichtige.

Als Beispiel für die unterschiedlichen Blickwinkel führte er einen in den Niederlanden häufiger geäußerten Wunsch an, Deutschland solle bitte in Europa mehr „Leadership“ übernehmen -  Fricke frage dann gerne zurück, ob die Fragesteller wüssten, was „Leadership“ auf Deutsch übersetzt heiße. Denn, dass in der öffentlichen Debatte und Wahrnehmung in Deutschland - bedingt durch die eigene Geschichte - „Führerschaft“ sehr skeptisch gesehen werde, leuchte den Fragestellern ein. Gleichzeitig sei diese „typisch deutsche“ Befindlichkeit auch wieder etwas, das im Ausland mit Unverständnis betrachtet werde.

Die Gäste der ersten Reihe

(v.l.n.r.) Frank Helmenstein (Bürgermeister von Gummersbach), Otto Fricke MdB,Claudia Bögel (Bürgermeisterin von Steinfurt) Hoyer, Klaus Füßmann, Jörg Kloppenburg (Kreisvorsitzender der FDP Gummersbach), Mario Burow (Bereichsleiter Bildung der FNF)

Fricke beschrieb in seiner Rede auch die Notwendigkeit, die Zukunft Europas wieder mit Leben zu füllen. „Wir sind uns nicht mehr bewusst, wo wir hingehen. Wir wissen, woher wir kommen!“ Aber genauso wie Parteien nicht für vergangene Leistungen gewählt werden, sondern für ihre Zukunftsversprechen, müsse Europa ebenfalls wieder ein Versprechen für die Schaffung besserer Lebens- und Wettbewerbsbedingungen sein. Dabei sei auch der Blick auf die Veränderung der globalen Machtverhältnisse wichtig. Deutschland sei allein nur ein kleiner Player im internationalen Kontext, doch auch Europa müsse sich anstrengen, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Das bestimmende Thema in Europa sei aber weiterhin die Migration und damit verbunden die Angst, dass Dinge sich veränderten. Hier könne die Politik Chancen ergreifen und endlich über das Thema diskutieren, was „einen Europäer“ überhaupt ausmache. Nicht an Staatsbürgerschaft oder Genetik, sondern an moralischen Grundwerten, Einstellungen und Handlungen solle sich ein Europäer orientieren und definieren.

Als zweites Bild zeichnete Otto Fricke, ans erste anschließend, Europa als Wohngemeinschaft: Bei aller Unterschiedlichkeit wohne man doch gerne zusammen. „Würden Sie sagen, ich bin stolz darauf, Europäer zu sein?“ fragte Fricke sein Publikum um gleich darauf auszuführen, dass man – bei aller Kritik und doch selbstverständlich - stolz auf dieses Europa sein könne. So oft werde aber über Europa „gemotzt“. „Wo willst Du denn sonst lieber hin?“ sei die richtige Reaktion darauf – er selbst habe noch von niemandem gehört, der lieber woanders leben wolle. Denn unter vielem anderen die Bildungsmöglichkeiten, die Rechte und Chancen in Europa seien dann doch etwas, was die Leute eigentlich stolz mache. Nur, so Fricke, werde das zu selten formuliert – und damit den Feinden Europas zu oft das Feld überlassen.

Fricke endete mit einer leidenschaftlichen und konkreten Bitte an sein Publikum: „Wenn Ihr gefragt werdet, warst Du schon wieder bei der Stiftung, Politik und so“, so Fricke, „dann antwortet doch mal zur Abwechslung mit ‚Ja. Weil mir Europa wichtig ist, weil mir Demokratie wichtig ist, weil Politik wichtig ist. Und was hast Du dafür getan, dass wir hier so leben können, wie wir es tun?‘“

Otto Fricke war Gastredner beim traditionellen Neujahrsempfang der Theodor-Heuss-Akademie in Gummersbach. Im letzten Jahr war Joachim Stamp, damals gerade neu im Amt des stellvertretenden Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen angekommen, Gastredner auf dem #zauberberg.