5. Todestag
Burkhard Hirsch: Eine Ikone des liberalen Rechtsstaats

Burkhard Hirsch prägte den liberalen Rechtsstaat wie kaum ein anderer.
© ADL-FD_0440Kürzlich erst ist Gerhart Baum gestorben. Nun erinnern wir uns an seinen langjährigen Mitstreiter Burkhard Hirsch. Auch fünf Jahre nach seinem Tod vermisst die liberale Familie diese Ikone des liberalen Rechtsstaats. Denn Hirsch besaß zeitlebens einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, ein markantes Rechtsstaatsbewusstsein und ein tief verankertes liberales und soziales Gewissen.
Geboren 1930 in Magdeburg, trat er 1948 der Liberal-Demokratischen Partei (LDP) bei. Nach seiner Flucht in den Westen wurde er bereits 1949 Mitglied der Freien Demokratischen Partei (FDP). Der in Marburg 1961 promovierte Jurist war zunächst als Rechtsanwalt in der Eisen- und Stahlindustrie tätig. Doch bald schon zog es ihn in die Politik. Von 1959 bis 1964 war Hirsch Landesratsvorsitzender der Deutschen Jungdemokraten in Nordrhein-Westfalen. Wie viele Parteipolitiker begann er seine Laufbahn in der Kommune. Zunächst im Rat der Stadt Düsseldorf tätig, war er zwischen 1971 und 1977 Kreisvorsitzender der dortigen FDP. Von 1979 bis 1983 übte er das Amt des Landesvorsitzenden der FDP Nordrhein-Westfalen aus, deren Landesvorstand er bereits seit 1971 angehört hatte. Hirsch war außerdem von 1976 bis 2005 Mitglied des FDP-Bundesvorstands.
Hirsch war geprägt durch die Erfahrungen eines Weltkriegs und zweier Diktaturen auf deutschem Boden. Deshalb war es ihm ein grundlegendes Bedürfnis, für Demokratie, Bürgerrechte und Rechtsstaat einzutreten. Mit Konsequenz und der ihm eigenen Hartnäckigkeit stritt er in allen Funktionen in Staat, Partei und Gesellschaft für diese Ideale. Dabei zeichnete er sich neben der souveränen Beherrschung der Rechtsgebiete durch eine exzellente juristische Detailkenntnis aus. Er vertrat die FDP im nordrhein-westfälischen Landtag ebenso wie von 1980 bis 1998 im Deutschen Bundestag. In Bonn übte Hirsch sein höchstes Staatsamt aus, denn er amtierte von 1994 bis 1998 als Vizepräsident des Bundestages. Besonders eingeprägt hat sich aber seine Tätigkeit als Innenminister in Nordrhein-Westfalen von 1975 bis 1980, denn in seine Amtszeit fiel der Kampf gegen den Terrorismus der Roten Armee Fraktion (RAF).

Vor dem Hintergrund seiner persönlichen Erfahrungen in Ostdeutschland wurde Hirsch insbesondere nach dem Ende seiner aktiven politischen Karriere zu einem wichtigen Gesicht der Bürgerrechtsbewegung in der Bundesrepublik. Durch seine mit Gerhart Baum und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gemeinsam eingereichten Verfassungsklagen hatte er großen Anteil an der hohen gesellschaftlichen Akzeptanz des Bundesverfassungsgerichts. Besonders spektakulär waren seine erfolgreichen Klagen gegen das Luftsicherheitsgesetz und die Vorratsdatenspeicherung in den Jahren 2005 bis 2010. Hirsch hat das bürgerrechtliche Gewissen der jungen Bundesrepublik maßgeblich mitgeprägt. Er hat den Bürgerinnen und Bürgern begreifbar gemacht, was ein gelebter werteorientierter Rechtsstaat bedeutet und welche Mittel jeder in der Hand hält, sich gegen die Beschneidung der persönlichen Freiheiten zu wehren.
Hirschs Erbe tritt eine neue Generation liberaler Politikerinnen und Politiker an, die sich für Bürger- und Menschenrechte in einer zunehmend digitalisierten Welt einsetzen. Die von Burkhard Hirsch vertretenen politischen und gesellschaftlichen Ideale, das Bewusstsein für Bürgerrechte, Privatsphäre und einen werteorientierten Rechtsstaat, sind gerade in der heutigen Zeit hochaktuell.
Hirschs Tod im März 2020 fiel in die Anfangszeit der Corona-Pandemie und deshalb kam es bedauerlicherweise nicht zu einer öffentlichen Gedenkveranstaltung. Um so wichtiger ist es, sein Andenken an seinem fünften Todestag und darüber hinaus in Ehren zu halten.