EN

Brexit
Ohne England kein Europa

Ein Sommer ohne Sonne ist keiner, und Europa ist nicht Europa ohne England
Europa ist nicht Europa ohne England.

Europa ist nicht Europa ohne England.

© picture alliance / NurPhoto

Die Gründerväter des vereinten Europas waren klug: Sie holten die widerspenstigen Briten in ihren Club, weil sie als etwas gelten wollten in der Welt. Dann kam sehr viel später ein konservativer Westminster-Premier, der holte das Plebiszit aus dem Handwerkskasten der Politik mit der Absicht, die eigenen „Freunde“ zu disziplinieren. Der Eingriff klappte jedoch nicht. Ein böser Geist mit Namen „Brexit“ breitete sich aus und trübte die Stimmung in dem stolzen Land ebenso wie im allein gelassenen Kontinent. Der Premier jedoch pfiff sich eins und verließ die Bühne.

Fortan wurde die einst so pragmatische Nation immer chaotischer, und der verschmähte Kontinent immer verstockter. Mit sehendem Auge steuern nun beide auf die Katastrophe zu, so als sehnten sie sich danach, ökonomisch weltweit zu verzwergen.

Dabei war es doch gerade die Verkoppelung der Insel mit dem Kontinent, die globale Aufmerksamkeit erzeugte. Die vereinte Wirtschaftskraft von 28 Ländern hatte in England – mit seiner Sprache, seinen Sitten und Gebräuchen, mit seiner so erfolgreichen Politik, mit seiner Verwobenheit in weiten Teilen der Welt – einen globalen Dosenöffner, der vielerorts gut passte: In Australien, Neuseeland, Kanada, Südafrika, ja sogar in den USA und auch in Indien und Afghanistan.

Europa aber blickte vor allem nach innen. In 28 Ländern sollte nur noch eine Sorte Glühlampen Licht schaffen, sollten die Gurken endlich gerade sein, sollten Fangquoten beachtet und Zuwandererzahlen akzeptiert werden. Im „Parlament“ dieses 28er-Clubs herrscht eine babylonische Sprachvielfalt. Statt einer Regierung leistet man sich drei Exekutiven. Dahinter verstecken sich gut verdienende Bürokraten und die schuriegeln die 28 Länder.

England war weder vor Spanien, noch vor Napoleon, nicht vor Wilhelm II., nicht vor Stalin und besonders nicht vor Hitler in die Knie gegangen. Die Bürokratenschar auf dem Kontinent jedoch ficht das nicht an: Alles soll gleich werden. Sonderrollen sollte es nicht mehr geben –  für Großbritannien keine, ebenso wenig wie für Luxemburg, Malta oder Polen.

Da räsonierten viele auf der Insel: „Haben wir uns nicht immer selbst regiert und dabei die halbe Welt beherrscht?“ Weiter: „Befindet sich die Mutter aller Parlamente nicht in London?“ Und: „Waren die ´Beatles´ nicht  Engländer und keine Europäer“? Schließlich: „Welcher Dichter hat mehr Zulauf als Shakespeare, und der war Engländer!“ Diese Briten entwendeten dem unglücklichen Premier das Handwerkszeug und votierten für „Raus“ – auf Englisch „Brexit“.

Nun schwimmt die Insel ziellos auf dem Ozean. Die „restlichen 27“ streiten sich derweil unter der Decke wie die Kesselflicker:

„Flüchtlinge willkommen?“ – „Ja!“, sagen Deutsche, „Nein!“ antworten Polen.

„Schulden?“ – „Warum nicht?“, säuselt es aus Rom, „Bloß nicht!“, warnt Berlin.

„Ein europäischer Finanzminister?“ – „Bien!“ – „Niemals!“

Die Briten zappeln chaotisch und versuchen, ihr Plebiszit irgendwie zu bewältigen. Der EU-Rest auf dem Kontinent stellt sich stur und lässt sie zappeln. Dabei werden sie schließlich alle verlieren.

Alle sind dabei, zu zerstören, was einmal so hoffnungsvoll erschien.

Ein Europa ohne England gibt es eben nicht! Also baut den Briten endlich Goldene Brücken! Sie wären ja in Zukunft auch nicht nur in eine Richtung befahrbar.

Prof. Dr. Jürgen Dittberner war ehemals Hochschullehrer für Politische Wissenschaft an der Universität Potsdam/MdA und StS a.D.