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Ökonomische und finanzielle Bildung

Von der ökonomischen Bildung hängt viel ab: Einerseits geht es um praktische Fragen der finanziellen Bildung, von der Geldanlage über die Versicherungsauswahl bis hin zum Umgang mit Krediten. Allein schon aus Gründen der Chancengerechtigkeit ist es wichtig, dass diese lebenspraktischen Fragen nicht nur zu Hause besprochen werden, sondern in der Schule für alle Kinder und Jugendliche aufbereitet werden. Zum anderen geht es um die Möglichkeit, grundsätzliche ökonomische Zusammenhänge zu verstehen. Gerade in unserer immer komplexeren Welt ist ein ökonomisches Grundlagenwissen wichtig, um Prozesse wie die Globalisierung einordnen zu können. So betrachtet ist eine wissenschaftlich fundierte ökonomische Grundlagenbildung auch ein wichtiger Teil der Staatsbürgerkunde. Dies zeigt sich auch wieder in der Coronakrise. Aktuell werden viele alte Vorwürfe gegen Marktwirtschaft, Handel und Unternehmertum aufgewärmt.

Leider ist es jedoch um die Vermittlung der ökonomischen Bildung in Deutschland schlecht bestellt. Nur in einigen Bundesländern gibt es einen eigenständigen Wirtschaftsunterricht, der allerdings oftmals in Mischfächern wie Sozialkunde integriert ist. Häufig haben die Lehrerinnen und Lehrer auch keine spezielle wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung. Viele Schülerinnen und Schüler beenden die Schule deshalb ohne eine gute ökonomische Grundbildung.

Einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Situation könnte die flächendeckende Einführung eines Schulfachs Wirtschaft leisten. Hier sollten Wirtschaftsthemen eigenständig unterrichtet werden, ob in einem eigenen Fach oder als Bestandteil eines Kombinationsfachs mit eigenem Wirtschaftslehrplan. Gleichzeitig sollte auch die Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften auf- und ausgebaut werden. So könnten Wirtschaftslehrerinnen und -lehrer eine fundierte Ausbildung erhalten.

Um den Unterricht möglichst praxisnah zu gestalten, sollten auch Unternehmerpersönlichkeiten in Schulbüchern und Klassenräumen vorkommen. Personen und ihre Geschichten können den Zugang zum oft abstrakten ökonomischen Stoff erleichtern. Hier gibt es noch einige Lücken zu füllen, was insbesondere auch für die Darstellung von weiblichen Vorbildern gilt, die in deutschen Schulbüchern fasst überhaupt nicht vorkommen. Dabei könnten Unternehmerinnen und Managerinnen eine wichtige Vorbildfunktion einnehmen – auch mit Blick auf die spätere Berufswahl.

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1. Ökonomische Bildung

Ökonomische Themen spielen bei der Schulbildung keine große Rolle. In den meisten Bundesländern gibt es kein eigenständiges Schulfach „Wirtschaft“. So hängt es aktuell vor allem vom Elternhaus ab, ob über Themen wie Versicherungen oder Kredite gesprochen wird: Unter dem Gesichtspunkt der Chancengerechtigkeit ist dies bedenklich. Das finanzielle Wissen über den Umgang mit Geldanlagen ist bei jungen Menschen wenig ausgeprägt. Auch gesamtgesellschaftlich betrachtet ist dies problematisch, da so beispielsweise finanzielle Lücken bei der späteren Altersvorsorge entstehen. Gleichzeitig gibt es zu wenig Grundlagenbildung über die elementaren Zusammenhänge der Sozialen Marktwirtschaft. Diese Wissenslücken tragen wahrscheinlich zum Ansehensverlust der offenen Marktordnung bei.

Ideen zur Stärkung der ökonomischen Bildung

In einer immer komplexer werdenden Welt ist es wichtig, sich mit den Grundlagen der globalen Wirtschaftsordnung auseinanderzusetzen. Nur so können die Zusammenhänge und Wirkmechanismen einer globalisierten Wirtschaft in ihren Grundsätzen erfasst werden. Eine stärkere ökonomische Grundlagenbildung ist eine Voraussetzung, um das Vertrauen in die offene und freiheitliche Gesellschaft zu stärken. Eine Verbesserung der ökonomischen Bildung kann dazu beitragen, Politikverdrossenheit und Radikalisierung
entgegenzuwirken. Dies gilt auch für die individuelle Orientierung im Alltag: So gehören praktische finanzielle Themen sowie Berufsorientierung und Berufswahl zur ökonomischen Bildung. Um bei all diesen Fragen Kinder und Jugendliche zu unterstützen, sollte möglichst flächendeckend ein Schulfach Wirtschaft eingeführt werden. In diesem sollten neben theoretischen Grundlagen auch praktische Fragen im Unterricht behandelt werden.

2. Schulfach Wirtschaft

Ökonomisches Wissen wird an Schulen in Deutschland zu wenig vermittelt. Nur in einigen Bundesländern gibt es einen eigenständigen Wirtschaftsunterricht, der allerdings oftmals in Mischfächern wie Sozialkunde integriert ist. Häufig haben die Lehrerinnen und Lehrer keine spezielle wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung. Viele Schülerinnen und Schüler kommen zudem nur in fachfremden Fächern wie Erdkunde, Politik oder Geschichte mit wirtschaftlichen Themen in Berührung. Dort werden die Wirtschaftsthemen jedoch nicht systematisch betrachtet. Schülerinnen und Schüler beenden die Schule deshalb häufig ohne eine fundierte ökonomische Grundbildung.

Ideen zur Stärkung der ökonomischen Bildung

Zur Stärkung der ökonomischen Bildung sollte deshalb an allen weiterführenden Schulen in allen Bundesländern Wirtschaft als Pflichtfach eingeführt werden. Dieses neue Fach sollte möglichst eigenständig unterrichtet werden oder als Kombinationsfach mit eigenem Wirtschaftslehrplan. Voraussetzung ist, dass der Wirtschaftsunterricht von qualifizierten Wirtschaftslehrenden unterrichtet wird. Parallel zur Einführung des neuen Fachs sollte deshalb auch die Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften auf- und ausgebaut werden. Angehende Wirtschaftslehrerinnen und -lehrer müssen eine fundierte Grundlagenausbildung erhalten, damit zukünftig nicht länger hauptsächlich fachfremde Lehrer Wirtschaftsthemen unterrichten. Ergänzend müssen die Bundesländer gute Weiterbildungsangebote für Lehrende im Bereich Wirtschaftskunde schaffen. Inhaltlich sollte das Fach theoretische Grundlagen und praktische Kenntnisse vermitteln und die Berufsorientierung unterstützen. Der Unterricht sollte gerade für jüngere Altersgruppen praktisch orientiert sein und an die Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen anknüpfen.

3. Unternehmerbild und weibliche Vorbilder

Unternehmerpersönlichkeiten und wirtschaftliche Themen kommen in Schulbüchern eher selten vor. Insbesondere Unternehmerinnen sind kaum aufzufinden. Frauen werden vorwiegend als Arbeitnehmerinnen dargestellt. Dies gilt sowohl für Wirtschaftskundebücher als auch für die Darstellung von wirtschaftlichen Themen in Fachbüchern für den Erdkunde-, Politik- oder Geschichtsunterricht. Wenn Unternehmertum in Schulbüchern überhaupt dargestellt wird, dann häufig auf eine negative Weise. Damit wird
eine Chance vertan, Schülerinnen und Schülern einen verständlichen Zugang zu Wirtschaftsthemen über handelnde Personen zu vermitteln. Zudem kommt die Darstellung der Bedeutung von engagierten Unternehmerinnen und Unternehmern für das Wirtschaftsgeschehen zu kurz.

Ideen zur Stärkung der ökonomischen Bildung

Rollenvorbilder sind für die Entwicklung und die spätere Berufswahl von Kindern und Jugendlichen wichtig. Daher sollten mehr Unternehmerpersönlichkeiten in deutschen Schulbüchern vorkommen. Dies gilt umso mehr, da Personen und ihre persönlichen Geschichten den Zugang zum oft abstrakten ökonomischen Stoff erleichtern.
Bei der Neugestaltung von Schulbüchern sollten zudem weibliche Rollenvorbilder gleichberechtigt abgebildet werden. Unternehmerinnen und auch Managerinnen nehmen eine wichtige Vorbildfunktion ein und können vorhandene traditionelle Rollenmuster auch mit Blick auf die spätere Berufswahl durchbrechen. Schulbücher sind das zentrale Leitmedium im Unterricht für Lehrer und auch für Schüler. Die vermehrte Darstellung von Unternehmerinnen und Unternehmern in Schulbüchern könnte deshalb den gesamten Unterricht positiv beeinflussen. Darüber hinaus sollten auch weitere praktische Elemente wie Unternehmensbesuche oder Vorträge von Expertinnen und Experten in den Wirtschaftsunterricht aufgenommen werden.

4. Finanzielle Bildung

Auch die finanzielle Bildung wird im Schulunterricht vernachlässigt. Laut der Jugendstudie 2018 geben rund zwei Drittel der befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen an, geringe Kenntnisse darüber zu haben, was an der Börse geschieht. Da es bei der finanziellen Bildung vor allem um lebenspraktische Fragen geht – wie um den Umgang mit Krediten – ist ein Wissensdefizit unter dem Gesichtspunkt der Chancengerechtigkeit problematisch. Aktuell hängt die Erfahrung im Umgang mit Geld in erster Linie von der Erziehung im Elternhaus ab. Die geringe Kompetenz in der finanziellen Bildung ist ein möglicher Grund für die große Zurückhaltung der Deutschen beim Vermögensaufbau. Zwar ist die Sparquote in Deutschland mit über 10 Prozent hoch, aber Sparen alleine bedeutet noch keinen Vermögensaufbau!

Ideen zur Stärkung der ökonomischen Bildung

Die Einführung von Wirtschaft als eigenständiges Schulfach kann dazu beitragen, die Chancengerechtigkeit auf dem Gebiet der finanziellen Bildung zu verbessern. Kinder und Jugendliche sollten die Grundlagen im Umgang mit Geld frühzeitig lernen – von der Budgetplanung über das Sparen bis hin zum Umgang mit Krediten. Auch das magische Dreieck der Geldanlage – der Zielkonflikt zwischen Rendite, Sicherheit und Liquidität – sollte auf dem Lehrplan stehen, ebenso Fragen zum Umgang mit Versicherungen und Verträgen. Ziel ist es dabei, Kinder und Jugendliche in ihrer Verbraucherkompetenz zu stärken und sie auf den eigenverantwortlichen Umgang mit finanziellen Fragen vorzubereiten. Der Unterricht sollte sich dabei an der Lebensrealität der Kinder und Jugendlichen orientieren und könnte beispielsweise an den Umgang mit Taschengeld anknüpfen. Über den Schulunterricht hinaus sollten auch die Volkshochschulen Kurse für Erwachsene im Bereich der finanziellen Bildung anbieten. So könnte ein Teil der Wissenslücken behoben werden, die durch die Defizite bei der ökonomischen und finanziellen Allgemeinbildung in den vergangenen Jahrzehnten entstanden sind.