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Afrika boomt!

Vom Krisen- zum Chancenkontinent

Afrika boomt! Viele Menschen überrascht dieser Satz, weil sie Afrika nur aus Schlagzeilen über Hunger, gewaltsame Konflikte, schlechte Regierungsführung und fehlenden Rechtsstaat kennen. Diese Probleme gibt es auch weiterhin, aber gleichzeitig bieten sich zunehmend Chancen für Wohlstand und Entwicklung. Diese Chancen sollten genutzt werden.

Seit der Jahrtausendwende haben afrikanische Länder mit die höchsten Wachstumsraten weltweit erzielt.[1] Damit wuchs die Region nicht nur weit stärker als die Industriestaaten, sondern überflügelte auch die Regionen Lateinamerika sowie Nordafrika/Nahost.

Nur die asiatischen Entwicklungs- und Schwellenländer schnitten noch besser ab. Nach einem kurzen Abschwung aufgrund der Turbulenzen auf den Weltmärkten sind auch die mittelfristigen Prognosen wieder positiv.[2] Die großen Wachstumsmotoren sind dabei nicht mehr nur Nigeria und Südafrika. Vielmehr hat eine Gruppe von zehn „shooting stars“ – Elfenbeinküste, Äthiopien, Ghana, Tansania, Senegal, Kenia, Ruanda, Burkina Faso, Uganda und Mosambik – diese positive Entwicklung enorm verstärkt.

Fast alle werden nach Schätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) bis 2020 ein durchschnittliches Wachstum von über 6 Prozent pro Jahr erreichen.[3] Nach Boomjahren in der Rohstoffförderung, der Telekommunikation und dem Tourismus dehnt sich der Wirtschaftsaufschwung auch auf andere Bereiche aus: Infrastruktur, Finanzwesen, Energie- und Dienstleistungssektor. Nollywood, das Hollywood Afrikas, ist heute schon die drittgrößte Filmindustrie der Welt. Die Digitalisierung führt zu Umbrüchen historischen Ausmaßes. Internet und Mobilfunk sind dabei die wichtigsten Treiber. Die Informations- und Kommunikationstechnologie, die FinTech-Branche, der Online-Handel, E-Health und E-Services haben sich innerhalb kürzester Zeit zu neuen, wettbewerbsfähigen Branchen entwickelt. Mobilfunk-Apps wie M-Pesa (digitales Bezahlsystem), M-Kopa (Solarstrom) oder M-Farm (Landwirtschaft) haben ihre Kunden auf dem ganzen Kontinent und finden weltweit Beachtung. Diese enorme Innovationskraft hatte zur Folge, dass technologische Entwicklungsstufen einfach übersprungen werden konnten (Leap-frogging): Statt teure Bankfilialen und Festnetzanschlüsse aufzubauen, führte man gleich den mobilen Zahlungsverkehr ein und baute ein Mobilfunknetz auf. Rund 995 Millionen Afrikaner, d.h. 81 Prozent der Bevölkerung, besaßen 2016 ein Handy oder Smartphone.[4] Dieses nutzten 226 Millionen auch als mobiles Bankkonto.[5] Das Handy ist Zahlungsmittel Nummer Eins. In Ruanda entstehen gerade die ersten Drohnen-Flughäfen. Hier ist Afrika sogar weltweiter Vorreiter.[6] Die Menschen Afrikas zieht es magisch in die Metropolen, mit all den damit in Bezug auf Infrastruktur und Beschäftigung verbundenen Problemen. Im Jahr 2050 werden zwei Drittel von ihnen in Städten leben. Nirgendwo schreitet die Urbanisierung schneller voran als hier. Städte entwickeln sich zu „urban hubs“ mit modernen Industrie- und Dienstleistungsunternehmen und einer wachsenden Mittelschicht. Diese hat inzwischen eine Größenordnung von ca. 350 Millionen Menschen erreicht. Das entspricht rund einem Drittel der Bevölkerung des Kontinents. Dank ihrer höheren Kaufkraft steigt die Nachfrage nach Konsum-, Bildungs- und Gesundheitsgütern rasant. Dass diese neue Mittelschicht die Zukunft des Kontinents ist und die wirtschaftliche und politische Entwicklung entscheidend prägen wird, ist mittlerweile weithin anerkannt.

[1] Mit beachtlichen 5,4 % lag die durchschnittliche Wachstumsrate in der ersten Dekade des 21.Jahrhunderts fast doppelt so hoch wie der globale Durchschnitt von 2,9 %. Dieser Trend setzte sich bis 2015 – wenn auch in abgeschwächter Form – fort. Dr. Martin Raschen: Subsahara-Afrika kann bei guter Politik weiter aufholen, KfW-Research, 2016

[2] OECD: African Economic Outlook 2017 und Exportwirtschaft 6/2016, S.3 – Nach den Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Subsahara-Afrika von 2016 bis 2020 um 3,3 % pro Jahr zunehmen. Germany Trade & Invest: Subsahara Afrika – Zukunftsmärkte mit Herausforderungen, Jan. 2017, S.4

[3] Germany Trade & Invest: Subsahara Afrika – Zukunftsmärkte mit Herausforderungen, Jan 2017, S.4

[4] Global Digital Report 2017 (herausgegeben von der Digitalagentur „We are social“)

[5] GSM: The Mobile Economy Africa 2016, S.49

[6] CNN-Africa: Star architect designs the world‘s first ‚airport for drones‘, Oct.2015 http://edition.cnn.com/2015/10/05/architecture/gallery/rwanda-droneportfoster- epfl/index.html FAZ-online: Die ersten Drohnen-Flughäfen entstehen in Ruanda, 14. Okt. 2015 http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/drohnen-flughaefen-droneports-fuerafrika-in-ruanda-geplant-13856312.html

 

Dr. Gabriele Reitmeier ist Referentin für Entwicklungspolitik der Stiftung für die Freiheit.