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Abchasien
Präsidentschaftswahlen in Abchasien: Keine politische Veränderung in Sicht

Keiner der Kandidaten konnte die absolute Mehrheit erzielen, analysiert Südkaukasus-Experte Peter-Andreas Bochmann

Nach den sogenannten Präsidentschaftswahlen in der von Georgien abtrünnigen Region Abchasien am Sonntag sind Stichwahlen erforderlich. Keiner der Kandidaten konnte die absolute Mehrheit erzielen. Der bisherige Amtsinhaber Raul Chadschimba wird somit am 8. September gegen den Oppositionskandidaten Alkhaz Kvitsinia antreten. Der Projektleiter der Stiftung für die Freiheit im Südkaukasus, Peter-Andreas Bochmann, fasst die Reaktionen zusammen.

Die von Georgien abtrünnige Provinz Abchasien wird gemeinhin als ein von Russland besetztes Gebiet angesehen und nur von Russland, Nicaragua, Venezuela, Syrien und der Pazifikinsel Nauru als unabhängiger Staat anerkannt. Die Region ist wirtschaftlich und militärisch von Russland abhängig, das dort auch Truppen stationiert hat und die Grenzen kontrolliert. An dieser Situation wird sich auch nach der Stichwahl nichts ändern. 

Während international Konsens über die Unrechtmäßigkeit der Abstimmung am vergangenen Sonntag herrscht, feierten russische Staatsmedien die sogenannten Präsidentschaftswahlen in Abchasien als „frei, fair, demokratisch und internationalen Standards entsprechend“. Da die anwesenden „internationalen Wahlbeobachter“ aus den selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk, Südossetien, Berg-Karabach und Transnistrien – allesamt von Russland kontrollierte oder beeinflusste Gebiete – nur schwerlich als unabhängige Beobachter durchgehen, brachte der russische Propagandasender „Sputniknews“ einen weiteren „Beweis“ vor: „Beobachter aus Deutschland bewerten Präsidentenwahlen in Abchasien als demokratisch“. Was war geschehen? Zu den fragwürdigen Beobachtern von Moskaus Gnaden hatten sich noch zwei Vertreter der AfD gesellt. 

Die Anwesenheit von AfD-Politikern in der von Russland abhängigen Region sorgte für heftige Reaktionen in Georgien. Ein Sprecher des georgischen Außenministeriums erklärte, die sich in Abchasien aufhaltenden Politiker stünden unter russischem Einfluss, da die gesamte Wahlbeobachtung von Russland finanziert sei. Nach Informationen Georgiens handele es sich bei den deutschen Politikern um Mitglieder einer rechtsradikalen Partei unter russischem Einfluss. Dass diese sowohl gegen internationales, als auch gegen georgisches Recht verstoßen hätten, ließ das georgische Außenministerium nicht unerwähnt. Die Stellungnahme der Deutschen Botschaft in Georgien kam umgehend und war eindeutig: Die AfD-Abgeordneten seien auf eigene Initiative und ohne offiziellen Auftrag der deutschen Regierung nach Abchasien gereist. „Deutschland erkennt die sogenannten Wahlen in Abchasien nicht an und entsendet auch keine Beobachter. Deutschland hat die territoriale Integrität Georgiens immer unterstützt und wird dies auch weiterhin tun.“

Die georgische Staatspräsidentin Salome Surabischwili bezeichnete die Präsidentschaftswahl als illegitim und sagte, Georgien verurteile die Wahl als eine weitere Verletzung seiner nationalen Souveränität. Fünfzehn Länder, darunter auch die USA, Großbritannien, Norwegen oder die Ukraine veröffentlichten eine gemeinsame Erklärung, in der sie ihre uneingeschränkte Unterstützung für die territoriale Integrität und Souveränität Georgiens innerhalb seiner international anerkannten Grenzen bekräftigten und den Wahlen ihre Legitimität absprachen. Die Erklärung endet mit der Aufforderung an Russland, „alle seine Verpflichtungen aus dem Waffenstillstandsabkommen von 2008 zu erfüllen, einschließlich des Rückzugs seiner Streitkräfte in Positionen vor dem Konflikt und der Gewährung des freien Zugangs für humanitäre Hilfe in diesen Regionen, sowie der Rücknahme seiner Anerkennung der georgischen Regionen Abchasien und Südossetien als unabhängige Staaten.“

Auch diese Forderungen werden, wie schon unzählige Male zuvor, in Moskau ungehört bleiben. Wer aus den Stichwahlen am 8. September als Sieger hervorgeht ist letztlich egal – am russischen Einfluss auf Abchasien und den engen Beziehungen Abchasiens zum Kreml wird sich nichts ändern. Wie es in dieser Konstellation zu einer Annäherung zwischen der abtrünnigen Provinz und der Republik Georgien kommen soll, ist fraglich. Für die georgische Minderheit in Abchasien wäre die Wiedereröffnung des einzigen Grenzübergangs zum georgischen Kernland ein erster Schritt. 

 

Peter-Andreas Bochmann ist Projektleiter der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit im Südkaukasus mit Sitz in Tbilisi.