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Trump
„Keep America Great“

Vier Jahre nach der legendären Fahrt auf der Rolltreppe
Donald Trump

Donald Trump bewirbt sich nun auch offiziell für eine zweite Amtszeit.

© picture alliance / AP Photo

US-Präsident Donald Trump hat gestern in Florida seine Kampagne zur Wiederwahl vorgestellt. Zwar sind es noch gut 17 Monate bis zur Wahl im November 2020, aber Trumps Aussicht, vier weitere Jahre im Weißen Haus zu bleiben, wird erheblich von der Person seines demokratischen Herausforderers abhängen.

Am 15. Juni 2015 stieg der damalige Immobilien-Magnat Donald J. Trump eine Rolltreppe in seinem gleichnamigen Turm in der Fifth Avenue in New York hinunter, begrüßte in dem goldverkleideten Atrium die jubelnden Anhänger, die für ihre Teilnahme bezahlt wurden, und kündigte seine von vielen für aussichtslos gehaltene Kandidatur für das Präsidentenamt an. Seine ausschweifende und ausländerfeindliche Ankündigungsrede, in der er Mexikaner beschuldigte, Vergewaltiger zu sein und Kriminalität und Drogen in die Vereinigten Staaten zu bringen, war ein Vorbote der nachfolgenden beispiellosen Kampagne und Präsidentschaft. Man könnte sagen, dass Trumps bizarrer Abstieg auf der Rolltreppe, eine gute Metapher für den langsamen Niedergang der amerikanischen Werte, genau der Moment war, der das politische Klima Amerikas veränderte. Nichts würde wieder so sein wie vorher.

Etwas mehr als vier Jahre später, am 18. Juni, startet Präsident Trump offiziell seine Wiederwahlkampagne in einer Sportarena in Florida. „Ich werde meine Kandidatur für eine zweite Amtszeit mit First Lady Melania, Vizepräsident Mike Pence und Second Lady Karen Pence am 18. Juni in Orlando, Florida, im Amway Center mit 20.000 Sitzplätzen verkünden“, teilte der Präsident auf Twitter mit. „Komm zu dieser historischen Rallye und schließ dich uns an!“

Florida ist wichtig

Im klassischen Trump-Stil wird diese Auftaktveranstaltung seine Verehrer begeistern und seine Gegner entsetzen. Von Superlativen besessen, behauptet Trump bereits, dass sie im Vergleich zu allen anderen großen Veranstaltungen, auf denen er aufgetreten ist, das „heißeste Ticket“ sein wird.

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Die Entscheidung, die Rallye in Florida abzuhalten, ist nicht ohne Grund. Der US-Bundesstaat war der „Bellwether state“, der Trendsetzer in der Wahlnacht im Jahr 2016, der deutlich machte, dass Trump auf einen Sieg über Hillary Clinton zusteuerte. Florida ist auch im Jahr 2020 ein „must-win“ Staat, in dem Trumps Beliebtheitswerte zur Zeit noch lange nicht so stark sind, wie es seine Kampagne gerne hätte. Auch verschiedene jüngste interne Umfragen zeigen, dass Trumps Aussichten auf eine Wiederwahl in mehreren anderen „battleground“ Staaten weitaus schlechter sind, als sein Kampagnenstab vermuten lässt. In der Gesamtbevölkerung liegen seine Zustimmungswerte derzeit im Schnitt bei 42 Prozent.

Dass Trump bei der Präsidentenwahl im November 2020 seine Wiederwahl anstrebt, ist seit langem bekannt. Der Republikaner tritt regelmäßig vor Tausenden Anhängern auf „Make America Great Again“ Wahlkampfveranstaltungen auf und kündigte seine Pläne für einen Wiederwahlkampf nur wenige Stunden nach seiner Präsidentenvereidigung im Januar 2017 an.

Trump als Bezugspunkt

Jeder amtierende Präsident spielt eine bedeutende Rolle in den Vorwahlen, um den Inhalt und die Dynamik des oppositionellen politischen Lagers zu beeinflussen und letztendlich seinen Gegner zu bestimmen. Aber der von Trump geworfene Schatten über das überfüllte demokratische Kandidatenfeld und die Vorwahlen ist besonders groß. Trump ändert die Standards, nach denen Kandidaten beurteilt werden. Er manipuliert ihre Gesprächsthemen zu seinem Gunsten. Trumps polarisierendes Verhalten, seine radikalen und rücksichtslosen Tabubrüche haben einen beunruhigenden Trend eingeleitet, in dem er zum allgemeinen Bezugspunkt geworden ist. Alles ist entweder eine laute Antwort auf ihn, eine bewusste Handlung gegen ihn, oder eine notwendige Unterscheidung von ihm. Kurzum: die Demokraten befinden sich nach wie vor in der Defensive, während Trump in der Offensive agiert.

Trumps Anziehungskraft auf die demokratische Politik zeigt sich besonders bei den beginnenden demokratischen Präsidentschaftsvorwahlen. In dieser frühen Phase konzentriert sich ein Großteil der Diskussion unter den Wählern auf den einzigen Wunsch, Trump zu besiegen und einen Kandidaten auszuwählen, der für diese Aufgabe am besten geeignet ist. Gerade deshalb definiert für die Demokraten ein bestimmtes Wort das ganze Rennen um das Weiße Haus: Wählbarkeit. Wer kann am glaubwürdigsten behaupten, dass er oder sie Trump im November 2020 schlagen wird?

Demokraten suchen geeigneten Kandidaten

Eine jüngsten Umfrage von NPR/PBS News Hour/Marist Poll befasste sich mit zwei Gesichtspunkten der Frage, nach welchen Kriterien Demokraten und demokratisch orientierte Amerikaner einen Kandidaten wählen werden, um Trump herauszufordern. Wollen sie jemanden, der ihre Position zu verschiedenen Thesen am besten vertritt, oder wollen sie lieber jemanden, der die besten Chance hat, Trump zu schlagen? Liberale Demokraten bevorzugen jemanden, der Trump besiegen kann. Gemäßigte und konservative Demokraten wollen eine Person, die ihren eigenen Präferenzen am ehesten entspricht. Junge Wähler wollen einen Kandidaten, der ihren Positionen komplett zustimmt. Ältere Demokraten wollen jemanden, der Trump aus dem Weißen Haus jagen kann.

Derzeit bewerben sich 24 Demokraten um die Kandidatur ihrer Partei, um gegen den republikanischen Amtsinhaber anzutreten. 20 von ihnen haben es auf die erste Debatten-Bühne geschafft. Bei den Republikanern gibt es außer Trump bislang nur einen weiteren Kandidaten, der für die Partei in die Wahl ziehen will. Dabei handelt es sich um den früheren Gouverneur des US-Bundesstaats Massachusetts, Bill Weld. Ihm werden derzeit keine realistischen Chancen eingeräumt, Trump die Kandidatur der Republikaner streitig zu machen.

Niemand kann heute den Wahlausgang 2020 vorhersehen. Bis zur Wahl am 3. November 2020 sind es noch gut 17 Monate. Aber Trumps Aussicht, vier weitere Jahre Hausherr im Weißen Haus zu bleiben, wird erheblich von der Person seines Herausforderers abhängen. Und ob sich die Demokraten tatsächlich für die Niederlage ihrer Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton im November 2016 revanchieren können, bleibt auch abzuwarten. Eines ist jedoch sicher: Um Amerika von dem kompletten Niedergang seiner Werte zu bewahren, wäre es notwendig, dass Trumps zukünftiger Gegenkandidat die Rolltreppe so schnell wie möglich wieder hochfährt.

 

Hanna Rudorf, Communications Officer, Transatlantisches Dialogprogramm, Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.