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Smart Cities
Nachhaltige Entwicklung von Smart Cities in Zentralamerika und Mexiko

Smart Cities Guatemala 2022 Grupo Picture

Smart Cities Guatemala 2022

© Nataly Basterrechea. 2022

Städte sind eine der wichtigsten Erfindungen der Menschheit. Die Entwicklung intelligenter urbaner Zentren ist für mehr Wohlstand in einer funktionierenden, gesunden und glücklichen Gesellschaft Voraussetzung. Smart Cities sind dann smart wenn sie in der Lage sind, Bildung, Wissenschaft, Technologie, Erfindungen, Kunst und Kultur zu bündeln, aber auch wenn sie es vermögen, Lebenshaltungskosten zu senken und bessere, günstigere Dienstleistungen anzubieten. Hinzu kommt, dass diese Städte den Austausch von best practices, Ideen und Produkten ermöglichen.

Städte im Allgemeinen, aber insbesondere mittlere und große Metropolen, sind ein Katalysator für den Fortschritt der Menschheit. Wenngleich Lateinamerika vor großen Herausforderungen steht, so haben sich die vormals traditionell landwirtschaftlich geprägten Gesellschaften in den letzten Jahrzehnten gewandelt und sind heute vornehmlich urban geprägt.

In Lateinamerika und der Karibik befinden sich die Entwicklungs- und Schwellenländer mit der höchsten Verstädterungsquote, schon heute leben 81% der Bevölkerung in Städten – das ist mehr als in Europa mit 75%, Asien mit 52% und Afrika mit 44%. Das Wachstum von Städten in Lateinamerika nimmt stetig zu. Zentralamerika ist hier keine Ausnahme, 1970 lebten 60% der Bevölkerung im ländlichen Raum, während 2010 schon 60% in Städten lebten, bei weiter zunehmender Tendenz.

Weltweit gibt es etwa 2.000 Städte mit mehr als 300.000 Einwohnern, davon rund 200 in Lateinamerika. In 9 Megastädten (Mexiko-Stadt, Bogotá, Lima, São Paulo, Rio de Janeiro, Buenos Aires, Guadalajara, Belo Horizonte und Santiago de Chile) leben jeweils mehr als 5 Mio. Einwohner, 65 weitere Städte haben zw. 1 und 5 Mio. Einwohner und 141 Städte haben zwischen 300.000 und 1 Mio. Einwohner. Heute leben also insgesamt 320 Mio. Menschen in Städten, bis 2035 kommen hier mindestens 50 weitere Mio. Menschen hinzu.

In Zentralamerika gibt es in den meisten Ländern mindestens ein oder zwei mittlere bis große Städte, jedoch führt eine in den vergangenen Jahrzehnten sehr beschleunigte Stadtentwicklung unter Verwendung traditioneller, wenig innovativer Planungs- und Verwaltungs-Instrumente zu großen Herausforderungen heute, insbesondere in den Bereichen Infrastruktur und Dienstleistungen. Zum Beispiel haben 8 Mio. Menschen, also 17% der zentralamerikanischen Bevölkerung, kein Zugang zu Trinkwasser und 12 Mio. Menschen, also 26% der Bevölkerung, kein Zugang zu einer adäquaten Abwasserentsorgung. Auch mit Blick auf die Müllentsorgung, Verkehrsanbindung, Straßenbeleuchtung, öffentliche Sicherheit, die Qualität des öffentlichen Raumes sowie Zugang zu Grünflächen stehen die Städte der Region, aber auch Mexikos, weiterhin großen Herausforderungen gegenüber. Darüber hinaus müssen die Städte der Region insbesondere im Nachgang der Pandemie mit Blick auf die wirtschaftliche Reaktivierung effiziente Lösungsansätze finden, denn ca. 70% der arbeitenden Bevölkerung ist im informellen Sektor tätig.

Smart Cities-Konzepte bieten die besten Lösungsansätze für nachhaltige Entwicklung, denn sie verknüpfen wirtschaftliches Wachstum bei gleichzeitiger effizienter Nutzung der Ressourcen und ermöglichen damit eine Steigerung der Lebensqualität der Bürger.  

Im Oktober 2022 führte die FNF zum dritten Mal in Folge den Smart Cities Summit in Guatemala-Stadt unter Teilnahme von Vertretern aus 14 Gemeinden des Smart Cities Netzwerks Mexiko-Zentralamerika durch, dieses Jahr mit dem Schwerpunkt Digitalisierung.

Internationale Experten und Expertinnen betonten in ihren Vorträgen, dass Digitalisierung Synonym effizienter Regierungsführung sei und sie GovTech-Ansätze ermöglicht, mittels derer die Verwaltung wirksam und nutzerfreundlich funktionieren kann, so Enrique Zapata, Koordinator für Daten, GovTech und Open Government der lateinamerikanischen Entwicklungsbank. Digitalisierung begünstigt und motiviert weiterhin Bürgerpartizipation und damit Stadtentwicklung, betonten Ramón Marrades als Leiter von Placemaking Europe sowie Philipp Egger, Leiter der IT- und Infrastrukturabteilung des Kantons Sankt Gallen in der Schweiz. Digitalisierung trägt ebenso zur Entwicklung von Lösungen bei, welche eine Anpassung an den Klimawandel möglich machen, etwa wenn die Gestaltung von Grünflächen gleichzeitig als Planung städtischer Infrastruktur verstanden wird, erklärte Elena Tudela der mexikanischen Organisation Resiliencia Urbana. In den Augen von Sahng Yoon Kim, dem Leiter für Internationale Zusammenarbeit des Koreanischen Instituts für Lokale Forschung und Entwicklung, müssen smarte Regulierungsansätze der Digitalisierung zugrunde liegen, damit sie ihr volles Potenzial entfalten kann.

Weiterer Bestandteil des Smart Cities Summit war ein Smart Cities Film Festival, bei dem dieses Jahr von über 1700 Eingängen 50 Filme in der Endauswahl von der Jury ausgewertet und Preise in den Kategorien Mikrofilm („Everyone who lives in me“, Brasilien), Kurzfilm („Parque La Cigüena“, Mexiko) sowie mittellanger Film („Plan for Buenos Aires“) vergeben wurden.

Der von der FNF geförderte Austausch von Best Practices im seit 2017 existierenden Städtenetzwerk Smart Cities Zentralamerika-Mexiko ist deshalb so relevant, weil hierüber die Umsetzung der Best Practices begleitet und damit ein Beitrag zur Entwicklung von Städten und Gemeinden in Mexiko und Zentralamerika geleistet werden kann. Städte können in Folge bessere Rahmenbedingungen für Start-Ups, zeit- und kosteneffiziente Transportsysteme, Zugang zu guten und preisgünstigen Dienstleistungen, resiliente Lösungen im Bereich Klimawandel sowie von Transparenz geprägte Regierungsansätze implementieren. Das von der Stiftung herausgegebene Handbuch "Best Practices in Smart Cities" gibt einen Einblick in erfolgreiche Stadtentwicklungsprojekte. Das Smart Cities Netzwerk wurde 2017 mit 6 Mitgliedern ins Leben gerufen. Inzwischen sind 20 Gemeinden Teil dieser Initiative. 

Zu den Angeboten für die Gemeinden gehören u.a. sogenannte Bootcamps, in denen z.B. Strategien zur Stadtplanung erarbeitet werden. Hieraus leiten sich notwendige Public Policies zur Diskussion mit Stakeholdern und umzusetzende Pilotprojekte ab. So leistet die FNF einen Beitrag zur nachhaltigen Stadtentwicklung und effizienteren Regierungsführung mit der Absicht, Bürgern Prozesse zu erleichtern und Städte lebenswerter zu machen.

 

Marco Martínez O´Daly, Berater und Experte im Bereich Smart Cities

Elisabeth Maigler, Projektleiterin Zentralamerika, FNF

María José Salcedo, Projektkoordinatorin Mexiko, FNF