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Sicherheitspolitik
Fregatte „Bayern“ überwacht Nordkorea-Sanktionen

Die Fregatte Bayern läuft am 05. November in Tokyo ein.
Die Fregatte Bayern läuft am 05. November in Tokyo ein. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Taketo Oishi

Deutschlands Fregatte „Bayern“, seit August im Indo-Pazifik unterwegs, ist in Japan eingetroffen und hat nun eine ganz neue Aufgabe: Beteiligung an der Erstellung eines „Lagebildes“. Es geht um die Einhaltung der Nordkorea-Sanktionen. Es gibt bereits eine Überwachungs-Kooperation. Südkorea, Japan und die USA sind beteiligt. Die Deutschen machen nun einen Monat lang mit, ihre Einsatzzentrale ist in Tokio. Die „Bayern“ wird Gewässer abfahren und melden, was sie sichtet oder ihr Radar zeigt. Der Einsatz ist keine Beteiligung an einer Mission der Vereinten Nationen zur Kontrolle eines Embargos, wozu ein Mandat des Bundestages nötig wäre, sondern eine Beteiligung an einer „Übung“. Andere Schiffe dürfen nicht kontaktiert oder gar durchsucht werden. Der Auftrag der „Bayern“ beschränkt sich auf „Beobachten und Melden“.

Sanktionen seit 2006 - vergeblich

Die internationale Staatengemeinschaft hat seit 2006, seit Nordkoreas erstem Atombombentest, Sanktionen gegen Pjöngjang verhängt. So soll das Land von seinem Nuklearprogramm abgebracht werden – bislang vergeblich. Die Sanktionen wurden bis 2017 in neun weiteren Runden verschärft. Sie betrafen anfänglich vor allem militärische Aufrüstung und erstrecken sich inzwischen auf die meisten Wirtschaftsbereiche. Mittlerweile gilt zum Beispiel eine Import-Begrenzung von 500.000 Barrel Mineralöl sowie ein Exportverbot der Hauptdevisenbringer Kohle und Eisenerz. Schiffe und Personen wurden auf Sanktionslisten gesetzt. Niemand darf mehr Schiffe an Nordkorea verkaufen. Staaten sollen in ihren Häfen und ihren territorialen Gewässern verdächtige Schiffe inspizieren und zudem nordkoreanische Schiffe aus ihrem Schiffsregister löschen.

In der Praxis findet Nordkorea immer neue Schmuggelwege, um die Sanktionen zu umgehen. Ein achtköpfiges Expertengremium der Vereinten Nationen zur Überprüfung der Sanktionen sammelt Verstöße akribisch und veröffentlicht halbjährlich einen Bericht. Die Lektüre ist ernüchternd. Zum Beispiel wird die 500.000 Barrel Begrenzung der Mineralöl-Importe laut dem Expertengremium jedes Jahr um das mehrfache überschritten. Beim Schmuggel ist Nordkorea gewieft: Namen und Besitzer von Schiffen wechselten mehrfach. Sie gehören Tarnfirmen, die Teil eines undurchsichtigen Geflechts in ganz Asien sind. Schiffe wechseln oft ihre Beflaggung. Hintermänner und Verbindungen nachzuvollziehen, ist Detektivarbeit.

Dennoch gab es ab und an Erfolge. So wurden 2017 in Ägypten bei der Kontrolle eines nordkoreanischen Schiffs 30.000 raketengetriebene Granaten gefunden, die unter einer Ladung Eisenerz versteckt waren. 2018 wurde in Indonesien der nordkoreanische Frachter „Wise Honest“ konfisziert. Er hatte Kohle außer Landes gebracht und sollte Maschinen zurück nach Nordkorea transportieren. Vermehrt nutzt Nordkorea nun sogenannte Ship-to-Ship Transfers“ auf dem offenen Meer, insbesondere um Mineralöl zu importieren . Zudem werden Routen verschleiert durch Abschaltung von Identifikations-Systemen, die weltweit Pflicht sind für größere Schiffe. Der Think Tank RUSI berichtet, dass inzwischen auch Identitäten vorgegaukelt werden indem Identitätsnummern anderer Schiffe verwendet werden, welche keinerlei Verbindung zu Nordkorea haben. Solche Verstöße bedrohen internationale Normen der globalen Schifffahrt.

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China untergräbt die Sanktionen

Ein wichtiger Faktor für Nordkoreas weitgehend erfolgreiches Unterlaufen der Sanktionen ist Hilfe aus China. In oder in der Nähe von chinesischen Hoheitsgewässern finden „Ship-to-Ship Transfers“ statt. Je ernster die vielschichtigen Konflikte zwischen China und den USA werden, desto weniger versucht Peking zu verstecken, dass es an der Unterlaufung der Nordkorea-Sanktionen beteiligt ist. Nordkoreanische Schiffe legen ungeniert in chinesischen Häfen an. „China hat die Ressourcen, um die Sanktionen durchzusetzen, entscheidet sich aber bewusst dagegen“, sagte Alex Wong, der im US-Außenministerium unter Donald Trump für Nordkorea zuständig war. Laut Wong zählten die USA im vergangen Jahr 555 nordkoreanische Schiffe, mutmaßlich mit Exportgütern an Board, die in chinesischen Häfen willkommen waren statt gestoppt zu werden. Das „Wall Street Journal“ berichtete jüngst, dass China die Arbeit des VN-Expertengremiums zur Überprüfung der Sanktionen immer stärker behindere. Anfragen würden nicht bearbeitet, offensichtliche Sanktionsverstöße nicht anerkannt und Erweiterungen der Sanktionslisten verhindert.

Sanktions-Durchsetzung auf See kaum möglich

Werden Verstöße nicht in Häfen oder Hoheitsgewässern, wo Staaten Kontrolle ausüben, gestoppt, dann wird Sanktions-Überwachung noch viel schwieriger. Da freie Schifffahrt zu den wichtigen internationalen Normen zählt, gelten strenge Regeln für Kontrolle und Festsetzung von Schiffen in internationalen Gewässern. Jenseits eines Mandats der Vereinten Nationen ist ein Eingriff in die freie Seefahrt und somit auch eine Inspektion von Schiffen nur zulässig, wenn der Flaggenstaat und der Kapitän des Schiffes zustimmen. Schmuggler stimmen nicht zu. Versuche der USA, auch Gewaltanwendung zur Kontrolle von Schiffen auf dem offenen Meer in den VN-Sanktionen zu autorisieren, scheiterten am Widerstand Chinas und Russlands. Somit bleibt der internationalen Staatengemeinschaft kaum etwas anderes übrig als vermeintlich illegale Aktivitäten wie „Ship-to-Ship Transfers“ zu beobachten und zu melden – so wie die deutsche Fregatte „Bayern“ es in den kommenden vier Wochen vorhat. Die resultierenden Lagebilder helfen dem Experten-Gremium der VN beim Verfassen ihrer Halbjahresberichte. Und sie sind manchmal Grundlage weiterführender Untersuchungen. Auch wenn Sanktionsverstöße auf offenem Meer kaum verhindert werden können, ihre Feststellung und Dokumentation trägt dazu bei, den Druck auf Nordkorea zu erhöhen.

Deutsche Fregatten nur alle 20 Jahre in Ostasien

Was die „Bayern“ nun vier Wochen lang in Ostasien vorhat – „Beobachten und Melden“ – machen die USA, Japan, Südkorea, Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland seit Jahren. Seit einer Weile engagiert sich auch Frankreich, das außer Schiffen auch Flugzeuge einsetzt. Am meisten leisten die USA, die seit 2018 zudem eine multinationale „Durchsetzung-Koordinierungs-Zelle“ der beteiligten Staaten leitet. So sollen Aktivitäten, die die Durchsetzung der Nordkorea-Sanktionen überwachen, besser abgestimmt werden. Pläne Deutschlands, auch in Zukunft mitzumachen, sind nicht bekannt. Der Einsatz der Fregatte „Bayern“ bis Mitte Dezember könnte eine Ausnahme bleiben.

*Tim Brose ist Programm-Manager Nordkorea im FNF-Büro Seoul. Moritz Kleine-Brockhoff leitet das Regionalbüro Südost- und Ostasien der Stiftung in Bangkok.