Drohnenabwehr
Wenn der Luftraum unruhig wird: Orientierung in der Debatte zur Drohnenabwehr
Die wachsende Drohnenbedrohung verändert Europas Sicherheitslage grundlegend.
© picture alliance / Axel Heimken/dpa | Axel HeimkenDie jüngsten Luftraumverletzungen im September 2025 sowie wiederholte Sichtungen von Drohnen über kritischer Infrastruktur haben das Thema Drohnenabwehr in Deutschland mit neuer Wucht auf die politische Agenda katapultiert. Kaum ein sicherheitspolitisches Feld hat sich im Jahr 2025 so dynamisch entwickelt: Während die europäische Diskussion über einen möglichen „Drohnenwall“ Fahrt aufnimmt, arbeitet die Bundesregierung gleichzeitig an gesetzlichen Anpassungen, um Polizei und Bundeswehr besser auf diese Herausforderung vorzubereiten.
Genau hier setzt das Policy Paper „Drohnenabwehr – Debatte, Probleme und Handlungsoptionen“ an. Es bietet eine strukturierte Einordnung der Ereignisse und zeigt, welche Entwicklungen tatsächlich relevant sind, welche Probleme übersehen werden und welche Handlungsoptionen sich daraus ableiten lassen. Das Paper zeichnet zunächst nach, wie sich die deutsche Drohnendebatte verändert hat. Während die Diskussion früher stark von der Frage beherrscht wurde, ob die Bundeswehr überhaupt bewaffnete Drohnen einsetzen soll, hat sich der Fokus angesichts moderner Konflikte - insbesondere durch den Krieg in der Ukraine - deutlich verschoben. Heute stehen kleinere, schwerer detektierbare Systeme, „Loitering Munition“ und lokal gestartete Drohnen im Vordergrund. Diese veränderte Bedrohungslage stellt völlig neue Anforderungen an Detektion, Klassifikation und Reaktionsfähigkeit.
Die europäische Drohnenwall-Diskussion
Ein zentraler Teil des Papers widmet sich der europäischen Debatte über einen „Drohnenwall“. Hier wird gezeigt, dass bislang weder ein gemeinsames Bedrohungsszenario definiert ist noch ein realistisches Konzept existiert, wie ein solcher Wall technisch und organisatorisch funktionieren könnte. Die Analyse zeigt, dass Drohnenbedrohungen vielfältig sind: von militärischen Aufklärungs- und Kampfdrohnen aus Russland über tieffliegende Spionagesysteme bis hin zu lokal gestarteten Angriffsdrohnen, wie sie spätestens seit einer Geheimdienstoperation der Ukraine unter dem Namen „Operation Spinnennetz“ bekannt geworden sind. Ein eindimensionales Schutzkonzept greift daher zu kurz.
Darüber hinaus weist das Paper auf Aspekte hin, die in der öffentlichen Debatte bisher kaum vorkommen. Dazu gehören etwa (Unter‑)Wasserdrohnen, die insbesondere für Häfen und maritime Infrastruktur Risiken darstellen, aber auch Lücken im Informationsaustausch zwischen EU‑ und NATO‑Partnern oder die unklaren Verantwortlichkeiten zwischen Bund, Ländern und den Betreibern kritischer Infrastruktur im Inland. Diese blinden Flecken erschweren es, ein umfassendes Lagebild und damit eine zielgenaue Abwehrstrategie zu entwickeln.
Erste gesetzgeberische Ansätze in Deutschland
Auf nationaler Ebene untersucht das Paper zudem die jüngsten Gesetzesinitiativen. Sowohl die Änderungen am Luftsicherheitsgesetz als auch der neue Entwurf zum Bundespolizeigesetz sollen die Handlungsspielräume staatlicher Stellen erweitern und erstmals rechtliche Grundlagen für den Einsatz bestimmter Abwehrtechnologien schaffen. Gleichzeitig zeigt die Analyse, wo weiterhin strukturelle Schwächen bestehen, etwa bei der Drohnendetektion an Flughäfen oder beim Informationsfluss zwischen privaten Betreibern und Behörden.
Abschließend fasst das Paper fünf zentrale Empfehlungen zusammen, die aus den beschriebenen Entwicklungen abgeleitet werden: der Aufbau eines umfassenden Lagebilds; die Stärkung von Resilienz; der Mut zu strukturell kreativen Lösungen; eine deutliche Verbesserung des Informationsflusses; und der bewusste Rückgriff auf Erfahrungen früherer sicherheitspolitischer Debatten. Zusammen ergeben sie einen Orientierungsrahmen für eine moderne, realistische und strategisch durchdachte Drohnenabwehrpolitik.