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Südafrika
Der liberale Beitrag zur Überwindung der Apartheid

Zahlreiche internationale Akteure trugen zum Ende der Apartheid bei, so auch die Friedrich-Naumann-Stiftung
Ein gemeinsames Ziel: Das Ende der Rassentrennung

Die Teilnehmer der IDASA-ANC Konferenz in Leverkusen, 1988

© Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Tag der Freiheit, Menschenrechtstag, Tag der Versöhnung, Jugendtag: Südafrika hat viele Anlässe, an denen das Land am Kap das Ende der Apartheid feiert und ihren Opfern gedenkt. Es hat allen Grund dazu. Über Jahrzehnte litt die schwarze und nicht-europäischstämmige Bevölkerung unter diskriminierenden Gesetzen und rassistischer Segregation, verantwortet von einer autoritär regierenden weißen Minderheit. Dass der Unrechtsstaat schließlich zu Fall gebracht werden konnte, ist auch ein Verdienst der liberalen Kräfte im Land.

So hatte der liberale Widerstand gegen die Apartheid in Südafrika eine lange Tradition, die 1953 mit der Gründung der Liberalen Partei Südafrikas unter Vorsitz des entschiedenen Apartheidgegners Alan Paton ihren parteipolitischen Ursprung nahm. 1959 folgte die Gründung der Progressive Federal Party, damals noch als Progressive Party, die in Person von Helen Suzman über viele Jahre die einzige parlamentarische Opposition gegen die rassistische Regierungspolitik der National Party bildete. Abgeordnete der Progressive Federal Party waren es auch, die bei einem bedeutenden Ereignis während des Kampfes gegen die Apartheid eine zentrale Rolle spielen sollten: der Dakar-Konferenz.

Gespräche unter hohen Sicherheitsvorkehrungen

Dass der Zusammenbruch des Apartheidstaates nicht, wie von vielen befürchtet, in einem Bürgerkrieg endete, sondern weitgehend friedlich verlief, war auch das Resultat eines politischen Dialogs zwischen den verfeindeten Gruppen. Auf über 160 Treffen verhandelten Vertreterinnen und Vertreter des ins Exil verbannten African National Congess (ANC) mit weißen Südafrikanerinnen und Südafrikanern aller gesellschaftlichen und politischen Schattierungen. Sie alle einte das Ziel, die Apartheid endgültig zu beenden.

Die Treffen fanden oft im Geheimen und unter hohen Sicherheitsvorkehrungen in verschiedenen Ländern auf mehreren Kontinenten statt. Der südafrikanische Geheimdienst National Intelligence Service (NIS) verübte regelmäßig Attentate auf Oppositionelle im In- und Ausland. 1982 zerstörte ein Bombenanschlag das Büro des ANC in London, 1988 wurden zwei Menschen bei einer Explosion im Hauptquartier des ANC in Lusaka verletzt. In beiden Büros sollten später einmal Verhandlungen zwischen ANC und weißen Oppositionellen stattfinden.

Initiator zahlreicher Gespräche und zentraler Akteur aus dem liberalen Lager war das Institute for a Democratic Alternative for South Africa (IDASA). 1986 von zwei vormaligen Abgeordneten der Progressive Federal Party gegründet, war der südafrikanische Think Tank stets ein enger Partner der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Deren damaliger Vorsitzender Otto Graf Lambsdorff tauschte sich regelmäßig mit Frederik van Zyl Slabbert, einem der Gründer des IDASA, über aktuelle politische Entwicklungen aus. So ergab es sich, dass die Naumann-Stiftung einen indirekten, aber keinesfalls unbedeutenden Beitrag im Widerstand gegen das Apartheidregime leistete.

In Dakar begann ein neuer Dialog

Im Juli 1987 organisierte das IDASA das bis dahin größte Treffen zwischen weißen südafrikanischen Politikerinnen und Politikern sowie ANC-Vertreterinnen und Vertretern in Senegals Hauptstadt Dakar. Jeder der 61 weißen Teilnehmenden wurde gezielt ausgewählt und persönlich eingeladen. Die Friedrich-Naumann-Stiftung finanzierte ein Drittel der Konferenzkosten und entsendete den Politikberater Freiherr von der Ropp, der als einer von drei Deutschen an der Dakar-Konferenz teilnehmen sollte.

Die mehrheitlich liberalen Weißen diskutierten mit den Vertreterinnen und Vertretern des ANC unter dem späteren südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki über Themen rund um die nationale Einheit, die künftige politische Ordnung und die Zukunft der Wirtschaft. Über all dem stand jedoch die Frage, wie die staatliche Repression beendet und der bewaffnete Kampf des ANC eingestellt werden konnte, um einen friedlichen Wandel im Land zu forcieren.

Zu diesen Themen hatte das IDASA vor der Konferenz detaillierte Diskussionspapiere ausgearbeitet. Nach Abschluss der Gespräche veröffentlichte es Beiträge der Beteiligten und übte nachhaltigen Einfluss auf die politische und gesellschaftliche Debatte in Südafrika aus. Als die Teilnehmenden in ihre Heimat zurückkehren, wurden sie von vielen Weißen und Teilen der Medien als „Terroristen“ und „Verräter“ beschimpft. Ändern konnte das nichts mehr. Mit der Dakar-Konferenz begann der vertiefte politische Dialog zwischen schwarzen und weißen Südafrikanerinnen und Südafrikanern. Durch das so gewonnene Vertrauen kam ein Prozess ins Rollen, der trotz aller Angriffe und Anfeindungen nicht mehr aufzuhalten war – und der schließlich in die Überwindung der Apartheid mündete.

Die Dakar-Konferenz trug entscheidend dazu bei, den von der südafrikanischen Regierung über Jahrzehnte als kommunistische Terrororganisation diffamierten ANC als potenziellen Dialogpartner salonfähig zu machen. Sehr wahrscheinlich beeinflusste die Konferenz auch wesentlich die Verhandlungsposition des ANC. So lösten die „Richtlinien für eine Verfassung“ 1988 die seit 33 Jahren als Manifest verankerte „Freiheitscharta“ ab. In den neuen Richtlinien konkretisierte der ANC seine Position in einem demokratischen und pluralistischen Sinne. Liberale Grundprinzipien wie ein allgemeines Wahlrecht, ein Vielparteiensystem und Minderheitenrechte waren nun explizit aufgeführt.

Auf die Dakar-Konferenz folgten weitere vom IDASA organisierte Treffen in verschiedenen Ländern und Städten, darunter Frankfurt, Leverkusen und Bonn. 1988, ein Jahr nach der Dakar-Konferenz, begannen die ersten inoffiziellen Gespräche zwischen der Regierung und dem noch inhaftierten Nelson Mandela. Am 11. Februar 1990 verließ er nach 27 Jahren politischer Haft das Gefängnis. Vier Jahre später führte das Land die ersten freien Wahlen durch, bei denen der ANC zur stärksten politischen Kraft avancierte und Nelson Mandela zum ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas gewählt wurde.

Auch wenn die liberale Democratic Party bei dieser Wahl lediglich 1,73 Prozent der Stimmen erhielt, ist ihre Nachfolgepartei Democratic Alliance gegenwärtig die größte Oppositionskraft im südafrikanischen Parlament. Die Rolle der Liberalen beim Kampf gegen die Apartheid ist dagegen vielen Menschen bis heute kaum bekannt. Doch zweifellos haben auch sie ihren Teil zum Wandel Südafrikas beigetragen: vom Apartheidstaat zur Rainbow-Nation.