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Frauenrechte
Menstruation, Armut und der Kampf um grundlegende Rechte

Periodenarmut
© picture alliance / dpa | Carola Frentzen

Millionen von Mädchen und Frauen weltweit werden aufgrund ihrer Menstruation gedemütigt, stigmatisiert, diskriminiert, kriminalisiert und misshandelt. Dieses inakzeptable Verhalten steht im klaren Widerspruch zu den grundlegenden Frauenrechten, die als Teil der allgemeinen Menschenrechte geschützt sind. Aufgrund einer vollkommen natürlichen Körperfunktion wird Mädchen und Frauen nach wie vor der Zugang zu Bildung verwehrt, sie werden von der Teilnahme am Entwicklungsprozess ausgeschlossen, ihnen wird die Möglichkeit genommen, ein eigenes Einkommen zu erzielen und in Führungspositionen aufzusteigen.

Jedes Mädchen und jede Frau hat das unveräußerliche Recht auf körperliche Autonomie. Die Möglichkeit, sich während der Menstruationsphase um den eigenen Körper kümmern zu können, bildet einen essenziellen Bestandteil dieser grundlegenden Freiheit. Laut Schätzungen des United Nations Population Funds haben 500 Millionen Menschen weltweit keinen Zugang zu angemessenen Menstruationsprodukten und entsprechenden Einrichtungen für die Menstruationsgesundheit.

Zugang zu Menstruationshygieneprodukte ist stark beschränkt

Als heranwachsendes Mädchen in der größten informellen Siedlung Kenias, Mathare, mit geschätzten 500.000 Einwohnern, war der Umgang mit Menstruation für mich und zahlreiche andere Mädchen und Frauen schwierig und schmerzhaft. Die Herausforderungen zu überleben und den Schutz des eigenen Körpers zu sichern, waren allgegenwärtig. Die meisten Familien standen und stehen regelmäßig vor der schwierigen Entscheidung, entweder Nahrungsmittel oder Menstruationshygieneprodukte für ihre schulpflichtigen Töchter zu besorgen. In den meisten Fällen war Letzteres ein Luxus, der Zugang zu solchen Produkten ist stark beschränkt. Viele Familien – einschließlich meiner eigenen – entschieden sich für Nahrungsmittel anstelle eines Menstruationshygieneprodukts. Bis heute bleibt der Zugang zu diesen für zahlreiche Mädchen und junge Frauen in Afrika ein täglicher Kampf.

Die Folgen dieses Mangels können gravierend sein: Ich selbst war frühzeitig mit Gewalt konfrontiert und gezwungen, als Kind eine Beziehung mit einem mich misshandelnden älteren Mann einzugehen – einzig und allein, um Zugang zu Binden zu erhalten. Ich hatte keine andere Wahl, nur so konnte ich meine gesellschaftliche Würde wahren. Auch die Entscheidung, welches Produkt ich verwenden wollte, blieb mir verwehrt. Inmitten dieser Ungleichheiten und Schnittstellen von Gewalt, Unterdrückung und psychischer Misshandlung wurde mir klar, dass unser Bildungssystem in Kenia und in vielen afrikanischen Ländern nicht darauf ausgelegt ist, umfassende Informationen und Unterstützung im Hinblick auf meine Menstruation bereitzustellen. Ich hatte keinerlei Zugang zu Menstruationsprodukten und wurde nicht darauf vorbereitet, meine Menstruation als eine bedeutsame Übergangsphase zu erleben. Stattdessen entwickelte sie sich zu einem Albtraum, der Monat für Monat zu einem Kampf wurde. Als Kind konnte ich mir die emotionalen, sozialen und politischen Kosten nicht vorstellen, die ich dafür auf mich nehmen musste – und meine Erfahrung war keinesfalls eine isolierte Situation. Sie spiegelt die Realität für die Mehrheit der Mädchen und Frauen in Subsahara-Afrika wider, einschließlich Mathare in Kenia, wo ich nach wie vor lebe.

Tabuisierende Aspekte der Menstruation müssen überwunden werden

Ich gehörte zu jenen Mädchen, die keinen Zugang zu Menstruationshygieneprodukten, keinen sicheren Raum zum Wechseln der Produkte und kein Wasser zur Reinigung hatten – all das, was ich mir gewünscht hatte und gebraucht hätte. Aufgrund dieser Erfahrungen begann ich mich für sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte einzusetzen, zu denen auch der Zugang zu Menstruationshygieneprodukten zählt.

Es liegt in der Verantwortung von Regierungen sicherzustellen, dass wir den Menstruationshygienetag jährlich nicht nur feiern, sondern ihn auch im täglichen Leben beachten. Dafür müssen wir die tabuisierten Aspekte der Menstruation überwinden und einen offenen Dialog über körperliche Autonomie und Integrität führen. Nationale und globale Entwicklungspläne im Bereich der Gesundheit sollten Investitionen in die Menstruationsgesundheit priorisieren und die Rolle dieser Thematik bei der Förderung von Geschlechtergleichheit, Menschenrechten, Gesundheit, sexueller und reproduktiver Gesundheit sowie nachhaltiger Entwicklung angemessen berücksichtigen.

Folgendes muss dafür umgesetzt werden:

  • Es ist von entscheidender Bedeutung, dass alle Bildungsministerien und öffentlichen Institutionen sicherstellen, dass Schülerinnen und Frauen in ihrer Vielfalt ihre Menstruation mit Würde bewältigen können.
  • Es bedarf gezielter Maßnahmen und gemeinsamer Anstrengungen von Führungskräften und Interessengruppen, um die Menstruationsarmut zu beseitigen. Insbesondere im Rahmen des Prinzips "leave no one behind" sollten wir uns bewusst sein, dass viele Mädchen und Frauen in einkommensschwachen Gebieten große Schwierigkeiten haben, sauberes Wasser, sichere Sanitäranlagen und erschwingliche Menstruationsprodukte zu erhalten.
  • Schulmädchen sollten kostenlos Menstruationsprodukte zur Verfügung gestellt werden. Frauen sollten weder mit Doppelbesteuerung konfrontiert noch in ihrer Wahl eingeschränkt werden, welche Produkte sie verwenden möchten.
  • Es ist darüber hinaus notwendig, dass Regierungen in akademische Forschung zu menstruationsbedingten chronischen Erkrankungen wie Endometriose investieren, um Mädchen und Frauen besser zu unterstützen.

Frauen und Mädchen wollen Freiheit, Sicherheit und Würde sowie Bildung, um informierte Entscheidungen treffen und das Menstruationsprodukt ihrer Wahl erwerben zu können. Geldgeber sollten die langfristige Finanzierung von Projekten zur Menstruationshygiene in lokalen Gemeinschaften in Betracht ziehen, einschließlich solcher, die von den Mädchen selbst geleitet werden. Diese Projekte werden organisiert, um patriarchale Systeme und Strukturen herauszufordern, damit Mädchen stolz auf ihre Menstruation sein können. Sie brechen das Schweigen und regen Dialoge in der Gemeinschaft an, wodurch sie schließlich soziale Normen und negative Erzählungen verändern.

 

Rachael Mwikali ist eine kenianische Menschenrechtsaktivistin, die sich weltweit für die Gleichberechtigung der Geschlechter sowie sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte einsetzt.