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Rede zur Lage der Nation
Trumps Rede: Viel Selbstlob, wenig klare Konzepte

US-Präsident Trump bei seiner Rede im Kongress

US-Präsident Trump bei seiner Rede im Kongress.

© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Ben Curtis

Würde Trump bei seinem Primetime-Auftritt eine andere Rede halten als 2017, als er das erste Mal vor den Mitgliedern von Senat und Repräsentantenhaus sprach? Die Zutaten damals waren ausgiebiges Selbstlob, Verdammen der Politik des Vorgängers und sogenannte TV-Momente, also anrührende Schicksale von Personen, die eingeladen wurden, bei der Rede dabei zu sein. Nicht erst um 22:59 Uhr, war klar: Das waren auch diesmal die Zutaten.

Die Spindoktoren des Weißen Hauses hatten verbreitet, die Rede werde sich insbesondere um das Thema Wirtschaft und Inflation drehen. Umfragen zeigen, dass etwa 70 Prozent der Amerikaner zuerst Antworten auf die weiter steigenden Lebenshaltungskosten erwarteten. Das wohl wichtigste Wahlversprechen Trumps war, die Preise zu senken. Auf dieses wichtigste innenpolitische Thema verwendete er keine zwei Minuten: 1. Biden ist schuld. 2. Die Landwirtschaftsministerin kümmert sich um die Eierpreise. Das klang ziemlich profan für einen Präsidenten, der in der Rede verkündete, dass das goldene Zeitalter Amerikas angebrochen sei.  

Trumps Finanz- und Handelspolitik: Vage Ankündigungen und neue Zölle

Bei der Finanzpolitik wurde es nur etwas konkreter: Trump erklärte, er wolle einen ausgeglichenen Haushalt. Beim Thema Steuersenkung war vor allem interessant, was er nicht gesagt hat: seine sonst oft vorgetragenen 4 Billionen Dollar als Gesamtsumme kamen nicht mehr vor. Hintergrund ist, dass im Kongress auch seine Republikaner solch eine Summe nicht durch Kürzungen finanzieren wollen.

Niemand hat erwartet, dass Donald Trump sich für negative Folgen seiner Politik rechtfertigt. Doch kurz vor der Rede war jedoch aus einem Ministerium die Erwartung gestreut worden, dass die Zölle gegen Kanada und Mexiko schon am nächsten Tag ausgesetzt würden.  Durch seine Strafzölle, die höchsten in der US-Geschichte seit 100 Jahren, hat Trump die globalen Kapitalmärkte verunsichert. Auch amerikanische Autokonzerne verloren massiv am Aktienmarkt. Von einem Aussetzen war aber bei Trump nicht die Rede. Er hat dagegen angekündigt, dass ab dem 2. April alle Staaten mit reziproken Zöllen belegt würden. Als Beispiel wurde insbesondere Südkorea genannt, das viermal so hohe Zölle für US-Produkte erhebe wie die USA für südkoreanische Produkte. Eine von Hoffnung und nicht vom Text der Rede getragene Interpretation könnte sein: Vielleicht sind reziproke Zölle ein Ausweg aus den sinnlosen und schädlichen Handelskriegen. Dagegen spricht allerdings, dass Trump und sein neuer Handelsbeauftragter an anderer Stelle angekündigt haben, auch auf von den USA wahrgenommene nichttarifäre Handelshemmnisse wie etwa bestimmte Steuern mit Zöllen reagieren zu wollen.

Strikte Einwanderungspolitik, pragmatische Außenpolitik, militärische Pläne

Neben den vielen Einzelschicksalen war illegale Immigration wohl das größte Thema. Hier kann er bereits eine beeindruckende Bilanz seiner 43 Tage währender Amtszeit aufweisen. Seine Drohungen und angekündigte Deportationen haben die illegalen Grenzübertritte an der Südgrenze drastisch reduziert, auch wenn der Rückgang schon vor über einem Jahr begonnen hat.

Ab 22.38 gab es ein paar Minuten Außenund Sicherheitspolitik. Trump erwähnte den versöhnlichen Brief von Selenskyj und ein Telefonat mit Putin, was scheinbar eine Wiederaufnahme der Gespräche mit der Ukraine bedeutet.

Es wurde deutlich: Trump ist zwar kein Isolationist. Aber Außenpolitik hat für ihn eine dienende Funktion für die Innenpolitik. Er möchte einen Deal machen und zwar schnell und völlig gleichgültig zu welchem geopolitischen Preis.

Außerdem kündigte Trump den Aufbau eines „golden Dome“ für die USA  nach dem Vorbild von SDI an und gab die Gefangennahme eines islamistischen Attentäters bekannt.

Trotz vieler einzelner Mitteilungen und Ankündigungen, trotz ihrer Länge: Diese Rede hatte keine zentrale Botschaftweder an die Amerikaner noch an den Rest der Welt. Sie wirkte fast wie im Wahlkampf steckengeblieben. Im Mittelpunkt standen das Ego des Präsidenten und viele Slogans, Argumente oder belastbare Konzepte waren dagegen Mangelware.

Die oppositionellen Demokraten gaben ihrem Missfallen während der Rede überdeutlich Ausdruck, ähnlich wie das die Republikaner bei der letzten State of the Union von Präsident Biden getan hatte. In der Erwiderung auf die Rede, die die demokratische Senatorin Elissa Slotkin in Wyandotte, einer Stadt in Michigan, die für sie als Senatorin und für Donald Trump als Präsidenten gestimmt hatte, lieferte, fokussierte sie vor allem auf die sozialen und wirtschaftlichen Ängste vieler Amerikaner, die z.B. Kürzungen in den Gesundheitsprogrammen befürchten und weiterhin von hohen Preisen betroffen sind. Sie anerkannte, dass die Wähler Veränderungen und Einsparungen in der großen staatlichen Verwaltung wollen, forderte aber eine zivilisierte Umsetzung von Reformen und nahm die wachsende Kritik am Vorgehen von Elon Musk auf. Hier deuteten sich die Linien an, die die Demokraten im Umgang mit Trump in den Vordergrund stellen werden.

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Florian von Hennet
Florian von Hennet
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