Handelsprotektionismus
Trumps Traumwelt
Angerissene und ineinander verkeilte EU- und USA-Fahne, Symbolfoto Zollstreit und Zoll-Deal.
© picture alliance / CHROMORANGE | Christian Ohde"Investment follows trade, not tariffs." Das ist vielleicht die kürzeste Antwort, die man Donald Trump auf seine Zollpolitik geben kann, jedenfalls aus volkswirtschaftlicher Sicht.
Die Geschichte der Globalisierung hat es immer wieder gezeigt: Wenn die Wertschöpfungsketten zweier Länder über den Handel stark verflochten sind, dann kommt es auch zu mehr Direktinvestitionen - in Gestalt von neuen modernen Fabriken, die im Zielland der Exporte errichtet werden. Der ökonomische Grund dafür ist simpel: Handel und Investitionen sind komplementär. Sie ersetzen sich nicht, sondern ergänzen sich. Erst, wenn der Markt eines Handelspartnerlandes einigermaßen erschlossen und vertraut ist, wagen sich Unternehmen daran, vor Ort neue Zweigwerke zu errichten. Dies gilt vor allem für den industriellen Mittelstand, für den eine Auslandsinvestition noch immer eine Entscheidung mit hohen Risiken und Fixkosten darstellt.
Deshalb ist der Protektionismus von Donald Trump zumindest auf lange Sicht ein sicherer Weg, um dem eigenen Land schaden zuzufügen. Er vertreibt Investoren statt sie anzulocken. Darüber waren sich auch die Teilnehmer einer jüngsten internationalen Konferenz der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Washington D. C. ziemlich einig. Geradezu absurd wirkt diese Politik im Verhältnis zu Kanada, dem nördlichen Nachbarn der USA, der wie kein zweites Land der Welt wirtschaftlich mit den USA verflochten ist. Dies machte bei der Konferenz höchst eindrucksvoll der Repräsentant der kanadischen Provinz Ontario David W. Paterson deutlich. Für jeden, der ihm zuhörte, war klar: Diese Politik wird scheitern, und zwar eben auch wegen der Abhängigkeit der USA von Kanada bei Rohstoffen sowie industriellen Vor- und Zwischenprodukten.
Handelskonferenz in Washington, D.C.: „Handel im Zeitalter der Geoökonomie“
Die neue Globalisierung erfordert offene Märkte, schlanke Vereinbarungen und eine stärkere Wettbewerbsfähigkeit Europas gegenüber Protektionismus und politisiertem Handel, wie Karl-Heinz Paqué in seiner Rede auf der Konferenz in Washington betonte.
Wie reagiert die Wirtschaft in Deutschland auf Trumps Zollpolitik? Eine erste Blitzumfrage des DIHK gibt darüber Auskunft. Am stärksten - von rund 80 Prozent der im US-Geschäft tätigen Unternehmen - wird die Unsicherheit in der Planung beklagt, denn die Industrie hat offenbar kein Vertrauen, dass es bei einem Zoll von 15 Prozent bleibt (siehe Grafik S.3, DIHK-Blitzunfrage). Interessant dabei ist, dass die Mehrheit der Unternehmen auf längere Sicht eine härtere Haltung der EU bevorzugen würde - härter, als sie bei den Verhandlungen im Juli zum Ausdruck kam. Deutlich mehr als die Hälfte der Unternehmen sehen dies so - selbst auf das Risiko hin, dass es im Extremfall zu einem Handelskrieg kommen könnte. Dies gilt dabei überdurchschnittlich für jene Unternehmen, die bereits heute in die USA exportieren.
Der EU-Kommission und der deutschen Politik sollte dies zu denken geben. Mag sein, dass bei den Verhandlungen im Juli kurzfristig "nicht mehr drin war", als gegenüber Trump ohne Gegenleistung nachzugeben. Dies kann aber keine Lösung auf Dauer sein. Die EU und vor allem Deutschland als industrielle Kernregion Europas müssen ihre Verhandlungsposition stärken - durch intensive Suche nach alternativen Handelspartnern, aber auch durch eine gezielte Politik des wirtschaftlichen Wachstums.
Davon ist leider bisher wenig zu sehen. Trump hat deshalb allen Grund zu glauben, mit Europa könne man umspringen wie mit einem politischen Leichtgewicht. Dies darf so nicht weitergehen. Die deutschen Unternehmen haben dies, wie die Umfrage zeigt, wohl schon erkannt, die Politik dagegen noch nicht.