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Israel
„Wir erleben gerade die Geburt eines neuen liberalen Lagers in Israel“

40 Jahre liberaler Dialog
Tzipi Livni, stellvertretende Ministerpräsidentin Israels a.D.

Tzipi Livni, stellvertretende Ministerpräsidentin Israels a.D.

© Omer Dolev

Anlässlich des 75. Geburtstages Israels und des 40. Geburtstages des Stiftungsbüros in Jerusalem fand am 18. Juni 2023 eine hochkarätige Veranstaltung der Stiftung zu „40 Jahre liberaler Dialog“ statt. Über 100 liberale Partner und Freunde aus Israel und den Palästinensischen Gebieten folgten im Peres Center for Peace and Innovation den Reden von Tzipi Livni, stellvertretende Ministerpräsidentin Israels a.D., Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und deutsche Justizministerin a.D., sowie Steffen Seibert, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Israel.

Die Veranstaltung sollte Dialog und Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Israel weiter stärken – genauso wie den Dialog innerhalb Israels und mit den nächsten Nachbarn. Das Jerusalem Büro der Stiftung, mit dem besonderen gemischten israelisch-palästinensischen Team, schafft Anlässe für Begegnungen und will innergesellschaftlich wie für die israelisch-palästinensischen Beziehungen eine liberale Innovationsplattform sein.

Das Jerusalem Büro der Friedrich-Naumann-Stiftung.

Das Jerusalem Büro der Friedrich-Naumann-Stiftung.

© Omer Dolev

„Alle deutschen politischen Stiftungen in Israel handeln aus Freundschaft“

Nach einer Begrüßung durch Yarden Leal-Yablonka vom Peres Center for Peace and Innovation und einem Einspielvideo zur Stiftungsarbeit des Büros Jerusalem, eröffnete der Deutsche Botschafter Steffen Seibert die Veranstaltung und betonte mit Nachdruck die Bedeutung des deutsch-israelischen Dialogs. „Alle deutschen politischen Stiftungen in Israel handeln aus Freundschaft und Verpflichtung gegenüber dem Staat Israel“, sagte er und hob dann hervor, dass die Friedrich-Naumann-Stiftung bei ihm einen besonderen Eindruck hinterlassen hatte in der Förderung der bilateralen Beziehungen über die liberalen Partnerzusammenarbeit. Er erwähnte dabei die Parteipartner von Yesh Atid - der Partei des ehemaligen Premierministers Yair Lapid – als auch die Projekte im Bereich Innovation und Startup, insbesondere auch im arabischen Teil Israels.

Dabei hob der Botschafter die Tatsache hervor, dass die Friedrich-Naumann-Stiftung die einzige Stiftung sei, deren Team sowohl aus israelischen als auch aus palästinensischen Mitgliedern bestehe und fügte hinzu: „Wir sind der festen Überzeugung, dass auch das palästinensische Volk das Recht verdient, in Würde und Selbstbestimmung zu leben, und dass der Staat Israel eines Tages einen dauerhaften Frieden des Zusammenlebens finden wird. Das ist unsere aufrichtige Hoffnung“.

Steffen Seibert, Deutscher Botschafter in Israel

Steffen Seibert, Deutscher Botschafter in Israel 

© Omer Dolev

Gestärkte Deutsch-Israelische Beziehungen

Israel und Deutschland seien „heute enge und starke Partner. Wir wurden Partner und Freunde trotz der schrecklichen Verbrechen, die die Deutschen während der Shoah an den Juden begangen haben“, befand Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

„Nach unserer dunklen Vergangenheit haben wir versprochen "Nie wieder". Die Einrichtung von Menschenrechten und einer liberalen Demokratie führten zu unserer Friedensdoktrin.“ Diesen Frieden wünschte sie zuerst auch Israelis und Palästinensern. Sie betonte dann aber, dass es in Deutschland auch naiven Pazifismus gäbe. Erst der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hätte vielen „die Augen geöffnet“ und „bringt Demokratien weltweit zusammen“. Die neue Klarheit in der deutschen Außenpolitik „stärkt die Deutsch-Israelischen Beziehungen. Wir lernen alle, dass wir unsere Kooperation weiter stärken müssen, während unsere größten Bedrohungen – Iran und Russland – enge strategische Alliierte werden.“ Sie betonte eine hoffnungsvolle Erleichterung, dass auch „unser liberaler Freund Yair Lapid beständig auf diesen Punkt hinweist.“

Auf die konkrete Stiftungsarbeit eingehend betonte Leutheusser-Schnarrenberger „Innovationslogik zur Lösung von Problemen zu fördern. Wir versuchen, Gelegenheiten zum Dialog in alle Richtungen zu schaffen“. Es sei dabei wichtig „offen, kreativ und mutig“ zu bleiben, „um den liberalen Dialog in den kommenden 40 Jahren zur Verwirklichung zu bringen.“ Leutheusser-Schnarrenberger stellte dann die „liberale Freundin und ehemalige Vizepremierministerin Tzipi Livni“ als Vertreterin des liberalen Israels vor.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

© Omer Dolev

„Die derzeitige israelische Regierung delegitimiert die liberalen Kräfte“

Tzipi Livni sprach dann darüber, was es bedeute, im heutigen Israel liberal zu sein. Geprägt von den aktuellen Plänen der israelischen Regierung „unter dem Vorwand einer Justizreform die Gewaltenteilung abzuschaffen“. Lange selbst Regierungsvertreterin, auch als Ministerin unter dem aktuellen Premierminister Benjamin Netanjahu, sagte sie, dass für Liberale heute leider klar sei: „Die derzeitige israelische Regierung delegitimiert die liberalen Kräfte, die sich für Menschenrechte und Demokratie in Israel einsetzen“.

Tzipi Livni, stellvertretende Ministerpräsidentin Israels a.D

Tzipi Livni, stellvertretende Ministerpräsidentin Israels a.D

© Omer Dolev

Die aktuelle Regierung verstehe unter „Demokratie die Herrschaft der Mehrheit“. Doch „für die Hunderttausenden an Menschen, die seit Monaten in Israel demonstrieren“ bedeute Demokratie auch, dass die Macht der Mehrheit durch die Justiz beschränkt werden müsse: „Die Schranken sind: Menschenrechte, Bürgerrechte und Minderheitsrechte“. Die Bevölkerung erfahre aktuell einen Sinneswandel: „Wir erleben gerade die Geburt eines neuen liberalen Lagers in Israel“, so Livni. Die Menschen seien stolz darauf, dass sie sich für die Demokratie und für liberale Werte einsetzen. „Und ich bin stolz darauf, ein Teil dieser Gruppe zu sein“.

Tzipi Livni betonte im zweiten Teil ihrer Rede dann auch, dass viele in Israel heute nicht vergessen dürften, dass man auch nicht aufgeben dürfe, eine Aussöhnung mit den Palästinensern anzustreben, um ein „friedliches Zusammenleben“ beider Völker zu erreichen.