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Jugend
Eine Reform für mehr Generationengerechtigkeit

Ria Schröder
© Ria Schröder

Der Koalitionsausschuss hat sich in dieser Woche zu einer Änderung des Wahlrechts durchgerungen. Drei Überhangmandate sollen in Zukunft nicht mehr ausgeglichen werden. Diese Mutlosigkeit hat das Wort ,Reform' nicht verdient. Die Auswirkungen sind überschaubar und eine andere Frage wurde weiter auf die lange Bank geschoben: Ist das Wahlalter 18 noch angemessen?

„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“. Ausgehend von diesem Statut unseres Grundgesetzes, könnte man auf die Idee kommen, dass das ganze Volk auch wählen darf. Allerdings sind Personen unter 18 Jahren von Wahlen ausgeschlossen. Ihnen wird das Wahlrecht vorenthalten.

Derzeit leben ca. 1,5 Mio. junge Menschen zwischen 16 und 18 Jahren in Deutschland. Mit 14 Jahren dürfen sie ihre eigene Religion frei bestimmen und können strafrechtlich für ihre Handlungen verantwortlich gemacht werden. Junge Menschen arbeiten, sie zahlen Steuern und Sozialabgaben und nehmen als Konsumenten am Wirtschaftsleben teil. Für Berufstätige kennt das Gesetz sogar eine bereichsbezogene volle Geschäftsfähigkeit schon ab 16 Jahren. Schon vor dem Erreichen der Volljährigkeit treffen junge Menschen weitreichende Entscheidungen, die ihr gesamtes Leben beeinflussen. So gibt es immer mehr Schulabsolventen, die zwar noch nicht wählen dürfen, sich durch die Entscheidung für einen Ausbildungs- oder Studienplatz aber langfristig binden. Wer Entscheidungen von solcher Tragweite treffen muss, sollte auch den politischen Rahmen seiner Zukunft mitbestimmen können.

Kinder und Jugendliche sind von den heutigen Entscheidungen am längsten betroffen. Die Folgen der heutigen Renten-, Finanz- Digital- und Klimapolitik werden sich auch dann noch auf ihr Leben auswirken, wenn die heute Verantwortlichen schon nicht mehr sein werden. Fehlentscheidungen von heute stellen sie vor die vollendeten Tatsachen von morgen.

Man könnte sagen: Die Sicht junger Menschen wird von der Bundesregierung in ihren Entscheidungen berücksichtigt, auch ohne dass diese wählen können. Das Gegenteil ist allerdings der Fall: Während Kitas und Schulen wegen der Corona-Pandemie geschlossen waren, Schülerinnnen und Schüler teils über Wochen keine einzige Stunde Unterricht erhielten und viele junge Menschen um ihre Ausbildungs- und Arbeitsplätze bangten, hat die Große Koalition das Rentenniveau erhöht und die Grundrente eingeführt und damit langfristige, zusätzliche Lasten für die junge Generation geschaffen - neben dem 130 Milliarden schweren Konjunkturpaket. Wir erleben die schwerste Rezession der Nachkriegszeit, die Gesamtverschuldung der Bundesrepublik ist auf einen Schlag um 125 % gestiegen. Die Folgen dessen tragen vor allem die Jungen. Von Generationengerechtigkeit keine Spur.

Es wird Zeit, dass die Interessen von Schülerinnen und Schülern, Auszubildenden und Studierenden ein stärkeres politisches Gewicht erhalten. Denn Ihnen stehen rund 24 Millionen Menschen gegenüber, die in Deutschland älter als 60 sind und ein Jahr vor der Bundestagswahl 2021 das Maß der politischen Entscheidungen der Bundesregierung sind.

Eine zukunftsorientierte Politik ist gerade dann entscheidend, wenn es darum geht, den Menschen in diesen schweren Zeiten der Pandemie wieder Hoffnung zu geben. Statt nur um die Zukunft ihrer Plätze im Plenarsaal zu bangen, sollten sich die Mitglieder der Koalitionsfraktionen endlich um die Zukunft aller in unserem Land kümmern. Eine Wahlrechtsreform,  die Jugendliche miteinbezieht, wäre ein wichtiger Beitrag hierzu und das Wahlrecht ab 16 ein kraftvolles Zeichen zur Stärkung der Generationengerechtigkeit und der Demokratie.