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Internationale Politik
EU-Gipfel zu Migration: Weit vom Konsens entfernt

Migration über das Mittelmeer

Migration über das zentrale Mittelmeer. 

© picture alliance / Daniel Kubirski | Daniel Kubirski

Am 9. und 10. Februar fand in Brüssel ein Sondergipfel statt, der sich schwerpunktmäßig der Migrationspolitik der EU widmen sollte. Thema beim Gipfel war unter anderem auch die Kooperation der Europäischen Union mit relevanten Herkunftsländern im gemeinsamen Migrationsmanagement. Was beim Gipfel nicht adressiert wurde, war die Tatsache, dass viele Menschen sich gerade vor allem deswegen auf den Weg machen, weil sie keine legalen Einreisemöglichkeiten haben. Die polarisierende Thematik, die die Mitgliedstaaten immer wieder spaltet, wurde angesichts des Besuchs des ukrainischen Premierministers Selenskyi jedoch zum Nebenschauplatz.

Die Schlussfolgerungen des Gipfeltreffens enthielten keine neue Ankündigungen und die Diskussion war einseitig auf Migrationsverhinderung fokussiert. So riefen die Staats- und Regierungschefs vor allem dazu auf, bestehende Aktionspläne wie etwa für den zentralen Mittelmeerraum oder die Westbalkanländer umzusetzen. Thema beim Gipfel war unter anderem auch die Kooperation der Europäischen Union mit relevanten Herkunftsländern im gemeinsamen Migrationsmanagement. Angesichts einer Rückführungsquote von lediglich 21% sollten Herkunftsländer im Rahmen der Visapolitik der EU stärker an die Leine genommen werden. Das hieße im Einzelfall dann auch, dass Staatsbürgern Visa vorenthalten würden, wenn die Herkunftsländer bei der Rückführung irregulärer Migranten nicht kooperierten. Dazu wäre jedoch eine Harmonisierung der jeweiligen Rückführungspraxis in jedem Mitgliedstaat mindestens genauso wichtig.

Migrationssackgasse: Legale Einreisemöglichkeiten in die EU

Was beim Gipfel nicht adressiert wurde, war die Tatsache, dass viele Menschen sich gerade vor allem deswegen auf den Weg machen, weil sie keine legalen Einreisemöglichkeiten haben. Legale Migrationswege zu schaffen, sollte daher genauso Fokus der Debatte sein, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der dramatischen Fachkräftelücke, die sich nicht nur in Deutschland auftut. Dazu müsste das Rad nicht neu erfunden werden, sondern bestehende Instrumente wie die EU Blaue Karte besser genutzt werden, wie die Bundestagsabgeordnete Ann-Veruschka Jurisch von der FDP im Zuge der aktuellen Gesetzesdebatte zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz kommentiert: "Mir ist es wichtig, dass wir die europäischen Mittel der Blue Card voll ausschöpfen. Dazu zählt auch, dass eine Einwanderung für Arbeitskräfte nicht akademischer Berufe ermöglicht wird. Deutschland leidet an einem Arbeitskräftemangel, der sich in den nächsten Jahren noch viel intensiver bemerkbar machen wird, wenn wir jetzt nicht entgegensteuern."

Auch wenn legale Migration als Anreiz für eine bessere Kooperation mit Herkunftsländern im Abschlussdokument des Gipfels genannt wird, lag der Fokus der Diskussionen eindeutig auf der Verschärfung weiterer restriktiver Maßnahmen im gemeinsamen Grenzmanagement, etwa durch die Grenzschutzagentur Frontex oder das verbesserte Datenmonitoring. Die EU-Staats- und Regierungschefs einigten sich auf "beträchtliche" Mittel zur Verstärkung von Kameras und Grenzpersonal, überschritten dabei jedoch nicht die rote Linie der Direktfinanzierung von Zäunen oder gar Mauern, wie dies zuletzt beispielsweise Österreich gefordert hatte.

Liberale Lösungen im Mittelmeerraum

Im Rahmen des Mittelmeerdialog-Projektes hat das Madrider Büro der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit angesichts dieser Herausforderungen die Migration Policy Group ins Leben gerufen: ein Zusammenschluss liberaler politischer Entscheidungsträger und Experten, um politische Maßnahmen in Bezug auf Migrationsfragen europäisch abzustimmen und voranzutreiben.

In diesem Zusammenhang wurde ein Aktionsplan entwickelt, um das Netzwerk liberaler politischer Entscheidungsträger und Expertinnen auf diesem Gebiet zu stärken. Dabei soll der Austausch zu laufenden Initiativen zwischen der EU und ihren Nachbarn im Mittelmeerraum gefördert werden. Ende letzten Jahres organisierte die Stiftung in Madrid in Zusammenarbeit mit dem Büro in Westafrika ein Besuchsprogramm im Senegal, um die Ursachen der Emigration aus der Region zu untersuchen und besser zu verstehen. Die wichtigsten Erkenntnisse der Reise werden in dem in Kürze erscheinenden Bericht „EU Migration Policy Making: A Euro-Mediterranean Glimpse on Cooperation With Key Third Countries" festgehalten. Schwerpunkt des Berichts ist, bewährte Praktiken aufzuzeigen und neue Ansätze für eine konstruktive und zukunftsorientierte Debatte über das Migrationsmanagement in der Europa-Mittelmeer-Region zu liefern.

Die Initiative „Migration Policy Group“ entspringt der Überzeugung, dass die Zusammenarbeit zwischen der EU und ihren Nachbarn im Mittelmeerraum verstärkt werden muss. Sie soll vorhandene Expertise bündeln und den Austausch über Fragen der Migrationssteuerung fördern sowie die Bedeutung der Zusammenarbeit der EU mit wichtigen Drittländern hervorheben.