Innovation
Zukunft durch Innovation – Wie Deutschland wieder zur Innovation Nation wird
Verzahnungsmaschine
© picture alliance / Lars Büchel/Shotshop | Lars BüchelDeutschland war lange ein Synonym für Ingenieurskunst, technologische Exzellenz und wirtschaftliche Stärke. Doch dieses Selbstverständnis gerät ins Wanken. Internationale Innovationsrankings, stagnierendes Wachstum und eine schwache Start-up-Dynamik zeichnen ein klares Bild: Deutschlands Innovationskraft lässt nach – nicht plötzlich, sondern schleichend.
Dabei sind die Voraussetzungen weiterhin hervorragend. Deutschland investiert über drei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in Forschung und Entwicklung, verfügt über eine leistungsfähige Wissenschaftslandschaft und zahlreiche industrielle „Hidden Champions“. Und doch gelingt es immer seltener, neue Technologien schnell in marktfähige Produkte zu überführen.
Forschung allein reicht nicht
Innovation ist der wichtigste Treiber von Wachstum und Wohlstand. Studien zeigen, dass bis zu 75 Prozent des langfristigen Wirtschaftswachstums auf technologische Neuerungen zurückgehen. Doch Innovation entfaltet ihre Wirkung jedoch erst, wenn Wissen in Wertschöpfung übersetzt wird.
Genau hier liegt das deutsche Problem. Während andere Länder bei Digitalisierung, Künstlicher Intelligenz oder Wagniskapital massiv aufholen oder davonziehen, verliert Deutschland Zeit. Genehmigungen dauern zu lange, Zuständigkeiten sind zersplittert, und das regulatorische Umfeld schreckt Gründer und Investoren ab.
Der internationale Vergleich ist ernüchternd
Im Global Innovation Index ist Deutschland erstmals aus den Top Ten gefallen. Besonders schwach schneidet der Standort bei digitalen Infrastrukturen, Venture Capital, Gründungsaktivität und Bildungsausgaben ab. Gleichzeitig investieren die USA und China mit enormem Tempo in Zukunftstechnologien – und sichern sich damit Marktführerschaften von morgen.
Das Policy Paper „Zukunft durch Innovation“ diagnostiziert deshalb nicht ein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsdefizit.
Die 7 K als Reformkompass
Um die Trendwende zu schaffen, formuliert das Papier sieben zentrale Handlungsfelder – die „7 K der Innovationsförderung“: Köpfe, Kultur, Know-how, Kreativität, Kapital, Kooperation und Katalyse. Sie beschreiben, wo angesetzt werden muss, um Innovationsdynamik freizusetzen.
Es geht darum, Talente zu gewinnen und zu halten, eine Kultur des Ermöglichens zu etablieren, den Wissenstransfer zu stärken, mutige Sprunginnovationen zu fördern, ausreichend Risikokapital bereitzustellen, Kooperationen zu vertiefen und den Staat als aktiven Ermöglicher zu positionieren.
Innovation als nationales Projekt
Innovationspolitik darf kein Nischenthema sein, da sie Wirtschafts-, Bildungs-, Standort- und Gesellschaftspolitik zugleich betrifft.
Deutschland hat in der Vergangenheit bewiesen, dass es große Transformationen gestalten kann. Ob dies erneut gelingt, entscheidet sich jetzt. Eine Rückkehr zur „Innovation Nation“ ist sicher kein Selbstläufer – aber sie bleibt möglich, wenn jetzt Tempo, Mut und Vertrauen wieder Leitprinzipien der Politik werden.
Kernbotschaften
1. Deutschlands Innovationskraft erodiert – nicht abrupt, sondern strukturell
Deutschland gehört zwar weiterhin zur Weltspitze in Forschung und Wissenschaft, verliert aber kontinuierlich an Boden bei technologischer Umsetzung, Gründungsdynamik sowie Skalierung. Internationale Innovationsrankings zeigen einen schleichenden, aber eindeutigen Abstieg.
2. Innovation ist der zentrale Wachstumstreiber – und bleibt doch untergenutzt
Bis zu drei Viertel des langfristigen Wirtschaftswachstums entstehen durch technologische Innovationen. Deutschland investiert zwar viel in Forschung, erzielt daraus aber zu wenig wirtschaftliche und gesellschaftliche Wertschöpfung.
3. Das Kernproblem ist nicht fehlendes Wissen, aber mangelndes Tempo
Langsame Verfahren, fragmentierte Zuständigkeiten sowie regulatorische Überfrachtung bremsen Innovation aus. Während andere Länder mit hoher Geschwindigkeit neue Technologien zur Marktreife bringen, verharrt Deutschland im Verwaltungsmodus.
4. Besonders bei Zukunftstechnologien ist die Umsetzung schwach
In Schlüsselbereichen wie KI und Digitalisierung aber auch in der Struktur, etwa bei Venture Capital, Start-up-Fördermöglichkeiten und Sprunginnovationen liegt Deutschland international weit zurück.
5. Innovationspolitik ist Standortpolitik
Innovationsfähigkeit entscheidet über Wohlstand, Beschäftigung, technologische Souveränität und gesellschaftliche Resilienz.
6. Die „7 K“ bilden ein integriertes Reformkonzept
Köpfe, Kultur, Know-how, Kreativität, Kapital, Kooperation und Katalyse greifen ineinander. Fortschritte in einzelnen Bereichen reichen nicht aus – nötig ist ein systemischer Ansatz. Ein moderner Innovationsstaat beschleunigt Prozesse, schafft Experimentierräume und vertraut Akteuren. Innovationspolitik muss sich von der Logik der Legislaturperioden lösen.
Was jetzt aus liberaler Sicht zu tun ist
- Innovation beschleunigen: Genehmigungen, Förderungen und Transfers radikal vereinfachen und verkürzen.
- Talente gewinnen: Qualifizierte Zuwanderung, Anerkennung von Abschlüssen und attraktive Standortbedingungen für Spitzenkräfte schaffen.
- Freiheit für Forschung und Unternehmertum: Weniger Mikromanagement, mehr Risiko- und Fehlertoleranz.
- Kapital mobilisieren: Venture Capital stärken, institutionelle Investoren einbinden, europäische Kapitalmärkte entwickeln.
- Sprunginnovationen priorisieren: SPRIND ausbauen, technologieoffen fördern, mutige Missionen definieren.
- Kooperation systematisieren: Wissenschaft, Wirtschaft, Start-ups und Staat strategisch vernetzen – national und europäisch.
- Staatliche Katalyse stärken: Öffentliche Beschaffung, Reallabore und digitale Verwaltung als Innovationshebel nutzen.