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Portugal
Portugals Premier Costa tritt zurück – Neuwahlen im März 2024

António Costa

Der scheidende portugiesische Premierminister Antonio Costa (Mitte) kommt zur Sitzung des Staatsrats, die von Präsident Marcelo Rebelo de Sousa einberufen wurde.

© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Armando Franca

António Costa, Portugals Premierminister seit 2015, ist inmitten von Vorwürfen der Verwicklung in Einflussnahme, Korruption und fragwürdigem Verhalten bei der Vergabe von Energieprojekten zurückgetreten. Sein Rücktritt erfolgte, nachdem bekannt wurde, dass der Oberste Gerichtshof eine Untersuchung gegen ihn eingeleitet hatte. Das Verfahren konzentriert sich auf seine Rolle bei der Vergabe von zwei Aufträgen für den Lithiumabbau in Montalegre und Covas do Barroso sowie auf eine Initiative zur Herstellung von grünem Wasserstoff in Sines. Die Kette von Ereignissen begann mit der Verhaftung von zwei Costa nahestehenden Personen am Morgen: seinem Stabschef Vítor Escária und dem Unternehmer Diogo Lacerda Machado.


Im Anschluss an diese Verhaftungen enthüllte die Generalstaatsanwaltschaft, dass auch gegen Costa selber, wegen seiner Rolle bei der Förderung von Unternehmen mit Verbindungen zur portugiesischen Energiewende, ein separates Ermittlungsverfahren durch den Obersten Gerichtshof läuft. Im Rahmen dieser Untersuchung wurden unter anderem João Galamba, der Minister für Infrastruktur, und Nuno Lacasta, der Präsident der portugiesischen Umweltagentur, verhört.


Als Reaktion auf diese Anschuldigungen forderte die konservative (sic!) Sozialdemokratische Partei (PSD), die wichtigste Oppositionspartei in Portugal, eine sofortige Sitzung ihres ständigen Ausschusses. Rui Rocha, der Vorsitzende der FNF-Partnerpartei „Liberale Initiative“, kommentierte die Ereignisse unterdessen mit den Worten: "Ich glaube nicht, dass es eine andere Lösung gibt als die Auflösung der Versammlung der Republik und Neuwahlen, damit die Portugiesen ihre Meinung sagen können".

Forderungen nach Rücktritt

Rocha forderte Costa zum Rücktritt auf und verwies auf die Schwere der Verdachtsmomente in seinem Umfeld. André Ventura, der Vorsitzende der rechtsextremen Partei Chega („Es reicht“), verlangte seinerseits die sofortige Absetzung von Minister João Galamba und forderte Costa auf, der Nation eine Erklärung zu geben.


Medienberichten zufolge sind die Ermittlungen Teil einer laufenden Untersuchung der Zentralen Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörde , die bereits Ende 2019 aufgrund einer anonymen Beschwerde eingeleitet wurde. Dabei soll festgestellt werden, ob bestimmte portugiesische Unternehmen (wie EDP, Galp und REN) bei ihrer Beteiligung an einem grünen Wasserstoffprojekt in Sines bevorzugt behandelt wurden.


Darüber hinaus erstreckt sich die Untersuchung auf ein weiteres bedeutendes Lithiumprojekt in Covas do Barroso, nahe der galicischen Grenze. Dies wurde von der portugiesischen Umweltbehörde trotz fast tausend Einwänden und dem Widerstand eines UN-Berichterstatters genehmigt. Obwohl die Umweltbehörde die potenziellen Risiken einer UN-Ausweisung anerkannte, gab sie grünes Licht für das Projekt des britischen Unternehmens Savannah Lithium. Die Behörde äußerte nur Bedenken hinsichtlich der Kompatibilität und Integration in die Landschaft.

Neuwahlen im März angekündigt

Die Untersuchung der angeblichen Unregelmäßigkeiten betrifft sowohl den derzeitigen Umweltminister Duarte Cordeiro als auch seinen Vorgänger João Pedro Matos Fernández. Galamba stand bereits seit einigen Monaten wegen seines Umgangs mit der politischen Krise um die Fluggesellschaft TAP unter Beobachtung. Dieser Vorgang führte bereits zu seinem Erscheinen vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss.


Anfang Januar bestätigte die Generalstaatsanwaltschaft, dass es eine Untersuchung zu Unternehmen im Zusammenhang mit Lithium und grünem Wasserstoff gibt. Als Minister Galamba zu diesem Verfahren befragt wurde, antwortete er: „Ich war nie in dieses absurde Verfahren involviert, eben weil es grundlos und unbegründet ist“, wie Público am Dienstag berichtete.
Im Rahmen der Ermittlungen wurde die Kommunikation des ehemaligen Umweltministers João Pedro Matos Fernández auf richterliche Anordnung abgehört. Von den mehreren abgehörten Gesprächen betrafen vier den Premierminister António Costa. Drei davon wurden außer Acht gelassen, da sie als irrelevant für die Ermittlungen angesehen wurden. In einem Gespräch, das am 28. Dezember 2020 aufgezeichnet wurde, sprachen Costa und sein Minister jedoch über Lithium- und grüne Wasserstoffprojekte, die Möglichkeit, EU-Gelder anzuziehen, und bedeutende Investitionen, wie die Wochenzeitschrift Expresso berichtete.


Am Donnerstag verkündete Präsident Marcelo Rebelo de Sousa seine Entscheidung, im Dezember zunächst nur das Parlament aufzulösen und für kommenden März Neuwahlen anzuberaumen. Aus liberaler Sicht ist besorgniserregend, dass hier Chega deutlich hinzugewinnen könnte und an der Partei vorbei möglicherweise keine Regierung gebildet werden kann. Der aktuelle Korruptionsskandal spielt Chega perfekt in die Hände, da sie sich wie viele rechte Parteien als einzige echte Alternative zum Polit-Establishment vermarkten.


Sebastian Camacho, FNF Madrid.