EN

Mosambik
Frelimo gegen den Dialog: Mosambiks Opposition will Wandel, doch regionale Allianzen stützen die Regierung

Mosambiks Oppositionsführer Venancio Mondlane spricht bei seiner Ankunft auf dem internationalen Flughafen Mavalane in Maputo, Mosambik, mit Journalisten

Mosambiks Oppositionsführer Venâncio Mondlane spricht bei seiner Ankunft auf dem internationalen Flughafen Mavalane in Maputo, Mosambik, mit Journalisten.

© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Carlos Uqueio

Mosambik kommt nicht zur Ruhe. Seit dem umstrittenen Wahlsieg im vergangenen Oktober von Daniel Chapo, dem Kandidaten der Frelimo-Partei, taumelt das Land seit Wochen am Rande eines Bürgerkriegs. Die Opposition wirft der Regierung Wahlbetrug vor. Es kam zu Gewalt, Plünderungen und wirtschaftlicher Verwüstung. Nun kehrte der geflüchtete Oppositionsführer und Präsidentschaftskandidat Venâncio Mondlane nach Mosambik zurück. Kann das die Situation entschärfen?

Die politische Lage in Mosambik nach dem umstrittenen Wahlergebnis vom 9. Oktober 2024 hat sich weiter verschlechtert. In den vergangenen zwei Wochen stand das Land am Rande eines Bürgerkriegs, nachdem der Verfassungsrat in einer fragwürdigen Entscheidung den umstrittenen Wahlsieg des Kandidaten der Frelimo-Partei, Daniel Chapo, für gültig erklärt hatte. Weit verbreitete Unruhen waren die Folge. Tausende von Bürgern flohen in die Nachbarländer. Die Polizei reagierte auf die Proteste mit exzessiver Gewalt, bislang sollen mehrere hundert Menschen ums Leben gekommen sein. Viele Geschäfte wurden geschlossen und es kam zu Plünderungen, auch seitens von Polizisten und Soldaten. Die Grenzen wurden geschlossen. Das hatte Auswirkungen auf den Handel und die Lieferketten in der gesamten Region. Die Mosambikaner beschreiben die aktuelle Krise nach den Wahlen als eine Chance für viele junge Menschen, ihre Unzufriedenheit mit der Frelimo-Regierung zum Ausdruck zu bringen. Seit der Unabhängigkeit von Portugal 1975 regiert die Befreiungsbewegung das Land. Aber unter der Jugend brodelt es schon seit längerem. Sie werfen der Regierung Korruption und Machtmissbrauch vor und klagen über zunehmende Perspektivlosigkeit. In der Krise bemühen sich die Oppositionsparteien um eine Lösung der politischen Krise. Doch die Frelimo scheint uninteressiert.

Um jeden Preis an der Macht bleiben

Es ist nicht das erste Mal, dass der Frelimo-Regierung Wahlbetrug vorgeworfen wird. Doch seit Jahren klammert sich die ehemalige Befreiungsbewegung an der Macht fest. An Reformen und Dialog ist man nicht interessiert. Doch diesmal kann die politische Krise kaum ignoriert werden, ohne das Land potentiell in eine Phase langjähriger Instabilität zu stürzen. Der Oppositionsführer Venancio Mondlane hat zu Protesten aufgerufen. Er will nicht klein beigeben. Die Entscheidung des Verfassungsrates, das Wahlergebnis trotz Unregelmäßigkeiten und mutmaßlichem Wahlbetrug zu bestätigen, sei eine Abkehr von den Prinzipien der Demokratie und der guten Regierungsführung, so Mondlane. Er ist auch der Ansicht, dass die mangelnde Verhandlungsbereitschaft seitens Frelimo zu einer weiteren Marginalisierung der Bürger führen wird und das Land in einen Bürgerkrieg stürzen könnte.

Im Chaos der vergangenen Wochen entkamen auch Tausende Häftlinge unter ungeklärten Umständen aus dem Zentralgefängnis in Maputo und dem angrenzenden Hochsicherheitsgefängnis, was zu einer katastrophalen Sicherheitslage im Land führte. Berichten zufolge ist es den Gefängnisbehörden zusammen mit anderen Sicherheitsdiensten nur gelungen, 322 der 1.534 geflohenen Gefangenen wieder einzufangen. Mehr als 1.200 Gefangene sind noch auf der Flucht, unter ihnen Gewaltverbrecher, Drogenhändler und Terroristen.

Die Unruhen haben eine Spur der wirtschaftlichen Verwüstung hinterlassen. Tausende von Arbeitsplätzen gingen verloren und Schäden an der Infrastruktur belaufen sich auf über 24 Mrd. Meticais - rund 364 Mio. Euro. Die Confederation of Mozambican Business Associations meldet, dass 40% der industriellen Basis des Landes zerstört wurde. Unternehmer klagen die Regierung an, nicht gegen die Vandalisierung während der Unruhen, insbesondere Ende Dezember 2024, vorgegangen zu sein. Es gab Berichte, dass Soldaten Plünderern halfen Waren zu stehlen. Der Kraftstoffsektor war besonders betroffen, da mehr als 100 Tankstellen zerstört wurden. Sollte die Frelimo weiterhin die Verhandlungen mit der Opposition verweigern, könnte dies langfristige Auswirkungen auf den Handel und Tourismus haben und das Land Jahrzehnte zurückwerfen.

Die gezielte Ermordung von Oppositionsmitgliedern in Mosambik verschärft die Instabilität. Jüngst wurde Abdul Lawia, Bezirksleiter der PODEMOS-Partei in Montepuez, von Personen erschossen, die angeblich Uniformen der regierungsnahen Miliz Força Local trugen. Lawia ist das fünfte PODEMOS-Mitglied, das seit den Parlamentswahlen 2024 ermordet wurde. Die Polizei hat bisher keinen Täter ermittelt, was die institutionellen Schwächen des Staates offenbart und Zweifel an der Fähigkeit der Frelimo-Regierung aufwirft. Venâncio Mondlanes Rückkehr nach Mosambik ist unter diesen Umständen hochriskant, könnte aber entscheidend für die Zukunft des Landes und seine Stabilität sein.

Das Scheitern der regionalen Vermittlungsbemühungen

Die Southern African Development Community (SADC), eine Organisation zur Förderung der wirtschaftlichen und politischen Integration im südlichen Afrika, hat kürzlich zur Achtung der Rechtsstaatlichkeit in Mosambik aufgerufen. Dieser Appell bezog sich jedoch weniger auf Deeskalation oder Dialog, sondern auf die umstrittene Entscheidung des Verfassungsrates bezüglich der Wahlen. Die Erklärung wurde daraufhin scharf kritisiert. In Reaktion darauf forderte die SADC die alle Konfliktparteien zu einem Dialog auf. Politische Beobachter werfen jedoch die Frage auf, ob dieser Aufruf nicht vor allem an die Frelimo gerichtet werden sollte, da die Oppositionsparteien stets offen für Gespräche gewesen seien.

Südafrika hat hochrangige Gesandte entsandt, um in der Krise zu vermitteln und auch das Gespräch mit der einflussreichen Kirche zu suchen. Doch Berichten zufolge zeigt die Frelimo wenig Interesse an einer Vermittlung oder einem Dialog, der den bestehenden Status quo infrage stellen könnte. Dieses Verhalten wird nicht nur als problematisch angesehen, sondern stellt auch eine ernsthafte Bedrohung für die nationale Einheit und die Zukunft der Demokratie in Mosambik dar. Zudem wird die Unnachgiebigkeit der Frelimo und ihre Weigerung, sich auf Gespräche einzulassen, unter dem Druck interner und externer Kräfte als eine Folge der historischen Nähe zu ihren SADC-Verbündeten, insbesondere den Befreiungsparteien wie dem ANC in Südafrika und ZANU-PF in Zimbabwe, interpretiert. Diese haben der mosambikischen Regierung über Jahrzehnte als Schutzschild gegen Kritik und Verantwortung gedient. Während die historischen Allianzen der Frelimo in diplomatischen Kreisen von Vorteil sein mögen, ist ein echter Dialog mit den internen Akteuren, insbesondere den Oppositionsparteien, jedoch für eine nachhaltige Lösung und den dauerhaften Frieden im Land unerlässlich.

Der Weg aus der Krise

Die Unnachgiebigkeit der Frelimo und ihre Ablehnung von Vermittlungsbemühungen zeigt, dass die Partei wenig Interesse an Veränderungen oder an der Gefährdung des Status quo hat. Es ist nun dringend erforderlich, dass die SADC, unterstützt von der Afrikanischen Union, einen Gesandten nach Mosambik entsendet, um in der Krise zu vermitteln. Ein echter Wandel ist nur dann möglich, wenn die Frelimo versteht, dass wahre Führung darin besteht, zuzuhören, zu verhandeln und mit allen Beteiligten zusammenzuarbeiten. Die Rückkehr von Mondlane nach Mosambik könnte dabei als positiver Schritt zur Friedenssicherung und zur Förderung eines Dialogs genutzt werden. Ein solcher Dialog würde nicht nur die Demokratie stärken, sondern auch den Weg für eine geeintere und widerstandsfähigere Nation ebnen. Ohne diesen Ansatz dürfte sich der Teufelskreis von Konflikten und Spaltung fortsetzen, was die Stabilität der mosambikanischen Gesellschaft gefährden würde. Auch der Stiftungspartner Fondation René Cassin veranstaltete im vergangenen Jahr in Mosambik mit Unterstützung der FNF einen Medienworkshop für Journalisten zum Thema Rede- und Meinungsfreiheit inklusiver konfliktsensibler Berichterstattung.

 

Tendai Mbanje forscht am Centre for Human Rights der University of Pretoria. Er hat bedeutende Beiträge zur afrikanischen Regierungsführung und zu Wahlprozessen geleistet. Seine Forschung konzentriert sich auf die entscheidende Rolle der Regionalen Wirtschaftsgemeinschaften innerhalb der Afrikanischen Union.

Bei Medienanfragen kontaktieren Sie bitte:

Florian von Hennet
Florian von Hennet
Leiter Kommunikation, Pressesprecher
Telefon: + 4915202360119