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Mali in der Sackgasse
Zwischen Junta, JNIM und Söldner: der erbitterte Kampf um Gold und Macht

Mali

Flagge von Mali in Militäruniform.

 

 

 

© Canva

Vor wenigen Jahren noch sorgten die internationalen Truppenkontingente, die von Deutschland mit Soldaten und Material unterstützt wurden, für ein malisches Grundrauschen in Deutschlands Presse- und Sicherheitslandschaft.

2023 zogen die Bundeswehrangehörige zurück nach Deutschland, über Dakar wurde das letzte Material ausgeflogen. Seitdem ist es um Mali still geworden in Deutschland.

Die Stille ist trügerisch.

Heute steht die westliche Staatengemeinschaft, soweit sie sich noch mit dem Sahel befasst, vor einem politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Trümmerhaufen in diesem Wüstenland, in dem Goldminen, Bodenschätze und die Sahel-Sonne als Energiequelle den Reichtum des Landes begründen könnten. Das Land und seine Bevölkerung sind am Ende, eingezwängt zwischen panafrikanischem Populismus, Putins Schergen auf der Jagd nach Sold und islamistischem Terror.

Kürzlich hat das Auswärtige Amt die Reisewarnungen für Mali angepasst. Von Reisen ins Land wird dringend abgeraten. Attentate und Entführungen sind an der Tagesordnung. Jetzt ist eine massive Versorgungskrise hinzugekommen. Schulen und Universitäten sind geschlossen. Die US-Botschaft drängt ihre Bürger auszureisen.

Terrorismus und Migration

Auf der Hauptzufahrtsstraße vom Zulieferhafen Dakar im Senegal nach Bamako, seit einigen Wochen fest in der Hand der islamistischen JNIM, werden die Treibstofflaster angegriffen, Dutzende Lastwagenfahrer sind in den letzten Wochen getötet und ihre Ladungen angezündet worden. Ganze Dörfer sind auf der Flucht, Frauen werden vergewaltigt, die Männer umgebracht, und Jugendliche, mit Moped geködert und mit Kalaschnikow ausgerüstet, an die Front geschickt. Uralte Kulturstätten wurden zerstört, Mädchen haben Schulverbot. Die malische Armee ist trotz Unterstützung der russischen Söldner des Afrikacorps nicht in der Lage, den religiösen Terroristen Einhalt zu bieten.

Tagelange Stromausfälle und kein Treibstoff mehr

Ursprünglich auf den Norden konzentriert, kämpfen sich die Islamisten immer weiter vor, umzingeln die Hauptstadt und behindern die Zufuhr von Nahrung und Energieträger in dieses auf Importe angewiesene Binnenland.

2/3 der Tankstellen in der Hauptstadt Bamako sind zu, die Menschen warten 24 Stunden und länger auf ein paar wenige Liter Benzin. Offizielle Treffen in den Ministerien von Bamako finden im Halbdunkeln und bei schweißtreibenden Temperaturen statt, mangels Stroms und Sprit, die für Klimaanlage und Generator erforderlich wären.

Die Benzinkrise bringt die Junta ernsthaft in Bedrängnis. Der JNIM schwächt die Regierung, es droht die Übernahme des Landes durch eine religiöse Diktatur. Der Ruf nach der Scharia wird in den islamistisch besetzten Regionen immer lauter. Teilweise setzen die Terroristen diese mit Versprechungen, andernorts mit brutaler Gewalt durch. So dürfen Frauen nur noch mit Vollverschleierung in die Überlandbusse.

Zur Finanzierung der Aktivitäten erhebt der Al-Quaida-Ableger JNIM (Jamaat Nusrat Al-Islam wal-Muslimin), so eine Studie der Deutschen Welle, in den kontrollierten Gebieten die Zahlung von Steuern und Abgaben, der sogenannten Zakat, und führt gleichzeitig soziale Maßnahmen wie die Verteilung von Lebensmitteln durch. Auch die Entführung von Geiseln und deren Freilassung nach

Zahlung von Lösegeld ist ebenso eine Finanzierungsquelle wie der Abbau zahlreicher Goldminen, um die mit den russischen Söldnern und anderen Akteuren gerungen wird.

In der Hauptstadt Bamako sind die Hotels, einst beliebte Treffpunkte für internationale Gäste und lokale Entscheidungsträger, leer. Sie werden von Sandsäcken, Betonpollern und kleinen Panzern beschützt, an den Toren stehen bewaffnete Soldaten. Im Frühstückraum sitzen vereinzelt Gruppen an wenigen Tischen. Es wird russisch, türkisch und arabisch gesprochen.

Durch den westlichen Abzug sind Lücken entstanden, die den Wüstenstaat und seine Nachbarn in gefährliche Bedrängnis gebracht haben. Das aufstrebende Land, wie es Mali vor 15 Jahren zu versprechen schien, hat dem Druck des Kreuzfeuers nicht standgehalten; bedrängt durch machthungrige Militärs, brutale Söldner und rabiate Islamisten, hat Mali sich in eine fatale Sackgasse manövriert, aus der kein Entkommen mehr möglich scheint.

Einiges erinnert an Berichte und Bilder aus Afghanistan. Keiner hat es kommen sehen, und dann war es zu spät. Nur dass der Hindukusch weit weg ist, Mali hingegen vor den Toren Europas liegt.