Israel-Iran-Krieg
Waffenruhe zwischen Israel und Iran: Hoffnung oder nur eine Pause im Konflikt?

Israelische Soldaten arbeiten an dem Ort, der von einem iranischen Raketenangriff getroffen wurde, bei dem mehrere Menschen ums Leben kamen (24.06.2025).
© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Leo CorreaNach Berichten über eine überraschende Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran ist die Stimmung in der Region von Hoffnung, aber auch von Unsicherheit geprägt. Wie reagieren die Menschen in Israel und den Nachbarstaaten auf diese Entwicklung – und welche Perspektiven gibt es für einen dauerhaften Frieden? Darüber sprechen wir im Interview mit Raz Krauss Peer, Politischer Berater des Teams Israel und Isabel Kreifels, FNF Projektmanagerin der MENA-Region.
FNF: Heute früh erreichten uns Berichte über eine Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran. Wie hat die Öffentlichkeit auf diese Entwicklung reagiert, und wie lautet die offizielle Stellungnahme der israelischen Regierung bisher?
Raz Krauss Peer: Die öffentliche Reaktion ist vorsichtig und von Unsicherheit geprägt. Die meisten Israelis befürworten zwar grundsätzlich eine Waffenruhe und sehnen sich nach einem Ende des Krieges, doch es herrscht weit verbreitete Skepsis darüber, ob diese tatsächlich Bestand haben wird. Diese Zweifel basieren auf den eigenen Erfahrungen: Noch in den Stunden vor Inkrafttreten der Waffenruhe – zwischen 5 und 7 Uhr morgens – befand sich ein Großteil des Landes erneut in Schutzräumen wegen eines weiteren Raketenangriffs. Selbst nach dem offiziellen Beginn der Waffenruhe um 7 Uhr gab es weiterhin Warnmeldungen, was die Zweifel nur verstärkte.
Es gibt zudem das Gefühl, dass diese Waffenruhe eher „Trumps Waffenruhe“ ist als Netanjahus. Netanjahu wird von vielen nicht als führend wahrgenommen, sondern als jemand, der lediglich mitzieht. Die Tatsache, dass die USA für entscheidende Maßnahmen – wie etwa die Bombardierung der Nuklearanlage Fordo – ausschlaggebend waren und dass Trump selbst die Waffenruhe verkündet hat, verstärkt diesen Eindruck noch. Ironischerweise vertrauen viele Israelis Trump mehr als Netanjahu, was paradoxerweise die öffentliche Akzeptanz der Waffenruhe sogar erhöht. Das gilt allerdings nicht für seine politische Basis, in der er mittlerweile als eine Art „von Gott Auserwählter“ gilt.
FNF: Glauben Sie, dass diese Waffenruhe langfristig Bestand haben kann? Welche Voraussetzungen müssten erfüllt sein, damit sie wirklich nachhaltig wird?
Raz Krauss Peer: Es ist schwer, das mit Zuversicht zu sagen. Eine nachhaltige Waffenruhe müsste weit über ein beiderseitiges Pausieren der Feindseligkeiten hinausgehen. Es bräuchte glaubwürdige Durchsetzungsmechanismen und irgendeine Form internationaler Überwachung. Im Idealfall müsste es zu einem Wandel von sicherheitsbasierter Abschreckung hin zu echtem Vertrauensaufbau kommen – aber das scheint derzeit noch völlig unrealistisch.
Ein weiterer entscheidender Faktor für eine langfristige Waffenruhe ist das Ende des Krieges in Gaza. Die Waffenruhe mit dem Iran wurde von der Opposition mit der Forderung nach einem umfassenderen Abkommen aufgenommen – nicht nur mit dem Iran, sondern auch mit der Hamas. Sie fordern die sofortige Rückkehr aller noch verbliebenen Geiseln. Für sie bedeutet eine echte Waffenruhe auch ein Ende des Gaza-Krieges.
FNF: Frau Kreifels, Sie betreuen im Regionalbüro die Regionalen Projekte der FNF und haben einen Überblick über die Eindrücke über Israel hinaus, auch in benachbarte arabische Staaten. Wie blickt man dort auf einen möglichen langfristigen Frieden in der Region?
Isabel Kreifels: Ich teile die Einschätzung meines Kollegen Raz – Frieden ist grundsätzlich möglich, auch in der weiterhin fragilen und komplexen MENA-Region. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die beteiligten Akteure wirklich bereit sind, Frieden zu schließen. Ohne echten politischen Willen bleibt jede Initiative bloße Rhetorik. Die Schwächung der Terror-Achse des Iran heißen viele Menschen sowohl in Israel als auch in den arabischen Nachbarstaaten oder in den Golfstaaten sehr willkommen. Nichtsdestotrotz sind politische Kräfte, die dem Iran nahestehen weiterhin in der Region aktiv und wünschen sich keinen Frieden oder Verbundenheit zu westlichen Akteuren oder Israel. Bevölkerungsteile des Libanon, die einen Frieden mit Israel grundsätzlich ablehnen, erachten eine Kapitulation des Teheran-Regimes eher als einen lediglich seiner Schwächung geschuldeten Akt – der keine tiefere Substanz hat. Regierungen des Libanon und Jordaniens sind jedoch seit Ausbruch des direkten Konfliktes zwischen Israel, den USA und dem Iran sehr darauf bedacht, Stabilität zu wahren und deeskalierend zu wirken und auch Syrien hat selbst noch mit den Nachwehen eines langjährigen repressiven Assad-Regimes zu kämpfen und kann sich derzeit weder politisch noch wirtschaftlich leisten, weitere Konflikte zu tragen.
Die Golfstaaten – darunter auch Saudi-Arabien und die Vereinigte Arabische Emirate - verfolgen einen ganz pragmatischen Ansatz: Sie streben schon länger Stabilität in der Region und eine wirtschaftliche Öffnung an und betrachten die Begrenzung des iranischen Einflusses als notwendig für einen langfristigen Frieden und ein ausgewogenes regionales Machtgefüge.