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LGBTQI+
Russlands Nachahmer: Anti-LSBTIQ*-Gesetzgebung in Ungarn, Bulgarien und Georgien

Demonstrierende versammeln sich am 15. April vor dem Amt des ungarischen Präsidenten in Budapest, Ungarn. Die Proteste brechen aus, nachdem das Parlament ein Gesetz verabschiedet hat, das das Versammlungsrecht einschränkt und Pride-Paraden verbietet.

Demonstrierende versammeln sich am 15. April vor dem Amt des ungarischen Präsidenten in Budapest, Ungarn. Die Proteste brechen aus, nachdem das Parlament ein Gesetz verabschiedet hat, das das Versammlungsrecht einschränkt und Pride-Paraden verbietet.

© picture alliance / NurPhoto | Balint Szentgallay

Die zunehmende Ausbreitung von Anti-LSBTIQ*-Gesetzgebungen offenbart ein alarmierendes Muster in Europa und darüber hinaus: Vorsätzlich wird der rechtliche Schutz von LSBTIQ*-Gruppierungen ausgehöhlt, und neue Gesetzgebung systematisch als minderheitenfeindliche Propaganda eingesetzt. In den untersuchten Ländern Ungarn, Bulgarien und Georgien ist die Verabschiedung entsprechender Gesetze eine strategische Praxis, um die queere Gemeinschaft zum Sündenbock zu erklären. Parteien und Politiker praktikzieren eine Anti-LSBTIQ* Politik nicht als eine einzelne isolierte Maßnahme, sondern gezielt als permanentes Instrument zur gesellschaftlichen Polarisierung.

So unterschiedlich die einzelnen Gesetze sind, sie haben ein gemeinsames Ziel: Es soll von Versäumnissen und Schwachstellen der jeweiligen Regierungsführung abgelenkt werden, um zugleich durch die Instrumentalisierung sensibler gesellschaftlicher Themen die Unterstützung in der Bevölkerung zu festigen. Noch bevor es zu diskriminierenden Gesetzen kommt, werden LSBTIQ*-Themen aufgegriffen. Sie sind längst zu einem wirksamen politischen Werkzeug zur Aufwiegelung von Ressentiments geworden.

Konzeptionelle Parallelen zeigen sich in den Kommunikationsstrategien und zentralen Propagandanarrativen, die von politischen Akteuren in Ungarn, Bulgarien und Georgien angewandt werden. Sie übernehmen eine Sprache, die der Kreml seit langem äußert: LSBTIQ* Personen werden gezielt als Bedrohung für die nationale Identität und traditionelle Werte inszeniert. Dieselben politischen Kräfte, die diese Agenda vorantreiben, pflegen eine direkte Verbindung nach Moskau. Sie bekennen sich offen zu politischen Ideen aus Russland und relativieren Putin’s menschenverachtende Politik. Russland wendet seit langem eine Kriminalisierungstaktik gegen die eigene Bevölkerung an und teilt sie mit seinen illiberalen Mitstreitern im Rahmen eines hybriden Krieges, den es gegen Europa und den Westen führt. Für den Kreml ging es dabei nie um bloße Ideologie, sondern vielmehr um eine Strategie der hybriden Kriegsführung, die darauf abzielt, die europäischen Gesellschaften zu spalten, die liberalen Demokratien zu untergraben und die EU zu schwächen.

Obwohl die Anti-LSBTIQ*-Gesetze noch nicht vollständig in Kraft getreten sind, entfalten sie bereits eine weitreichende abschreckende Wirkung. In allen drei Ländern sehen sich LSBTIQ* Personen einer verstärkten Selbstzensur, erhöhten Gewaltbereitschaft und einem tiefgreifenden Gefühl der Unsicherheit ausgesetzt. Es sind Faktoren, die viele Betroffene dazu veranlasst haben, ihre Heimat zu verlassen, um in anderen Ländern Schutz zu suchen. Aktuell deutet nichts darauf hin, dass die vorgelegten oder verabschiedeten regressiven Gesetzgebungen ein Ende der Kriminalisierungsspirale sind. Im Gegenteil: politische Kräfte in allen drei Ländern schlagen weiterhin neue Initiativen vor, um die Wirksamkeit und den Mobilisierungseffekt einer Anti-LSBTIQ* Haltung aufrechtzuerhalten. Die kumulative Wirkung dieser Entwicklungen ist erschreckend. Was sich in Europa abspielt, ist nicht nur der zunehmende Ausschluss queerer Menschen aus dem öffentlichen und sozialen Leben, sondern auch ein umfassender Angriff auf demokratische Institutionen und die internationale Ordnung. Illiberale Kräfte instrumentalisieren die LSBTIQ*-Rechte nicht zur Stigmatisierung marginalisierter Gruppen, sondern als Teil einer Strategie zur Demontage von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, während sie gleichzeitig ihre Macht konsolidieren.

•	Vorstellung der Publikation „Russlands Nachahmer: Anti-LSBTIQ*-Gesetzgebung in Ungarn, Bulgarien und Georgien“ mit Helmut Metzner, Geschäftsführender Vorstand der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, Dr. Michaela Lissowsky, Leiterin des Human Rights Hub in Genf und Anne Brasseur, Vorstandsmitglied der FNF.

Vorstellung der Publikation „Russlands Nachahmer: Anti-LSBTIQ*-Gesetzgebung in Ungarn, Bulgarien und Georgien“ mit Helmut Metzner, Geschäftsführender Vorstand der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, Dr. Michaela Lissowsky, Leiterin des Human Rights Hub in Genf und Anne Brasseur, Vorstandsmitglied der FNF.

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