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Diplomatie in Genf
Gespräche mit Iran: Kann Genf die Rückkehr zur Diplomatie einleiten?

In der Schweiz trifft sich der iranische Außenminister mit seinen Kollegen aus Frankreich, Großbritannien, Deutschland sowie der EU-Außenbeauftragten. Eine Vor-Ort-Perspektive.
Jet d'eau

Genf, Stadt der Diplomatie.

© Samuel Borges

Zurück zur Diplomatie. Fast könnte man denken dieses wichtige Instrument zur Wiederherstellung von Frieden und Sicherheit sei in Vergessenheit geraten – angesichts der aktuellen Kriege und bewaffneten Konflikte. Gerade Genf hat eine lange Tradition solcher internationaler Bemühungen.

Zurück also nach Genf

Die Stadt ist bis heute ein weltweit akzeptierter Standort für den internationalen Dialog. Nicht alle diplomatischen Bemühungen führten in der Vergangenheit zu gravierenden politischen Systemumbrüchen oder gar nachhaltigem Frieden. An zwei erfolgreichere sei an dieser Stelle kurz erinnert. Ronald Reagan und Mikhail Gorbatschow verhandelten hier 1985 erstmals: ein Beginn. Gefolgt von weiteren Gesprächen in ruhiger Atmosphäre, deren Ergebnis eine Wende im Kalten Krieg markierte. Die Genfer Jugoslawienkonferenz von 1992 führte schließlich zur Unterzeichnung des Friedensvertrags von Dayton 1995. Doch Dayton zeigt auch: Internationale Verträge und Abkommen sind keine Garantie für die dauerhafte Einhaltung völkerrechtlicher Standards und nationale Verantwortlichkeit, wenn der politische Wille zur Umsetzung fehlt.

Überzeugungsarbeit ist gefragt, um den politischen Willen zu verantwortungsvollem Handeln zu lenken. Genf bietet als ruhiger und sicherer Standort die beste Ausgangslage für den multilateralen Austausch. Das Eskalationsrisiko der aktuellen kriegerischen Situation zwischen Iran und Israel liegt auf der Hand. Unvorhersehbar bleibt schließlich die Reaktion des amerikanischen Präsidenten oder das mögliche Eintreten anderer Staaten.

Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas und ihre Kollegen Johann Wadephul, David Lanny und Jean-Noël Barrot wollen im Austausch mit dem iranischen Außenminister Abbas Araghchi die Lage deeskalieren und weiteres Leiden unschuldiger Zivilisten in der Region verhindern. Eine Lösung des Konflikts erfordert, dass sowohl Israel als auch der Iran Verhandlungsbereitschaft zeigen und sich auf Gespräche einlassen. Ein weiterer Ort für Diplomatie wird sicherlich auch bei der Internationalen Atomenergieorganisation in Wien sein müssen. Denn Israel braucht Sicherheiten, die auch auf dem Papier festgehalten werden. Die Welt braucht die Rückkehr zu humanitärem Völkerrecht und den Grundprinzipien der UN-Charta. Die Menschen brauchen in den betroffenen Ländern Frieden.

UN Flags

Europäisches Hauptquartier der Vereinten Nationen und ein Hotspot des Mulitlateralismus.

© konferenzadhs

Auf der Grundlage einer UN-Resolution

Um die Zusagen der zivilen Nutzung des iranischen Atomprogramms soll es bei den Gesprächen in Genf zunächst primär gehen. Die E3, bestehend aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien, waren das letzte Mal im Januar in Genf mit dem stellvertretenden Außenminister Irans zusammengekommen. Das Mandat dieser Gespräche ist in einer Resolution des UN-Sicherheitsrates (Res. 2231) von 2015 verankertverabschiedet unter Beteiligung von USA, China und Russland. Die Resolution gab den Beteiligten aus E3 und Iran sogar einen eigenen Namen, die Joint Commission (Gemeinsame Kommission des JCPoA). Koordiniert wird sie von der EU in Vertretung der EU-Außenbeauftragen. Die UN-Resolution regelt die Zuständigkeit für dieses Gespräch in Genf ganz klar hinsichtlich Rollen und Ziel. Resolution 2231 für den diplomatischen Dialog mit dem Iran wird am 18. Oktober 2025 auslaufen. Es wird Zeit sie zu erneuern.

Denn die heutige Politik hat eine Verantwortung für die Menschen in Israel und im Iran sowie für künftige Generationen weltweit. Eine angemessene Sprache, eine ruhige Atmosphäre und ein diplomatisches Auftreten sind gefragt, um die Vermittlung zu beginnen auf die die Welt wartet. Vulgärvokabular ist nicht angebracht. Einst gaben sich die Staatenvertreter das Versprechen, andere Mittel statt Krieg, wie Verhandlung, wie Mediation, wie Schlichtung oder wie juristische Auseinandersetzung zu suchen. So wurde es in die Charta der Vereinten Nationen aufgenommen. In der kommenden Woche jährt sich die 80-jährige Unterzeichnung der Charta. Alt ist sie inzwischen geworden. Doch die Diplomatie eröffnet die Chance für ein neues Kapitel. Hoffen wir auf erfolgreiche Gespräche in Genf.