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Friedens- und Sicherheitspolitische Bildung an Schulen

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat sicherheitspolitische Fragen in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Die Aufnahme geflüchteter Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine an deutschen Schulen unterstreicht, dass Friedens- und Sicherheitspolitik spätestens mit dem 24. Februar 2022 auch in deutschen Klassenzimmern angekommen ist. Allerdings gibt es kaum systematische Informationen zum Stand der Friedensbildung (FB) und sicherheitspolitische Bildung (SPB) an Schulen.

Eine neue Studie im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit nimmt daher eine Darstellung der Akteure der Friedens- und sicherheitspolitischen Bildung (FSPB) vor und verbindet diese Bestandsaufnahme mit Empfehlungen für eine neue Strategie in der Friedens- und sicherheitspolitischen Bildung. Die Gutachterin, Professor Dr. Manuela Pietraß (Universität der Bundeswehr München) betont dabei: „Aktuell treten Friedensbildung und sicherheitspolitische Bildung fachlich getrennt auf, doch ist nicht ersichtlich, wie ohne sicherheitspolitische Kenntnisse Völkerverständigung und das Ziel von Konfliktvermeidung und Frieden vertieft vermittelt werden sollen.“ Zum ersten Mal enthält die Studie eine Übersicht der friedens- und sicherheitspolitischen Akteure an Schulen.

Dass eine solche notwendig ist, zeigt sich auch daran, dass vor allem die sicherheitspolitische Bildung als „Thema an den Schulen unter-, wenn nicht überhaupt nicht repräsentiert zu sein“ scheint. Welche Informationen Schülerinnen und Schüler erhalten, hängt oft vor allem mit dem Engagement einzelner Akteure und Institutionen zusammen. Diese werden im Hauptteil der Studie systematisch in den Blick genommen. Dazu gehören zum einen solche Einrichtungen, die einen Fokus auf die Friedensbildung legen, wie beispielsweise die Servicestelle Friedensbildung Baden-Württemberg, die Jesuitenkollegien oder auch Kirchen, Stiftungen und politische Netzwerke. Sicherheitspolitische Bildung findet dagegen vor allem im Kontext der Bundeswehr, beispielsweise über das Planspiel POL&IS oder die Jugendoffiziere statt. Eine wichtige Rolle nimmt der Volksbund Kriegsgräberfürsorge durch seinen besonderen Erinnerungs- und Gedenkauftrag ein. Die Bundeszentrale für politische Bildung ist schließlich ein Akteur, welcher Friedenspädagogik und Sicherheitspolitische Bildung verbindet und dabei vor allem im Kontext des russischen Angriffskrieges das Angebot entsprechend ausgeweitet hat.

Insgesamt stellt Professor Pietraß drei wesentliche Erkenntnisse heraus:

  1. Aktuell treten Friedensbildung und sicherheitspolitische Bildung fachlich getrennt auf. Doch ist nicht ersichtlich, wie ohne sicherheitspolitische Kenntnisse Völkerverständigung und das Ziel von Konfliktvermeidung und Frieden vertieft vermittelt werden sollen. Denn durch die Trennung von FB und SPB gerät aus dem Blickfeld, dass beide zwei Seiten ein und derselben Medaille sind: Denn jede Friedensbildung, jede sicherheitspolitische Bildung sollte im Bewusstsein eines anzuzielenden Zustandes der Gewaltvermeidung bis hin zur Gewaltfreiheit vollzogen werden. Dabei sind sie fachlich aufeinander verwiesen.
  2. Es sollten Relationen zwischen beiden Bildungsbereichen in einem interdisziplinär auszubauenden Schnittfeld entwickelt werden. Sie zeichnen sich aus in der Fähigkeit, Resilienz aufzubauen, was die gesellschaftliche Mikro-, Mesound Makroebene einschließt.
  3. Eine Stärkung der Friedensbildung und sicherheitspolitischen Bildung würde durch eine strategische Vernetzung der Akteure erreicht. Als Beispiel sei die bpb genannt, die FB und SPB als Thema verfolgt; ein weiteres Beispiel sind die Bensberger-Gespräche des Zentrums Innere Führung der Bundeswehr, die in Kooperation mit der bpb durchgeführt werden.

Die Studie mündet schließlich in einem deutlichen Plädoyer an die Bildungspolitik:

Die freiheitlich-demokratische Grundordnung und ihre Aufrechterhaltung sind Ausgangspunkt, Medium und Ziel der Friedensbildung und sicherheitspolitischen Bildung. Ihr Bestandteil ist die Rolle der Bundeswehr und ihrer Streitkräfte als einer Parlamentsarmee: Die Bundeswehr dient Deutschland. Sie führt die Entscheidungen der Regierung aus, sie trifft diese Entscheidungen nicht selbst. In diesem wesentlichen Punkt kann Friedens- und sicherheitspolitische Bildung ihr Anliegen friedens- und sicherheitspolitisch begründen. Über dieses Wissen sollten jede Schülerin und jeder Schüler in Deutschland verfügen.