EN

Weltflüchtlingstag
Die Zukunft Europas gestalten

Migranten sitzen auf einem überladenen Schlauchboot im Mittelmeer. Auf solchen Booten versuchen Menschen, über das Mittelmeer nach Europa zu kommen.

Migranten sitzen auf einem überladenen Schlauchboot im Mittelmeer. Auf solchen Booten versuchen Menschen, über das Mittelmeer nach Europa zu kommen.

© picture alliance/dpa | Lena Klimkeit

Heute ist Weltflüchtlingstag. Noch nie waren mehr Menschen weltweit auf der Flucht und flohen vor Krieg, Gewalt und Hunger wie in der heutigen Zeit. Zum ersten Mal in der Geschichte ist die Zahl der flüchtenden Menschen auf 100 Millionen gestiegen. Damit sich die Szenarien aus den Jahren 2015 und 2016 nicht wiederholen, muss Deutschland gemeinsam mit der Europäischen Union rechtzeitig handeln. Die „Konferenz zur Zukunft Europas“, kurz „Zukunftskonferenz“ ist ein groß angelegter Beteiligungsprozess von drei EU-Institutionen (Europäische Kommission, Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union), bei dem die 450 Millionen Unionsbürgerinnen und -bürger im Mittelpunkt stehen. Ziel war es, zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern Möglichkeiten auszuloten, um Europa gemeinsam zu gestalten und die EU angesichts der zahlreichen internationalen Herausforderungen – wie beispielsweiße Migration - besser, effizienter, schlagkräftiger und weiterhin attraktiv und lebenswert für Europas Bürgerinnen und Bürger zu machen.

Dies ist ein Auszug aus unserer Publikation, die Sie hier in unserem Shop downloaden.

Migration, Flucht und Asyl – auf dem Weg zu einer solidarischen und effizienten europäischen Migrationspolitik

Wir müssen das richtige Gleichgewicht zwischen Solidarität und Verantwortung finden. Doch das ist einfacher gesagt als getan, noch dazu mit 27 souveränen Staaten.

Teilnehmerin eines digitalen Bürgerdialogs der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit zur Konferenz zur Zukunft Europas

Bisher gibt es trotz anhaltend hohem Handlungsdruck und Gesetzesvorschlägen der EU-Kommission im Rahmen des Asyl- und Migrationspakts keinen belastbaren europäischen Konsens über eine gemeinsame europäische Migrationspolitik, welche nachhaltige und solidarische Lösungen im Bereich Migration, Flucht und Asyl sowie Entwicklungszusammenarbeit verbindet. Nach den Worten von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gehe es um das richtige Gleichgewicht zwischen Solidarität und Verantwortung. Die derzeitige Blockadestellung lähmt die EU jedoch im Inneren und Äußeren in ihrer Gestaltungsmacht. Welche Einwanderungswege soll es nach Europa geben? Wie können wir gleichzeitig Fluchtursachen entgegenwirken und nachhaltige Perspektiven vor Ort schaffen? Wie sieht ein Einwanderungs- und Integrationssystem für einen alternden europäischen Kontinent aus? Angesichts der andauernden Krisensituation und der humanitären Lage insbesondere an den EU-Außengrenzen wurden bei den Bürgerdialogen der Wunsch nach einer politischen Antwort und deren Umsetzung sehr deutlich. Hier habe die Friedensnobelpreisträgerin EU eine besondere humanitäre Verantwortung.

Klare und einheitliche Regeln für Asyl und Migration schaffen

Damit die EU ihre Gestaltungsmacht wiedergewinnen kann, braucht sie verbindliche Regeln für Asyl und Migration in Europa. Menschen, die weltweit vor Gewalt, Krieg und Terror fliehen, sollen in Europa Schutz finden können. Hierzu gehören gemeinsame Standards, um die politische Verfolgung und Schutzbedürftigkeit jedes Einzelnen objektiv und europaweit zu bestimmen, eine Liste sicherer Herkunfts- und Drittstaaten. Der Europaabgeordnete Jan-Christoph Oetjen bewertet im Rahmen eines Bürgerdialogs die Einigung auf gemeinsame Standards als schwierig. Er plädierte für die schnelle Annahme des Asyl- und Migrationspakts der EU-Kommission als wichtigstes und unmittelbarstes Instrument. Aufnahmestaaten sollen umfassende technische, operative, personelle und finanzielle Unterstützung erhalten; aufnahmeunwillige Staaten (trotz verbindlichen EU-Beschlüssen) hingegen Ausgleichs-Strafzahlungen leisten.

Europäisches Grenzmanagement effizient und wertebasiert gestalten

Eine geordnete europäische Asyl- und Migrationspolitik kann nur mit einem effizienten Grenzmanagement und der Sicherung der EU-Außengrenzen gelingen. Nur so können die seit Jahren disproportional belasteten Mitgliedstaaten mit EU-Außengrenzen merklich entlastet werden. Die Rolle der Grenz- und Küstenwache Frontex wurde von den Teilnehmenden der Bürgerdialoge kontrovers diskutiert. Konsens gab es über die Notwendigkeit eines unabhängigen Monitorings der Agentur durch die EU-Grundrechteagentur (FRA). So sollen wiederholte Verstöße gegen das Non-Refoulement-Prinzip sowie gewaltsame Pushbacks an den EU-Außengrenzen aufgeklärt und zukünftig verhindert werden. Ein anderer Vorschlag zielt auf eine Weiterentwicklung von Frontex ab: die EU-Grenzschutzagentur solle zu einer Europäischen Behörde mit umfassenderen Kompetenzen (u.a. Seenotrettung) weiterentwickelt werden und ihr Personal mit verpflichtender Beteiligung der Mitgliedstaaten aufgestockt werden.

Legale Einwanderungsmöglichkeiten ermöglichen und Fluchtursachen bekämpfen

Um illegale Migration und damit Schleuserkriminalität zu unterbinden, brauchen die EU und ihre Mitgliedstaaten legale Einwanderungsmöglichkeiten. Rasche Asyl-Vorabverfaren in Herkunfts- oder Drittstaaten, die Etablierung einer euro- päischen Einwanderungspolitik auf Grundlage eines Punktesystems nach kanadischem Vorbild samt Reform der EU Blue Card und eine neu geschaffene Europäische Fachkräfteagentur sollen legale Möglichkeiten der Einwanderung und damit eine sichere Einreise ermöglichen. Schließlich kann durch Integration ebenfalls einer alternden europäischen Gesellschaft und dem fortschreitenden Fachkräftemangel - zumindest teilweise - entgegengewirkt werden.

Europa kann nur durch eine kohärente europäische Entwicklungspolitik Perspektiven für Menschen in weniger entwickelten Länder schaffen und Fluchtursachen effektiv vorbeugen. Jetzt gilt es, in der europäischen Entwicklungspolitik einen Fokus auf die Bereiche Rechtsstaatlichkeit, gute Regierungsführung, soziale Marktwirtschaft sowie Bildung und Klimawandel gelegt werden. Die Qualität der eingesetzten Mittel müssen noch stärker vor Quantität gewichtet werden und die Zielerreichung regelmäßig überprüft und mit lokalen Partnern auf ihren Erfolg und Nachhaltigkeit hin evaluiert werden.

 

27 Juni
27.06.2022 16:00 Uhr
virtuell

The most under-reported humanitarian crises in 2021 - Zimbabwe

Series: Suffering in Silence - Volume 8