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US-Wahl
Trumps Ego und seine Zukunftspläne

Trump

Präsident Donald Trump zeigt keine Bereitschaft, die Ergebnisse der Wahl öffentlich zu akzeptieren, selbst nachdem die sechs entscheidenden Bundesstaaten Joe Biden als Sieger bestätigt haben. Obwohl er angekündigt hat, dass er das Weiße Haus am 20. Januar verlassen würde, wenn er die Wahl im Wahlmännerkollegium verliert, gibt es keine Anzeichen dafür, dass er die Verschwörungstheorien aufgeben wird, die behaupten, dass ihm die Wahl durch systematischen Wahlbetrug seitens der Demokraten gestohlen wurde. Alle Versuche, die Wahlen in einzelnen Bundesstaaten juristisch anzufechten, sind aufgrund mangelnder Beweise gescheitert und haben deutlich gemacht, dass Trumps Behauptungen keine Grundlage haben. Viele seiner Anwälte haben ihm nach der Wahl bereits die Zusammenarbeit aufgekündigt.

Auch sein Versuch die Parlamente der wichtigsten verlorenen Bundesstaaten zu zwingen, das Abstimmungsergebnis zu ignorieren und Wahlmänner zu seinen Gunsten zu ernennen, ist gescheitert. Die Verfassungswidrigkeit dieser Strategie hindert Trump jedoch auch nicht daran, seine Niederlage weiterhin zu leugnen. Tatsächlich hat er begonnen, lokale Republikaner und Gouverneure, die sich weigern, die Wahlergebnisse zu seinen Gunsten zu kippen, anzugreifen.

Trumps gegenwärtige Bemühungen, das Wahlergebnis zu seinen Gunsten zu manipulieren, sind also offensichtlich zum Scheitern verurteilt sind. Doch welche Strategie steckt dann dahinter? Welche Ziele verfolgt Trump? Einerseits handelt es sich weniger um eine juristische Strategie, die Trumps Handeln lenkt, sondern eher eine Strategie der Gesichtswahrung. Trump ist jemand, der noch nie eine Niederlage zugegeben hat. Er schafft sich mit seinen Lügen eine Realität, in der er sich als Märtyrer darstellt. Dazu kommen mögliche strategische Optionen für die Zeit, nachdem er das Weiße Haus verlassen hat.

Senatswahlen in Georgia

Trumps Angriff auf die Integrität der Wahlen ist in dieser Woche im US-Bundesstaat Georgia am schärfsten geworden, aber er hat seinen Zorn auch auf andere Staaten und Gouverneure gerichtet, wie es Gouverneur Doug Ducey von Arizona erfahren hat. Die Angriffe des Präsidenten auf die Wahlsysteme in diesen Staaten und seine Bemühungen, Staatsbeamte unter Druck zu setzen, um den Willen der Wähler zu kippen sind Teil seiner allgemeinen Bemühungen, das Wahlsystem zu untergraben, um seine Niederlage zu rationalisieren.

Die Mehrheit der Republikanischen Partei hat sich in dieser Angelegenheit bisher zurückgehalten. Der Grund für das Schweigen? Zwei kritische Stichwahlen zum Senat am 5. Januar 2021 in Georgia, die langfristige politische Folgen für beide Parteien haben werden. Sollten Republikaner einen der beiden Sitze gewinnen, werden sie in den ersten beiden Jahren der Amtszeit Bidens die Mehrheit im US-Senat behalten, was ihnen ein wirksames Veto gegen Bidens Agenda gibt.

Trump kann bei diesen Wahlen eine Schlüsselrolle spielen. Er kann die republikanische Basis im Januar an die Wahlurnen zu bringen, damit die Kammer in republikanischer Hand bleibt. Trump jetzt zu verärgern, würde nur die Bemühungen der Republikaner untergraben, sich auf einen Präsidenten zu stützen, der einen enormen Einfluss auf ihre Stammwähler hat.

Riskiert Trump die republikanische Senatsmehrheit?

Da Trump jedoch den republikanischen Gouverneur Georgias, Brian Kemp, angreift, weil er Bidens Sieg dort bestätigte, und die Wähler zum Wahlboykott aufruft, könnte Trumps bedrohliche Rhetorik die Republikanischen Kandidaten in den zwei entscheidenden Stichwahlen gefährden und die republikanische Marke schädigen. Auch befürchten viele Republikaner, dass der Zweifel, den Trump an der Fairness der Wahl sät, die Wahlbeteiligung dort drücken könnte. Ob Trumps Leugnung seiner eigenen Niederlage die Fähigkeit der Partei, die Senatsmehrheit zu behalten, tatsächlich gefährden kann, bleibt abzuwarten.

Trumps eigentliche Intention wird von seinem eigenen Ego getrieben. Er will unbedingt für die kommenden Jahre politisch relevant bleiben um sich die Option offenzuhalten, in vier Jahren wieder zu kandidieren. Eines ist der Republikanischen Partei auch klar: Ohne Trump wird es keine Trump-Koalition geben. Immerhin hat der amtierende Präsident 74 Millionen Stimmen in einem tief gespaltenen Land gewonnen.

Doch seine derzeitigen Attacken auf das Wahlsystem könnten kontraproduktiv für sein politisches Erbe sein. Wenn Trump in Washington ein politisches Vermächtnis haben will, muss er die beiden Senatssitze in Georgia für seine Partei gewinnen, oder wenigstens einen. Das wird durch die Angriffe auf Mitglieder seiner eigenen Partei erschwert. Sinnvoller für seine eigene Zukunft wäre es möglicherweise, die Wichtigkeit einer republikanischen Senatsmehrheit zu betonen. Nur so kann aus der Sicht seiner Anhänger sichergestellt werden, dass die Demokraten das, was er in den vergangenen vier Jahren erreicht hat, nicht rückgängig machen können. Doch einer solch rationalen Strategie stehen sein Ego und seine Selbstwahrnehmung im Weg. Doch Trump hat auch immer wieder bewiesen, dass er sehr kurzfristig seine Taktik ändern kann

Präsidenten, die das Weiße Haus verlassen, haben sich traditionell aus der amerikanischen Politik herausgehalten. Diese Tradition wurde in den letzten Wochen zum ersten Mal von Präsident Barack Obama durchbrochen. Donald Trump wird die amerikanische Politik definitiv nicht verlassen. Unabhängig davon, ob er eine Kandidatur in vier Jahren ernsthaft verfolgt, kann er über die sozialen Medien und persönliche Auftritte weiterhin großen Einfluss auf große Teile des republikanischen Wählerpotentials ausüben.

Claus Gramckow ist Leiter des Regionalbüros Nordamerika in Washington, .DC.

Johanna Rudorf arbeitet als regionale Kommunikationsreferentin der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit in Washington, D.C.