EIN NEUES BILD VON AFRIKA
Finanzielle brücken bauen
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© ShutterstockDer Zugang zu faireren Finanzdienstleistungen, die es Afrikanern ermöglichen, ihre Finanzen unabhängig zu verwalten, wird für viele, insbesondere für die jüngere Generation, zunehmend zu einer Herausforderung. Dienstleistungen wie MyWagePay Ltd, gegründet von einer jungen, innovativen Frau in Kenia, wollen dies ändern, indem sie ein nachhaltiges Geschäftsmodell entwickeln, das Millionen von Menschen erreicht. Das Unternehmen konzentriert sich auf Innovation und soziale Auswirkungen und hat dabei eine Zukunft im Blick, die die Fintech-Landschaft Afrikas neu definiert.
MyWagePay Ltd, ein lizenzierter Digital Credit Provider (DCP), der die Finanzierung von KMU in Kenia und darüber hinaus revolutioniert hat, ist auf die Bereitstellung von integrierten Kreditlösungen spezialisiert, die auf KMU zugeschnitten sind. Diese Lösungen unterstützen die Kundenakquise, steigern den Umsatz und fördern ein beschleunigtes Wachstum innerhalb ihrer Geschäftsökosysteme. Mit seinem innovativen Ansatz bietet das Unternehmen seinen Kunden eine nahtlose Integration und personalisierte Unterstützung.
Beth Wambui Mwangi – Gründerin und CEO von MyWagePay Ltd (Kenia)
Eine Vision, geboren aus der Krise
Auf dem Höhepunkt der COVID-19-Pandemie, die Ende 2020 die Weltwirtschaft erschütterte, erkannte Beth Wambui Mwangi eine kritische Lücke: Unternehmen und Privatpersonen hatten keinen Zugang zu erschwinglichen Krediten. Beth erinnert sich an die Gründung des Unternehmens:
„Ich hatte Ende 2020 die Idee, ein Finanzdienstleistungsunternehmen zu gründen, als Unternehmen und Privatpersonen aufgrund der COVID-19-Pandemie Schwierigkeiten hatten, Zugang zu erschwinglichen Krediten zu erhalten.“
Die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FNF) stellt in Zusammenarbeit mit Nyimas Bantaba Media Platform Changemaker vor, die Narrative verändern und die Zukunft Afrikas neu gestalten. Im Rahmen einer Reihe von Interview-Veröffentlichungen (VOD & Podcast) stellen wir vier Innovatoren aus Ost- und Südafrika vor, die nicht nur über Veränderungen sprechen, sondern diese auch von Grund auf gestalten.
In dieser Ausgabe spricht Nyima Jadama mit einer der führenden Fintech-Innovatorinnen Kenias, die Barrieren auf dem gesamten Kontinent überwindet: Beth Wambui Mwangi, Gründerin und CEO von MyWagePay Ltd, einem Unternehmen, das sich zum Ziel gesetzt hat, finanzielles Wohlergehen und wirtschaftliche Selbstbestimmung in ganz Afrika zu fördern.
Über die Veränderung der Narrative für Afrika und die Bedeutung des neuen Images Afrikas sagte Beth:
„Das neue Image Afrikas bedeutet für mich, die Erzählung von Abhängigkeit zu einer Erzählung von Möglichkeiten und Innovation zu verändern.“
Was hat Sie dazu inspiriert, MyWagePay zu gründen, und welche Probleme wollten Sie damit lösen?
Wir haben MyWagePay gegründet, nachdem wir festgestellt hatten, dass es laut unserem Bericht aus dem Jahr 2020 in Afrika 44 Millionen KMU gibt, die 90 % der Arbeitsplätze und 80 % der Unternehmen ausmachen. Allerdings überleben 65 % dieser Unternehmen aufgrund von Kapitalmangel nicht länger als drei Jahre. Wenn sie sich an traditionelle Banken wenden, bevorzugen diese oft Unternehmen mit beträchtlichen Vermögenswerten und einer soliden Finanzgeschichte.
Infolgedessen greifen viele KMU auf private Kreditgeber zurück, die extrem hohe Zinsen verlangen – manchmal bis zu 400 % APR. Aus diesem Grund haben wir MyWagePay entwickelt, eine Plattform, die diesen Unternehmen sofortige und erschwingliche Finanzierungen bietet.
Der afrikanische Fintech-Markt wächst rasant. Was zeichnet MyWagePay aus?
In Kenia und ganz Afrika ist mobiles Geld weit verbreitet. Wir agieren als mobile Kreditgeber im digitalen Raum. Was uns auszeichnet, ist, dass wir nicht nur Finanzierungen anbieten, sondern auch eine eingebettete Plattform. Durch Embedded Finance können sich unsere Kunden direkt in unser System integrieren – sie benötigen nicht für jedes Produkt eine separate App.
Wir verwenden alternative Daten zur Bonitätsprüfung unserer Kunden, unterstützt durch unser eigenes internes Bonitätsbewertungsmodell. Im Gegensatz zu traditionellen Banken, die sich auf Sicherheiten wie Grundstücke oder Fahrzeuge stützen, bewerten wir Faktoren wie die mobile Transaktionshistorie und Cashflow-Muster über mehrere Jahre hinweg. Dieser innovative Ansatz hat es uns ermöglicht, eine Inkassoquote von 96 % zu erreichen.
Wir stellen auch Betriebskapital für Unternehmen innerhalb unseres Ökosystems bereit, was deren Wachstum weiter stärkt. Das ist ein entscheidender Vorteil für uns.
Ihr Unternehmen hat eine Community mit über 1,2 Millionen Menschen aufgebaut. Wie wichtig ist digitales Engagement für den Aufbau von Vertrauen in Finanzdienstleistungen heute?
Ich würde das als soziale Lizenz bezeichnen – das, was die Menschen über Sie sagen. Der Aufbau einer Online-Community zeigt, dass die Menschen uns vertrauen. Er zeugt von Glaubwürdigkeit und Loyalität. Die Kunden wissen, dass wir mehr tun als andere, was ein langfristiges Engagement fördert.
Durch Online-Interaktionen erhalten wir sofortiges Feedback und schaffen direkte Kontaktpunkte für die Kommunikation. Dies ermöglicht es uns, unsere Nutzer- und Kundenerfahrung kontinuierlich zu verbessern – etwas, das für unseren Erfolg von unschätzbarem Wert ist.
Vor welchen Herausforderungen standen Sie und wie haben Sie diese bewältigt?
Eine große Herausforderung war der Zugang zu Kapital. Als wir anfingen, verlangten die Banken Sicherheiten, aber ich besaß weder Land noch ein Auto, sodass ich keinen Zugang zu Krediten hatte. Während meines Masterstudiums tat ich mich mit Mitgründern zusammen, die bereits zum zweiten Mal ein Unternehmen gründeten, und sie halfen mir, unsere erste Finanzierungsrunde aufzubereiten. So konnten wir unser Produkt testen und verfeinern, bis es marktfähig war.
Jetzt wollen wir eine digitale Bank aufbauen. Wir planen eine Zusammenarbeit mit Zahlungsgateways und Dienstleistern wie Safaripal, Visa und Mastercard, um unterversorgten KMUs in ganz Afrika erschwingliche Kredite anzubieten. Wenn diese Vision innerhalb der nächsten fünf Jahre verwirklicht wird, werden wir eine vollwertige digitale Bank aufgebaut haben.
Was bedeutet das neue Image Afrikas für Sie und wie sehen Sie die Transformation des Kontinents durch Unternehmertum und Technologie?
Das neue Image Afrikas steht für Möglichkeiten und Innovation – ein Afrika, das seine eigene Technologie aufbaut und weniger auf Hilfe angewiesen ist. Es ist ein Afrika, in dem Frauen führen und sich entfalten können, in dem Menschen Lösungen schaffen, anstatt auf Rettung zu warten.
Zu lange wurde Afrika als instabil und abhängig dargestellt. Diese Darstellung entspricht nicht mehr der Realität. Heute wird Afrika von jungen Menschen, Frauen, Technologie und Unternehmertum vorangetrieben.
So wickelt beispielsweise M-Pesa, das 2007 ins Leben gerufen wurde, mittlerweile über 60 % des kenianischen BIP über mobile Geldtransaktionen ab. Obwohl rund 70 % der Kenianer immer noch keinen Zugang zu traditionellen Banken haben, können über 80 % über mobiles Geld auf Kapital zugreifen und ihre Finanzen verwalten. Dies zeigt, wie Technologie die finanzielle Inklusion verändert.
Afrika hat auch ein rasantes Wachstum des Unternehmertums erlebt – mit über 60 % der Bevölkerung unter 25 Jahren und 6,5 Milliarden US-Dollar an Risikokapital, das 2022 verzeichnet wurde. Das ist eine 101-prozentige Veränderung in der Art und Weise, wie die Welt Afrika sehen sollte.
Wie stärken Sie Frauen, die in Kenia in die Fintech-Branche einsteigen möchten?
Durch Mentoring. Im Jahr 2022 wurde ich zur Botschafterin des African Berlin Network für Ökosysteme in Kenia und Berlin ernannt. Wir betreuen angehende Fintech-Unternehmerinnen und -Innovatorinnen in disruptiven Technologiesektoren.
Derzeit unterstützen wir 1.000 Frauen. Wir haben festgestellt, dass einige von ihnen aus Überlebensgründen ausbeuterische Praktiken wie Sex gegen Geld oder Fisch ausüben. Wir wollen diese Situation ändern, indem wir Frauen dabei unterstützen, ihr eigenes Unternehmen zu gründen.
Wir bieten sowohl Finanzmittel als auch finanzielle Bildung, damit Frauen planen, investieren, sparen und Notfallfonds aufbauen können – und tragen so zu den Zielen der Beseitigung des Hungers und der Armutsbekämpfung bei.
Welchen Mythos über Afrika, afrikanische Frauen oder afrikanische Innovationen möchten Sie gerne widerlegen?
Dass Afrikaner – insbesondere afrikanische Frauen – nur darauf warten, dass ihnen geholfen wird. In Wirklichkeit stehen wir an der Spitze der Innovation und entwickeln Lösungen für die drängendsten Herausforderungen der Welt.
So hat beispielsweise MyWagePay, eine 2021 gegründete Organisation unter weiblicher Leitung, über unsere Plattform bereits 6 Milliarden US-Dollar ausgezahlt. Auf dem gesamten Kontinent sind 26 % der erwachsenen Frauen unternehmerisch tätig.
Afrika war mit M-Pesa, das mittlerweile über 50 Millionen Kunden bedient, Vorreiter im Bereich Mobile Money. Dies ist ein Beweis dafür, dass afrikanische Innovationen echte, globale Veränderungen vorantreiben. Wir sind keine passiven Teilnehmer an der Zukunft – wir sind ihre Gestalter.
Welchen Rat würden Sie einer jungen Afrikanerin geben, die eine Idee oder Lösung hat, aber nicht weiß, wo sie anfangen soll?
Ich würde ihr raten, an Programmen zur Förderung des Unternehmertums teilzunehmen, wie zum Beispiel dem Young Founders Programme der Westerwelle Foundation, das Start-ups in Afrika, Lateinamerika und Asien unterstützt.
Es gibt auch hervorragende Plattformen in Kenia wie SoteHub und das Women's Global Forum, wo ich 2023 zu den Top 10 Teilnehmerinnen gehörte. Diese Programme helfen Gründern, ihre Ideen zu verfeinern, die Produkt-Markt-Passung zu erreichen und Kontakte zu globalen Investoren zu knüpfen.
Wer sich nicht sicher ist, wo er anfangen soll, sollte online recherchieren, Möglichkeiten ausloten und Kontakt zu Menschen innerhalb des Ökosystems aufnehmen. So findet man schließlich das richtige Netzwerk, das einen auf seinem Weg unterstützt.
Beth Wambui Mwangi (Kenia) ist Gründerin und CEO von MyWagePay Ltd, einem kenianischen Fintech-Unternehmen, das sich für finanzielle Gesundheit einsetzt. Als anerkannte Führungskraft wurde sie unter die Top 10 des Young Founders Programme (2022) der Westerwelle Foundation gewählt. Unter ihrer Führung sicherte sich MyWagePay eine Lizenz als digitaler Kreditgeber und sammelte 450.000 Euro an Fremdkapitalinvestitionen ein. Sie hat eine Online-Community mit über 1,2 Millionen Mitgliedern aufgebaut und leitet ein Team von 11 Mitarbeitern.